Landfriedensbruch „wesentlich eingeschränkter“

Der Landfriedensbruch-Paragraf hat vor allem rund um den Akademikerball immer wieder für Diskussionen gesorgt. Seit 1. Jänner ist der Paragraf reformiert und damit laut Staatsanwaltschaft „wesentlich eingeschränkter“.

Vor allem Akademikerball-Demonstranten und zahlreiche Rapid-Fans wurden nach Paragraf 274 StGB, Landfriedensbruch, angeklagt. Heute würde durch die Gesetzesänderung wohl keiner von ihnen mehr vor Gericht sitzen. „Er heißt nicht mehr Landfriedensbruch, sondern schwere gemeinschaftliche Gewalt. Dafür müssen sich viele Menschen zusammentun, um schwere Sachbeschädigungen über 300.000 Euro, schwere Körperverletzungen oder Morde und dergleichen zu begehen. Also wesentlich eingeschränkter als die alte Bestimmung“, sagt Gerhard Jarosch von der Wiener Staatsanwaltschaft gegenüber „Wien heute“.

Sprunghafter Anstieg der Verurteilungen ab 2008

„Heute müsste man nachweisen, dass sich eben eine große Gruppe von Menschen in dem Wissen zusammentut, dass sie solche derart schweren Straftaten begeht. Das war in den letzten Jahren so, meines Wissens nach, nie der Fall“, sagte Jarosch.

Lange Zeit galt der nun reformierte Paragraf 274 - aus dem 19. Jahrhundert - stammend als totes Recht und antiquiert. So gab es von der großen Strafrechtsreform der 1970er Jahre bis 2007 lediglich 24 Verurteilungen. Ab 2008 stieg diese Zahl plötzlich sprunghaft an - auf seither 102 Verurteilungen. Der Grund: Vor der Fußballeuropameisterschaft 2008 hatte man den Paragrafen wiederentdeckt, um sich gegen ausländische Hooligans juristisch zu wappnen.

Getroffen hat es vor allem die Demonstranten gegen den FPÖ-Akademikerball. Allein vor zwei Jahren wurden mehr als 500 Personen wegen Landfriedensbruch angezeigt. Das wäre durch die Reform nun nicht mehr möglich - und das verändert auch die Arbeit von Polizei und Justiz.

Staatsanwalt: „Gut, dass Polizei 29 Kameras einsetzt“

„Wir müssen ja jetzt den Tätern, die Sachbeschädigungen. Körperverletzungen oder dergleichen begehen, genau diese einzelnen Taten nachweisen und haben nicht mehr die globale Bestimmung des Landfriedensbruches. Daher ist es sehr gut, dass die Polizei heuer bei den Demonstrationen (rund um den Akademikerball, Anm.) 29 Kameras einsetzt, um das polizeiliche Vorgehen und die Handlungen der Demonstranten, die hoffentlich friedlich bleiben werden, dokumentieren sollen“, sagt Jarosch.

Dass Fußball-Hooligans oder Demonstranten wegen des Paragrafen 274 vor Gericht angeklagt werden, werde nur mehr in Ausnahmefällen passieren, so Jarosch.

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