Die Anfänge des Kinos in Österreich

Mit den Kinovorführungen der Brüder Lumiere zogen die „lebenden Photographien“ in Österreich ein, bis 1918 hatte das Medium Film im ganzen Land Fuß gefasst. Das Filmarchiv Austria widmet den Anfängen nun eine eigene Schau.

„Ah, c’est magnifique“, soll Kaiser Franz Joseph I. gerufen haben, als er 1896 den Cinematographe der französischen Brüder Lumiere in der Kärntnerstraße 45 besuchte. Unweit davon erinnert nun die Ausstellung „Archiv der Schaulust“ im Metro Kinokulturhaus an die Frühgeschichte des Kinos in Österreich.

Waren die populären Bewegtbilder anfangs vor allem auf Jahrmärkten und in Varietes zu finden, entstanden ab 1902 erste Kinogebäude, gründete sich 1906 mit der Wiener Saturn-Film die erste heimische Filmproduktion und markierten die Wiener Kunstfilm-Industrie sowie die Sascha-Filmfabrik den Übergang zum Erzählkino.

Ausschnitt aus Wien im Krieg (A 1915)

Filmarchiv Austria

Wien im Krieg (A 1915)

Filme und Exponate zu sehen

Das Filmarchiv Austria hat diese „Bilder einer Moderne, einer umbrechenden Welt“, so Direktor Ernst Kieninger bei einer Presse-Vorbesichtigung, in „jahrelanger, akribischer Spurensuche“ zusammengetragen und präsentiert nun auf zwei Ebenen einen Teil seiner „weltweit größten Filmsammlung zur Donaumonarchie“.

60 der insgesamt 500 Filme aus der Sammlung sind hier teils erstmals öffentlich zu sehen und werden durch rund 200 materielle Exponate ergänzt - darunter grafisch aufwendig gestaltete Programmhefte und Plakate sowie Briefe, Fotografien und Apparate aus unter anderem den Nachlässen des Pathe-Aufnahmeleiters Hans Theyer und des Wanderkino-Pioniers Louis Geni.

Allererste Wien-Aufnahmen und Kriegs-Wochenschau

Im abgedunkelten Raum im Obergeschoß sind Leinwände so am Boden positioniert, dass sie einen Durchgang ermöglichen: So startet man bei den allerersten Wien-Aufnahmen der Brüder Lumiere 1896, bekommt mit Bildern der Vermählung von Erzherzog Karl einen Eindruck von der visuellen Hofberichterstattung und staunt über die Tricks, Effekte und Experimente mit Farben und Geräuschen bei ersten handkolorierten Filmen von Pathe, die neben Gaumont lange Zeit den österreichischen Markt beherrschten.

Waren diese ersten Kurzfilme zur Zeit der Wanderkinos ganz der Schaulust verpflichtet, zeigten die ersten ortsgebundenen Lichtspielhäuser später anspruchsvolle Langspielfilme und aktuelle Wochenschauen. Trauriger Abschluss des Durchgangs ist dann auch „Defilee der Kriegsversehrten“ aus einer Kriegs-Wochenschau 1918.

Filmprojektor Messter's Projection, um 1900

Filmarchiv Austria

Filmprojektor Messter’s Projection, um 1900

Filmarchiv als „Nationalbibliothek des Films“

Bis Mitte Oktober sollen zum Thema ein Katalog sowie eine DVD-Edition erscheinen; ab Mitte November wird die Schau erweitert: Gerade wird die dritte Ausstellungsfläche im Haus für eine noch geheime Gastausstellung im Rahmen der Viennale (20. Oktober bis 2. November) vorbereitet, danach will das Filmarchiv hier seine Vermittlungsarbeit präsentieren. „Wir machen sehr viel mit sehr wenig Budget“, meinte Kieninger in Bezug auf die „ausbaubare“ öffentliche Unterstützung.

Veranstaltungshinweis:
„Archiv der Schaulust. Eine Ausstellung zur Frühgeschichte des Kinos 1896-1918“, 1. Oktober 2016 bis 31. Juli 2017, Metro Kinokulturhaus, Johannesgasse 4, 1010 Wien, täglich 15 bis 21 Uhr.

Das Filmarchiv verstehe sich als „Nationalbibliothek des Films“, erhalte aber trotz kostenaufwendiger Filmerhaltung nur einen „Bruchteil dessen, was das Papierarchiv, die Nationalbibliothek, bekommt“. „Es geht um unsere visuelle Identität im Zeitalter der Bildmedien“, mahnte Kieninger ein.

Zum Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich sowie zum geplanten Haus der Geschichte (HGÖ) in Wien wolle man dementsprechend historische Filmaufnahmen beitragen, mit beiden Projekten sei man laut Kieninger „in losem Kontakt“. Auch an seinem Wunsch einer engeren Zusammenarbeit mit den Innenstadtkinos Stadtkino, Gartenbaukino und Filmmuseum halte er fest.

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