Obdachlose zeigen Einrichtungen

Ein Start-up gibt Einblick in Wiens Obdachloseneinrichtungen - aus Sicht der Betroffenen. Die „Shades Tours Vienna“ sollen Vorurteile abbauen und obdachlosen Menschen den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern.

Nach Wien gebracht hat das Konzept die 32-jährige Unternehmerin Perrine Schober. Die studierte Tourismusmanagerin arbeitete für verschiedene Entwicklungshilfeorganisationen und wollte mit dem Projekt das Soziale mit dem Unternehmerischen verbinden.

Tour führt auch zur Gruft

Die Teilnehmer der zweieinhalbstündigen „Shades Tour“ besuchen drei verschiedene soziale Einrichtungen: eine Notschlafstelle, Essensausgabe, Weiterbildungsmaßnahmen oder Streetworking. Zu den Partnern des Projekts zählen unter anderem die „Gruft“, die Wiener Tafel, VinziPort und das Internetcafe „ZwischenSchritt“.

Obdachloser macht Führung

Faruk Pinjo

Betroffene zeigen soziale Einrichtungen

Abbau von Berührungsängsten

„Es geht um Aufklärung zum Thema Obdachlosigkeit und darum, sowohl Berührungsängste als auch Stigmen abzubauen“, sagt Schober. Die Touren finden außerhalb der Öffnungszeiten statt, damit der laufende Betrieb und die Privatsphäre der Menschen nicht gestört wird. Der Gruppenpreis für zehn Teilnehmer beträgt 150 Euro.

Ein Ziel der Führungen ist es, wohnungslosen Menschen den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern, der oft durch Vorurteile erschwert ist. „Es ist ein Zwischenschritt, der von zukünftigen Arbeitgebern als Referenz für die Zuverlässigkeit und Arbeitsbereitschaft verwendet werden kann“, sagte Schober.

Kein Sightseeing für Touristen

„Der Fokus wird nicht auf die Geschichte der Guides gelegt. Ich möchte niemanden an einen Arbeitsplatz schicken, an dem er tagtäglich an die schlimmste Zeit zurückdenken muss“, so Schober. Wie viel sie von sich erzählen, können die Guides selbst entscheiden. Im Vordergrund stehe aber deren Zukunft und der Umgang einer Gesellschaft und der Stadt mit wohnungslosen Menschen.

Obdachloser erklärt Einrichtung

Faruk Pinjo

Führungen außerhalb der Öffnungszeiten

„Das ist keine Sightseeingtour für asiatische Fototouristen“, betont auch Dieter, einer der Guides. Vielmehr sollen Vorurteile abgebaut werden. „Obdachlosigkeit kann jeden treffen. Ich war auch einmal einer, der gesagt hat, mir wird das nie passieren“, erzählt er. Nach langjähriger Karriere beim österreichischen Bundesheer litt der Ex-Soldat an einem Burnout. Eine Zeit lang habe er noch durchgehalten, doch plötzlich stand er auf der Straße.

Das Angebot richtet sich vor allem an Schulen und Universitäten, aber auch an Unternehmen oder an interessierte Einzelpersonen. Die Guides werden je nach Aufwand für die Führungen und die Kochabende bezahlt. Vier Guides beschäftigt Schober im Moment und hofft, das Team bald vergrößern zu können. Finanziert wird das Social Business durch die Einnahmen aus den Führungen.

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