Richtungsstreit bei den Grünen?

Kampf um Stimmen im Gemeindebau, Tempo 30 auf dem Gürtel „nicht morgen“: Der neue Landessprecher der Grünen, Joachim Kovacs, lässt mit Ankündigungen aufhorchen. Politikexperte Thomas Hofer ortet einen Richtungsstreit.

Eigentlich könnten die Wiener Grünen zufrieden sein. Sie haben bei der vergangenen Wahl zwar nicht gewonnen, aber auch kaum verloren. Beim Regierungsübereinkommen mit der SPÖ ist durchaus eine grüne Handschrift zu erkennen. Trotzdem scheint es an der Basis der Grünen zu rumoren: Bei der Landesversammlung vergangenen Samstag bekam Maria Vassilakou nur 75 Prozent Zustimmung, ihr Landessprecher Georg Prack wurde abgewählt - mehr dazu in Koalition-Außenwirkung soll verbessert werden.

Grüne wollen Gemeindebau erobern

Nun sagt der neue Landessprecher Joachim Kovacs, dass man vieles anders machen will, dass die Grünen neue Themen erschliessen wollen. Auch der Gemeindebau sei nun ein grünes Zielgebiet: „Mein Zugang ist, dass wir in erster Linie die Zusammenarbeit auf allen Ebenen intensivieren. Da geht es mir vor allem darum, die Zusammenarbeit auf Bezirksebene zu verbessern, denn da sehe ich noch extremes Verbesserungspotenzial.“

Kovacs ist auch für eine Öffnung der Partei für klassisch linke Themen. Er betont Begriffe wie Umverteilung und soziale Gerechtigkeit. Und er will auch die Grünen in den Gemeindebau führen: „Wir haben ganz ganz viele Ansatzpunkte, wo wir Gemeindebaubewohner auch erreichen können.“ Kovacs will etwa Themen wie Umverteilung und die hohe Jugendarbeitslosigkeit ansprechen, „um sinnvolle Projekte anzustarten, gemeinsam mit dem Koalitionspartner“.

Hofer: „Richtungsstreit bei den Grünen“

Politikexperte Thomas Hofer ortet bei den Grünen einen Richtungsstreit. Einige wollten populistischer werden, „wieder linker, weg von dem Bobo-Image, das sich die Grünen durchaus auch gegeben haben“, so Hofer. Und: „Das wird ganz schwer, wenn jetzt der neue Grüne Parteimanager ausruft, quasi den Gemeindebau zu erobern. Das ist zwar schon etwas, was man machen kann, aber man muss wissen, dass da natürlich SPÖ und FPÖ die Platzhirschen sind und sich schon bisher ziemlich genau um diese Klientel gestritten haben.“

Zudem sei der Gemeindebau ein Stammsegment des Regierungspartners, der Wiener SPÖ, die über ein grünes Engagement im Gemeindebau nicht eben amüsiert wäre, so Hofer weiter.

Tempo 30 am Gürtel „nicht morgen“

Beim Thema Verkehr kann für die Grünen auch mit Landessprecher Kovacs alles beim Alten bleiben, mit Aufregerthemen wie Tempo 30 flächendeckend in der Nacht. Das sei ja auch kein Geheimnis, dass die Grünen sich für die Ausweitung der Tempo 30 Zone einsetzen - was sich laut Kovacs auch viele Wienerinnen und Wiener wünschen. Tempo 30 am Gürtel soll laut Kovacs „nicht morgen“ kommen. - mehr dazu in Neue Überlegungen zu Tempo 30.

Nicht morgen, aber schon bald wird es bei den Grünen jedenfalls laut Kovacs eine grundlegende Analyse der Strategie geben. Dann sollte es klar sein, wohin es mit den Grünen in Wien geht.

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