Volksanwaltschaft: Gefängnisse voll

Die Volksanwaltschaft kritisiert in ihrem Jahresbericht unter anderem die Überbelegung in der Justizanstalt Josefstadt und sieht Probleme bei Staatsbürgerschaftsverfahren. Kritisiert wird auch der KAV in der „Causa Rainer“.

Die ansteigende Schlepperkriminalität ist einer der Gründe, warum die Justizanstalt Josefstadt stark überbelegt ist, zuletzt mit 115 Prozent, kritisierte Volksanwältin Gertrude Brinek (ÖVP). Dazu kommt oft, dass durch Personalmangel, Diensteinteilung, die Einschlusszeiten sehr hoch sind. „Das heißt, wenn ich nur zwei, drei Stunden am Tag aus der Zelle rauskomme, die doppelt belegt ist, muss ich mir über Aggression und Kriminalität keine Gedanken machen“, meinte Brinek.

Justizanstalt Josefstadt

ORF.at/Patrick Wally

Die Justizanstalt Josefstadt hat laut Volksanwaltschaft zu viele Häftlinge

Forderung nach mehr Geld und mehr Personal

Die Volksanwaltschaft fordert mehr Geld, um Personal in allen Bereichen der Justiz - von der Wache bis zur Therapie - aufstocken zu können. In ihrem Jahresbericht kritisiert die Volksanwaltschaft unter anderem auch die langen Staatsbürgerschaftsverfahren. Die vorgesehene Entscheidungsfrist von sechs Monaten werde nicht eingehalten. Schuld seien systematische Organisationsmängel bei der zuständigen MA 35, so die Volksanwaltschaft.

Kritik am KAV in der „Causa Rainer“

Die Volksanwaltschaft hat in der Causa des Lungenfacharztes Gernot Rainer, der die Stadt Wien klagt, weil der Krankenanstaltenverbund (KAV) seinen Vertrag nicht verlängert hatte, einen „Missstand in der Verwaltung“ geortet. „Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass die Personalakte keine Feststellungen enthält, die eine negative Beurteilung rechtfertigen“, sagte Volksanwalt Günther Kräuter (SPÖ).

Gernot Rainer beim Prozessauftakt

APA/Helmut Fohringer

Die Volksanwaltschaft sieht keinen Grund für eine negative Beurteilung

Der Volksanwaltschaft würden keine Informationen vorliegen, die eine Ablehnung der Übernahme des Arztes in ein unbefristetes Dienstverhältnis rechtfertigten. Rainer sei im Gegenteil sehr positiv bewertet worden. Die vom KAV angeführte „fehlende Identifikation mit den Gesamtinteressen der Dienststelle und der Stadt Wien“ könne die Volksanwaltschaft nicht nachvollziehen.

Kräuter sprach sich für die Abschaffung der Identifizierungsklausel aus. Diese sei „anachronistisch und sollte keinen Platz in einem Mitarbeiterbeurteilungsbogen haben“. Trotz Treueverpflichtung sei es in einem Dienstverhältnis nicht verboten, auch Kritik am Unternehmen zu üben. Die Volksanwaltschaft hatte im Februar ein Prüfverfahren der Causa eingeleitet. Grundsätzlich sei aber strikt zwischen einem Gerichtsverfahren und der Prüfung der Volksanwaltschaft zu unterscheiden, betonte Kräuter.

Gernot Rainer vermutet politische Motive

Vergangene Woche hat der von Rainer angestrebte Prozess gegen die Stadt Wien am Arbeitsgericht begonnen - mehr dazu in Prozess Arzt gegen Stadt vertagt. Rainer war bis Ende April im Otto-Wagner-Spital tätig. Der Mediziner klagt, weil der KAV seinen Vertrag nicht verlängert hatte. Rainer vermutet politische Motive infolge seines gewerkschaftlichen Engagements und will nun ein unbefristetes Dienstverhältnis erstreiten. Die Stadt argumentiert, dass Rainer bis zuletzt in einem zeitlich von vornherein klar begrenzten Ausbildungs- und keinem Dienstverhältnis gestanden habe - mehr dazu in Arzt brachte Klage gegen die Stadt ein.

Beschwerden über Jugendwohlfahrt

Im Jahr 2015 haben sich 1.157 Wienerinnen und Wiener an die Volksanwaltschaft gewandt und Missstände in der öffentlichen Verwaltung gemeldet. Die meisten Beschwerden bezogen sich auf die Jugendwohlfahrt und die Mindestsicherung.

Insgesamt schloss die Volksanwaltschaft im vergangenen Jahr 1.111 Prüffälle in Wien ab. In 151 Fällen stellte sie einen Missstand in der Verwaltung fest. Insgesamt absolvierten die Kommissionen der Volksanwaltschaft 501 Einsätze in ganz Österreich. 176 Einsätze wurden in Wien durchgeführt. Der Schwerpunkt in Wien lag auf Einrichtungen der Jugendwohlfahrt sowie auf Alten- und Pflegeheimen.

Link: