Gutachter wegen Bestechlichkeit verurteilt

Ein gerichtlich beeideter Sachverständiger ist am Montag vor Gericht wegen Bestechlichkeit schuldig gesprochen und zu einem Jahr Haft verurteilt worden. Er hatte gegen Geld ein inhaltlich unrichtiges Gutachten angeboten.

Richterin Claudia Moravec-Loidolt zeigte sich nach einem umfangreichen Beweisverfahren überzeugt, dass der Schifffahrt-Experte in einem Zivilverfahren einer Streitpartei gegen entsprechende Bezahlung ein inhaltlich unrichtiges Gutachten in Aussicht gestellt hatte. Der Angeklagte habe „ganz eindeutig eine Grenze überschritten“, der Konnex zwischen seiner finanziellen Forderung und der erklärten Bereitschaft, dafür eine falsche Expertise abzugeben, sei „eindeutig gegeben“, stellte die Richterin in der Urteilsbegründung fest.

Der Gutachter, der viele Jahre als Sachverständiger für Schifffahrtswesen für die Justiz tätig war, wurde bei einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu einem Jahr Haft verurteilt. Die Strafe wurde ihm unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, Verteidiger Ernst Schillhammer erbat Bedenkzeit. Der Staatsanwalt gab vorerst keine Erklärung ab.

Gutachter kontaktierte Parteien und bot Hilfe an

Ausgangspunkt war ein Rechtsstreit um eine in Kroatien vor Anker liegende Segeljacht, die bei einem orkanartigen Sturm gegen eine Kaimauer geschleudert und beschädigt wurde. Der Bootseigentümer hatte seine Versicherung geklagt, weil diese nicht für den Schaden aufkommen wollte. Diese ging nämlich davon aus, dass die Jacht im Hafen nicht sorgfältig vertaut worden war und sich deswegen im Sturm selbstständig machen konnte.

Nachdem der beigezogene Sachverständige im Gerichtsauftrag einen Lokalaugenschein durchgeführt und die Beweissicherung vorgenommen hatte, wandte er sich ohne Wissen des zuständigen Richters telefonisch an die Rechtsvertreter beider Streitparteien und ersuchte um ein vertrauliches Treffen. Während der Anwalt des Jachtbesitzers den Gutachter abblitzen ließ, ging der Vertreter der Versicherung auf den Terminwunsch ein. Der Schifffahrt-Experte und der Anwalt trafen sich Anfang Jänner 2016 bei Weißwurst und Schnaps in Bad Reichenhall.

Wie der Anwalt nun als Zeuge am ersten Prozesstags im August darlegte, soll der Gutachter ihm gleich eingangs des Gesprächs eröffnet haben, dass er den Prozess verlieren werde. Er könne ihm allerdings vor dem nächsten Verhandlungstermin sieben Fragen zukommen lassen, die der Anwalt im Gerichtssaal „mit aller Härte und Nachdruck“ vorbringen müsse, um doch noch zu obsiegen. „Die Fragen hätten bewirken sollen, dass der Sachverständige sein Gutachten so ausfallen lässt, dass wir die Sache gewinnen“, berichtete der Zeuge.

Wollte „nicht nur Peanuts“ für Tipps

Für sein Entgegenkommen habe der Gutachter Bares verlangt: „Er hat klipp und klar gesagt, er erwartet sich einen Geldbetrag und dass er sich mit Peanuts wie 10.000 Euro nicht abspeisen lässt.“ Der Anwalt war nach der Unterredung unverzüglich zur Polizei gegangen, wobei er seine Anzeige mit der Bemerkung einleitete, so etwas sei ihm in seiner ganzen Laufbahn noch nicht untergekommen. Die Polizei empfahl dem Juristen, allfällige weitere Gespräche mit dem Sachverständigen aufzuzeichnen, sollte sich dieser wieder telefonisch melden.

Tatsächlich rief der Gutachter noch zwei Mal in der Kanzlei des Anwalts an, wobei er beim letzten Gespräch am 5. Februar meinte, die Zeit „dränge schön langsam. Wir müssen Nägel mit Köpfen machen“. Seine finanziellen Forderungen soll er dabei insoweit konkretisiert haben, als er einen Betrag von zumindest 20.000 Euro in den Raum stellte. Ein Kuvert müsse vor der Verhandlung am Tisch liegen, ist auf dem Band zu hören, das der Anwalt während des Telefonats mitlaufen ließ.