Wiederbetätigung: Prozess gegen Sänger vertagt

Der Prozess gegen einen in der rechtsextremen Szene als „Rocker Rolf“ bekannten Liedermacher ist am Landesgericht vertagt worden. Insgesamt fanden am Donnerstag drei Verhandlungen wegen Wiederbetätigung statt.

Dem 45-jährigen Sänger wird unter anderem vorgeworfen, am 5. Juli 2014 im sogenannten Fritz-Stüber-Heim in Ottakring vor rund 20 Gleichgesinnten einschlägige Lieder gesungen haben. Das Lokal war schon seinerzeit von der „Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition“ (VAPO) unter Gottfried Küssel frequentiert worden.

Eine mitangeklagte 30-Jährige - eine Servicetechnikerin und Kampfsportlerin - soll den Liedermacher auf der Gitarre begleitet haben. Der Abend endete jäh: Die Wega stürmte nach einem anonymen Hinweis das Lokal, beschlagnahmte Liederbücher und Instrumente und löste die Veranstaltung auf.

45-Jähriger bestreitet Auftritt

Der 45-Jährige, der bis zu ihrem Verbot der „Freiheitlichen Arbeiter Partei“ (FAP) angehört haben soll, bestreitet, in dem Lokal in der Koppstraße überhaupt gesungen zu haben. Man habe dort nur Fußball geschaut. Um das zu klären, wurden nun zahlreiche Zeugen gerichtlich vernommen, die diese Darstellung mehr oder weniger deutlich bestätigten.

„Ich hab’ kein Lied gehört“ bzw. „Live hat keiner gespielt“ gaben zwei Männer zu Protokoll. „Ich hab’ einen Apfelsaft mit Wasser getrunken, und dann war plötzlich die Wega da. Ich bin fast vom Hocker gefallen“, schilderte eine Frau. Sie räumte ein, eine Gitarre gesehen zu haben: „Gehört hab’ ich aber nix.“

Prozess auf Jänner vertagt

Neben der angeblichen Sanges-Darbietung wird „Rocker Rolf“ weiters angelastet, in seiner Wohnung in der Nähe von Wien NS-Devotionalien und Propagandamaterial gesammelt zu haben. Er soll außerdem Tattoos mit Nazi-Symbolen tragen und damit seine rechtsextreme Gesinnung zur Schau stellen.

Seine gleichaltrige Ehefrau ist mitangeklagt, weil sie laut Staatsanwaltschaft unter anderem nichts dagegen hatte, wenn ihr Mann bei Feiern mit Gleichgesinnten im Partykeller eine große Hakenkreuz-Fahne an die Wand hängte.

Der Schwurprozess gegen den gebürtigen Deutschen, seine Ehefrau und eine Freundin des Paares wurde am Donnerstag auf Ende Jänner 2017 vertagt. Einige Zeugen waren nicht erschienen.

Hitlergruß beim AMS-Beratung

In einem weiteren Prozess wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung musste sich ein 32-Jähriger verantworten. Er hat laut Anklage am 21. November 2014 bei einem Beratungsgespräch mit seinem AMS-Betreuer die Hand zum Hitlergruß erhoben und „Heil Hitler“ gesagt, nachdem es - offenbar zum wiederholten Mal - zu Unstimmigkeiten mit dem Vertreter des Arbeitsmarktservice (AMS) gekommen war.

Dieser wollte den Langzeitarbeitslosen in einem Mathematik- und Deutsch-Kurs unterbringen, was der 32-Jährige nicht nachvollziehen konnte. „Ich hab’ den Hauptschulabschluss und bin Österreicher, also was soll das“, fragte sich der Mann noch vor dem Schwurgericht. Seit Jahren komme er mit dem zuständigen AMS-Betreuer nicht zurecht. Dieser sagte im Zeugenstand: „Es wäre mir wichtig, dass er was tut für die Gesellschaft, von der er schon sehr lange lebt, ohne dass er einen Beitrag leistet.“

Sollte sein Klient schuldig gesprochen werden, spreche er sich dafür aus, dass dieser zur Erbringung von gemeinnützigen Leistungen herangezogen werde, so der Betreuer. Das Gericht, das von Zeugen üblicherweise keine Straf-Empfehlungen erhält, verhängte nach dem Verbotsgesetz eine einjährige Freiheitsstrafe, die dem 32-Jährigen bedingt nachgesehen wurde. Er erbat sich Bedenkzeit, das Urteil ist daher nicht rechtskräftig.

„Sieg Heil“-Rufe in Obdachlosenheim

In einem anderen Verhandlungssaal im Landesgericht ging es um einen 39-Jährigen, der in Obdachlosenheimen untergebracht war und dort mit dem Hitlergruß und „Sieg Heil“-Rufen von sich reden machte. „Ich bin rechts aufgetreten“, räumte der Mann ein, leugnete aber die anklagegegenständliche Geste ebenso wie die Sprüche. Seine beiden Großväter wären bei der SS gewesen, das habe ihn geprägt.

Als er seine Wohnung verlor und trotz Vorsprache bei Ämtern keine neue bekam, habe er sich geärgert. Man habe ihn „immer übergangen“ und „die Wohnungen eher den Ausländern gegeben. Da ist das Ganze dann wieder hochgekommen“. Er habe zwar geschimpft, sich aber zu nichts Strafbarem hinreißen lassen.

Die Verhandlung gegen den 39-Jährigen, der sich darüber hinaus wegen rassistischer Facebook-Einträge und des Besitzes von NS-Devotionalien verantworten musste, wurde auf Mitte Dezember vertagt. Einige geladene Zeugen waren nicht erschienen.

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