NS-Ausstellung „erfasst, verfolgt, vernichtet“

Seit dem Nationalsozialismus wird mit dem Begriff Euthanasie die Ermordung von körperlich und psychisch beeinträchtigten Menschen verbunden. Die Ausstellung „erfasst, verfolgt, vernichtet“ beschäftigt sich mit dem Thema.

Als „lebensunwertes Leben“ haben die Nationalsozialisten körperlich oder psychisch beeinträchtige Menschen bezeichnet. Rund 300.000 von ihnen wurden in der Zeit der NS-Herrschaft ermordet. Was unter dem Decknamen „Aktion T4“ oder auch „Euthanasie“ in die Geschichte eingegangen ist, beschreibt die systematische Ermordung von Psychatriepatienten und gilt als unmittelbare Vorstufe zum Holocaust.

Eine Woche lang im Palais Epstein

Die Ausstellung „erfasst, verfolgt, vernichtet“ beleuchtet dieses dunkle Kapitel der Geschichte und ist für eine Woche im Wiener Palais Epstein zu sehen. Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) betonte bei der Eröffnung am Dienstag, wie wichtig es sei, die Verbrechen des Nationalsozialismus weiter aufzuarbeiten.

Die Teilung zwischen werten und wertlosen Lebens sei einer der Auslöser für die Vernichtungslager des Holocaust gewesen: „Wenn es um eines geht, dann darum, dass man diese Vergangenheit in Erinnerung behält, um sicherzustellen, dass so etwas in Zukunft nie wieder passiert“, sagte Bures.

Euthanasie-Ausstellung

Was unter den Begriffen „Aktion T4“ und „Euthanasie“ bekannt ist, wird nun in der Ausstellung „erfasst, verfolgt, vernichtet“ im Palais Epstein beleuchtet.

Mehr als 170.000 Besucher haben die Wanderausstellung seit deren Eröffnung 2014 bereits in Deutschland, Japan und Kanada gesehen. Die Ausstellung nach Wien zu holen, sei deshalb geschehen, weil sie „in einer sehr berührenden Art und Weise zu diesem Thema Zugang findet“ sagte Georg Psota von der Österreichischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie.

Deckname „Aktion T4“

Ergänzt wird die Ausstellung in Wien durch Beiträge, die die österreichische Beteiligung an den Verbrechen zeigen. Das Renaissance-Schloss Hartheim bei Linz ist von den Nationalsozialisten zu einer Tötungsanstalt umgebaut worden. Die Patienten wurden mit Bussen hingebracht - oftmals unter dem Vorwand, einen „Erholungsurlaub“ zu machen. Die Fassade, hinter der die „Aktion T4“ geheim gehalten werden sollte, begann allerdings schnell zu bröckeln:

„Bei den ersten Transporten funktionierte die Tarnung noch halbwegs“, erklärte Herwig Czech vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes. Doch nur kurze Zeit später habe sich das Wissen um die tatsächlichen Vorgänge in den Anstalten und unter den Ärzten verbreitet. Auch die Tatsache, „dass von 400 Patienten binnen weniger Tage praktisch alle wegen Lungenentzündung ums Leben gekommen sein sollen - eine Tarndiagnose“, sagte Czech.

Bekanntes Opfer Friedrich Zawel

Der wohl bekannteste österreichische Zeitzeuge war der im Vorjahr verstorbene Friedrich Zawrel. Er war selbst mit elf Jahren wegen „sozialer und sittlicher Verwahrlosung“ in die „Kinderfachabteilung“ auf den Wiener Spiegelgrund gebracht worden. Mehr als 700 Kinder wurden hier als „Lebensunwertes Leben“ ermordet.

Einer seiner Peiniger: der Psychiater und spätere Gerichtsgutachter Heinrich Gross. In den 70er Jahren trafen die beiden Männer wieder aufeinander, erst dann wurde die Rolle des Doktors bei der Ermordung angeblich geisteskranker Kinder bekannt. Gross verstarb im Jahr 2005, zu einer Verurteilung war es nie gekommen.

Link: