Luc Bondy: „Hassliebe“ zu Wien

„Mit Wien habe ich eine Hassliebe, doch die Liebe ist größer“, hat der verstorbene Theaterregisseur Luc Bondy vor zwei Jahren erklärt. 16 Jahre lang prägte Bondy die Wiener Festwochen entscheidend.

Ab 1997 lag die künstlerische Verantwortung der Wiener Festwochen bei einem Dreierdirektorium mit Luc Bondy (Theater), Klaus-Peter Kehr (Musiktheater) und Hortensia Völckers (Tanz und Sonderprojekte). 2001 übernahm Luc Bondy die alleinige künstlerische Verantwortung, sein Vertrag wurde dreimal verlängert.

„Wien gehört zu meinem Leben“, erklärte er bei seinem Abschied 2013. Unter Bondy seien die Wiener Festwochen „schlanker und schneller“ geworden, urteilte damals Wolfgang Wais, Geschäftsführer der Festwochen. „Ich habe das Gefühl, dass ich ein bisschen zu lange hier war“, hatte Bondy aber auch kritisch in einem „Spiegel“-Interview seine persönliche Festwochen-Bilanz gezogen - mehr dazu in Abschied von Luc Bondy (wien.ORF.at; 18.6.2013).

Luc Bondy bei einer Pressekonferenz im Dezember 2012

APA/Roland Schlager

Luc Bondy ist im Alter von 67 Jahren gestorben

Internationale Stars und Kontinuität

Eine fremdsprachige Koproduktion mit internationalen Stars und eine in Wien erarbeitete Inszenierung - das war das Rezept, mit dem Bondy nahezu Jahr für Jahr die Festwochen prägte. Im letzten Jahr seiner Amtszeit bewies er das mit Harold Pinters „Heimkehr“ in einer französischen Fassung mit Bruno Ganz, Emmanuelle Seigner und Pascal Greggory aus dem von ihm geleiteten Pariser Odeon-Theater. Internationales Flair und die kontinuierliche Regiehandschrift garantierte Bondy den Festwochen.

Dabei konnte man Bondy anfangs durchaus als Festwochen-Revoluzzer missverstehen. Bereits bei der Vorstellung seines ersten Programms 1998 (die Eröffnungspremiere besorgte Bondy mit Horvaths „Figaro läßt sich scheiden“ selbst) verließ ihn bald die Contenance. Als nicht nur zeitgenössische Literatur, sondern auch eine Würdigung des damaligen Lehar-Jahres vermisst wurde, tönte er verärgert: „Die Diskussion kriegt einen chauvinistischen Anklang.“

Die Position als Intendant hatte er zunächst ausgeschlossen, in den Verhandlungen mit dem damaligen Kulturstadtrat Peter Marboe (ÖVP) gab er seine Vorbehalte auf. Er wurde als Allein-Intendant bis 2004 bestellt und musste sich davor „mehrmals im Bett wälzen. Es ist schwer, so etwas zu entscheiden, wo die Lebens- und Empfindungsumstellung sehr groß ist.“

Aufregung über Containeraktion

Mit Christoph Schlingensiefs Containeraktion „Bitte liebt Österreich - erste europäische Koalitionswoche“ sorgte Bondy zur Zeit der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung für einen der größten Festwochen-Aufreger überhaupt. Wer von ihm erwarte, dass er bei den Festwochen nur „hehre, schöne Kunst“ präsentiere, habe sich getäuscht, so Bondy.

Luc Bondy und Christoph Schlingensief im Jahr 2000

APA/Hans Klaus Techt

Die Container-Aktion „Bitte liebt Österreich“ von Christoph Schlingensief sorgte im Jahr 2000 für viel Gesprächsstoff

Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) verlängerte Bondys Vertrag bis 2007 unter anderem mit dem Argument: „Er hat Impulse nicht nur bei den Wiener Festwochen, sondern innerhalb der gesamten Wiener Theaterlandschaft gesetzt.“ Wien sei für Bondy „geistiges und kulturelles Zentrum Europas, gleichzeitig ist er gleichsam Garant oder Kristallisationspunkt genau dafür“.

„Noch nie so viele Feinde“

„Ich hatte noch nie so viele Feinde, seit ich diesen Job mache“, bekannte Bondy 2004. Unter anderem war immer wieder Kritik laut geworden, dass der Intendant, dessen Jahresgehalt um die 200.000 Euro brutto gelegen haben dürfte, relativ selten in Wien anwesend sei. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass man internationale Festwochen vorbereitet, indem man nur in Wien ist“, erwiderte Bondy. „Ich bin eine Zusammensetzung von verschiedenen Ländern und Kulturen. Das ist das, was ich nach Wien bringe. Es kann sein, dass das nicht mehr reicht, oder dass ich nicht mehr gut bin.“

Luc Bondy mit Nestroy-Preis

APA/Herbert Neubauer

2013 war Luc Bondy einer der Preisträger beim „Nestroy“

Verärgerung nach Kusej-Verhandlungen

Im Kulturamt verhandelte man Ende 2004 mit Martin Kusej über die Bondy-Nachfolge, ließ es dann bleiben und verärgerte beide, den Doch-nicht- und den Doch-noch-Intendanten. Der reagierte verschnupft und qualifizierte die Vorgangsweise als „enorm beschädigend“. Dennoch erklärte er sich weitere zwei Male (2005 für eine Verlängerung bis 2010 und 2008 bis 2013) für Vertragsverlängerungen bereit.

Die Festwochen-Ära Bondy wird in Wien auf jeden Fall in Erinnerung bleiben. Nicht nur, weil er „mehr Theaterproduktionen als jemals ein anderer vor ihm“ nach Wien geholt hat, wie Rudolf Scholten, Aufsichtsratsvorsitzender der Festwochen, 2013 erklärte, „sondern auch, weil er mehr Handys als jeder andere verloren hat“.

Trauer um „Großmeister seiner Kunst“

„Luc Bondy war ein Großmeister seiner Kunst, ein Verführer, eine Instanz des Theaters“, meinten Bürgermeister Michael Häupl und Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) am Samstag in einer Aussendung. „Er hat das Wiener Bühnengeschehen über Jahrzehnte hinweg bereichert. Sein Beitrag für das Theater und die Gesellschaft wird noch lange Zeit in der Kunstwelt wirken“, hieß es.

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