Zu viele Häftlinge: Justizwache überfordert

Für 990 Häftlinge zugelassen ist die Justizanstalt Josefstadt. Derzeit sitzen 1.129 Häftlinge ein. Die Rede ist sogar von Menschenrechtsverletzungen. Nun schlägt auch die Gewerkschaft der Justizwachebeamten Alarm.

Häftlinge aus 77 Nationen befinden sich derzeit in der Justizanstalt Josefstadt. Sie gehören 17 verschiedenen Glaubensrichtungen an. Insgesamt 1.129 Häftlinge sitzen ein. Dass die Justizanstalt überfüllt ist, ist ein bekanntes Problem - mehr dazu in 1.200 Häftlinge: Josefstadt überfüllt. Amnesty International (AI) kritisiert heftig: Man könne nicht „zuerst einsperren und dann sagen, wir haben eigentlich keinen Platz und keine Leute dafür. Das ist zynisch, das ist Menschenverachtung, und das ist vorsätzlich“, sagte AI-Generalsekretär Heinz Patzelt - mehr dazu in Amnesty: „Menschenrechtsverletzung“ in Haft.

Die Justizwachebeamten, die in der Josefstadt Dienst versehen, sehen sich Anforderungen gegenüber, die offenbar zu viel sind. Der Vorsitzende der Justizwachegewerkschaft, Albin Simma, spricht gegenüber „Wien heute“ von „Kollegen, die ausgebrannt sind“: „Wir haben eine sehr hohe Krankenstandsrate, was nachvollziehbar ist, wenn sie 21 bis 30 Tage im Dienst sind. Das heißt, jeden Tag im Dienst. Irgendwann kommt da die Zeit, wo man sagt, ich kann nicht mehr.“ Entspannung ist angesichts von Schlepperaufgriffen und Terrorangst wohl weiter nicht in Sicht.

Versprochene Verbesserungen blieben aus

Dass es aber so nicht weiter gehen kann, es mehr Personal und weniger Häftlinge in der Josefstadt geben muss, das hat die Gewerkschaft schon vor eineinhalb Jahren klar gemacht. Dienst nach Vorschrift, hieß damals die Drohung - mehr dazu in Neue Stellen für Justizwache schon heuer. Daraufhin hat die Justiz Verbesserungen versprochen und auch 100 neue Planstellen zugesichert, aber österreichweit. Laut Gewerkschaft bräuchte es 350 neue Planstellen und alleine die Josefstadt bräuchte 30 Exekutivplanstellen mehr.

Doch wann es neue Planstellen geben wird, bleibt unklar. Britta Tichy-Martin, Sprecherin des Justizministeriums: „Das kann ich Ihnen heute nicht beantworten, weil ich eben dazu gesagt habe, dass wir immer den Bedarf österreichweit anschauen müssen und je nachdem auch aktuell entscheiden müssen, wo die Beamtinnen und Beamten aktuell zum Einsatz kommen müssen.“ Erst im März hatte Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) Verbesserungen für die Josefstadt angekündigt - mehr dazu in Brandstetter: „Neue Haftanstalt in Wien“.

Lange Einschlusszeiten wegen Personalmangels

Die Gewerkschaft bleibt aber dennoch bei ihrer Forderungen. Die Überbelegung wirke sich nicht nur auf das Personal, sondern auch auf die Häftlinge aus. Zu wenig Personal sei mit ein Grund dafür, dass sich die Einschlusszeiten der Häftlinge in den Gefängnissen, außer bei Jugendlichen, nicht verändert haben. Simma: „Es ist nach wie vor um 15.00 Uhr Tagesschluss. Um 15.00 Uhr schließen sich die Hafträume, und die Insassen sind bis 7.00 Uhr nächsten Tag eingesperrt.“

TV-Hinweis:

„Wien heute“, 2.12.2015, 19.00 Uhr, ORF 2, und danach in tvthek.ORF.at

Einen Reformwillen spricht die Gewerkschaft dem Ministerium gar nicht ab. Was sich laut Justizwache-Gewerkschaft bereits zum Positiven verändert hat, ist, dass der Anteil der Jugendlichen in der Josefstadt gesunken sei. Aber für sie mahlen die Mühlen des Gesetzes hier einfach wohl zu langsam.

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