Mord an Pensionistin: Prozess vertagt

Jener 19-Jährige, der wegen Mordes an einer Pensionistin vor Gericht steht, hat sich schuldig bekannt. Das psychiatrische Gutachten geht von Schuldfähigkeit aus, die Verhandlung wurde auf Freitag vertagt.

Die Frage nach dem Warum ist am Mittwoch im Wiener Landesgericht in einer Verhandlung gegen einen 19-Jährigen im Vordergrund gestanden, der laut Anklage in Favoriten eine Witwe zu Tode gefoltert haben soll. Der Lehrling zeigte sich zum Mordvorwurf grundsätzlich geständig, meinte jedoch, er sei zum Tatzeitpunkt zurechnungsunfähig gewesen. Die Verhandlung wird am kommenden Freitag fortgesetzt.

Erneute Tat nicht auszuschließen

Für den beigezogenen psychiatrischen Sachverständigen Karl Dantendorfer gab es keinen Zweifel, dass beim Angeklagten - im Unterschied zu dessen Selbstwahrnehmung - im Tatzeitpunkt Zurechnungsfähigkeit gegeben und damit kein Schuldausschließungsgrund vorhanden war: „Es ist davon auszugehen, dass er erkennen konnte, dass es nicht richtig sein kann, eine 72-Jährige zu Tode zu martern.“ Der Mann sei allerdings „nicht gesund. Er hat eine krankheitswerte Störung.“

Die Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten sei durch eine „verminderte Impulskontrolle“ gekennzeichnet, führte Dantendorfer aus. Vor allem mit der sexuellen Komponente der Tat und der nicht vorhandenen Bereitschaft, sich mit dieser Devianz auseinanderzusetzen, begründete Dantendorfer seine Empfehlung, den 19-Jährigen im Fall einer Verurteilung zusätzlich in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher einzuweisen. „Das Risiko für eine hochgewaltsame Tat ist außergewöhnlich erhöht“, warnte der Psychiater.

Begegnung mit Pensionistin war zufällig

Die Staatsanwältin hatte eingangs der Verhandlung von einem „grauenhaften Mord“ gesprochen. Der Lehrling habe die Frau „eine Stunde lang zu Tode gequält“. Der äußerlich fast noch kindlich-bubenhaft wirkende Angeklagte schilderte anschließend dem Schwurgericht zunächst seinen familiären Hintergrund und seinen beruflichen Werdegang.

Mord-Prozess: Frau gequält und ermordet

In Wien steht ein 19-jähriger Mann vor Gericht, der eine 72-jährige Frau in ihrer Wohnung in Favoriten gequält und anschließend getötet haben soll.

Danach kam der 19-Jährige auf die rein zufällige Begegnung mit der Pensionistin im Anna-Boschek-Hof zu sprechen, wo damals auch sein älterer Bruder lebte. „Aus Respekt vor meinem Bruder“ habe er nicht in dessen Wohnung rauchen wollen und sich daher im Stiegenhaus eine Zigarette angezündet. Dabei wurde er von dem späteren Mordopfer erwischt, die ihren Müll in den Innenhof der Gemeindebau-Anlage bringen wollte.

Angeklagter spricht von Filmriss

Die Witwe schimpfte mit dem Angeklagten und soll ihn wegen seiner Herkunft beleidigt haben - die Eltern des in Wien geborenen jungen Mannes stammen aus der Türkei. Die verbale Auseinandersetzung war an sich längst bereinigt, als er wesentlich später an die Tür der Frau klopfte und ein Blutbad anrichtete.

Mit leiser Stimme schilderte der Angeklagte den Geschworenen, was er seinem Opfer antat und sparte dabei grauenvolle Details nicht aus. „Ich wollte sie nicht töten. Es wurde schlimmer und schlimmer“, gab er zu Protokoll. Die Frage des Richters, ob er Zorn empfunden habe und auf Streit aus gewesen sei, wies der junge Mann zurück: „Ich wollte sie nur fragen, warum sie mich beschimpft hat.“ Er sei „außer Kontrolle“ geraten: „Es war für mich so, als wär’ ich in einem Filmriss.“

17 Stiche in Hals und Oberkörper

Nachdem die Frau ihre Tür geöffnet hatte, provozierte sie der 19-Jährige und versetzte ihr einen Faustschlag ins Gesicht. Sie taumelte zurück, stieß sich an einem Kasten blutig und begann laut um Hilfe zu schreien. Er setzte nach, verriegelte hinter sich die Tür und ging weiter auf sie los. Eine Nachbarin hörte die Rufe der 72-Jährigen und verständigte die Polizei. Tatsächlich rückte eine Funkstreife an und ging durch das Wohnhaus. Zu diesem Zeitpunkt war alles wieder völlig ruhig, die Beamten nahmen keine verdächtigen Geräusche wahr und rückten wieder ab.

Die 72-Jährige setzte sich den Angaben des Angeklagten zufolge zur Wehr, sie hatte gegen den körperlich überlegenen jungen Mann aber keine Chance. Mit einem Messer versetzte er der Frau insgesamt 16 Stiche in den Oberkörper und tötete sie mit einem in den Hals. Danach duschte er sich in der Wohnung der Toten und ging in eine Diskothek, wo er bis in die frühen Morgenstunden tanzte.

Maximal 15 Jahre Haft für Angeklagten

In der Früh wollte er an den Tatort zurückkehren, weil er dort persönliche Gegenstände - unter anderem seinen Ausweis - zurückgelassen hatte. Die Wohnung war allerdings polizeilich versiegelt. Angehörige, die die Frau am Abend telefonisch nicht mehr erreicht hatten, hatten die Polizei alarmiert. Weil die 72-Jährige nicht öffnete, wurde die Tür aufgebrochen und die schrecklich zugerichtete Leiche entdeckt.

Nach dem novellierten Jugendgerichtsgesetz (JGG) drohen dem 19-Jährigen bei einer Verurteilung wegen Mordes höchstens 15 Jahre Haft, da für junge Erwachsene - Angeklagte, die die ihnen vorgeworfene Straftat vor Vollendung ihres 21. Lebensjahres begangen haben - dies das maximal zulässige Strafausmaß ist. Sollte das Gericht im Fall eines Schuldspruchs dem zusätzlichen Unterbringungsantrag der Staatsanwaltschaft Folge leisten, könnte der Angeklagte nach Verbüßung der über ihn verhängten Strafe so lange weiter zwangsweise angehalten werden, bis Experten ihn für nicht mehr gefährlich halten.