60 Jahre Anton Proksch Institut

Österreich ist ein „großes Wirtshaus“, wie der Psychiater Michael Musalek immer wieder festgestellt hat. Doch Österreich hat auch Europas größte Suchtklinik - das Anton Proksch Institut, das seinen 60. Geburtstag feiert.

„Das Anton Proksch Institut (API) ist ein Beispiel dafür, was an Hervorragendem entstehen kann, wenn Politiker und Ärzte sehr eng zusammenarbeiten. Der damalige Sozialminister Anton Proksch hat gemeinsam mit dem Vorstand der Universitätsklinik für Psychiatrie in Wien, Hans Hoff, die ‚Stiftung Genesungsheim‘ gegründet“, sagte Musalek gegenüber der APA.

API Anton Proksch Institut

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Das Institut bei seiner Gründung

12.000 Patienten im Jahr

Am 5. Dezember 1956 war die entsprechende Stiftung gegründet worden. Mitte März 1957 übernahm Hoff die Leitung der Einrichtung. Das Prinzip waren „freiwillige Aufnahme“, „Behandlung innerhalb der therapeutischen Gemeinschaft“ und „ambulante Nachbehandlung“. Man konzentrierte sich in dem europaweit beachteten Projekt zunächst auf die Therapie von Alkohol- und Medikamentenabhängigen. Anfang 1961 ging das „Genesungsheim Kalksburg“ mit 65 Betten für Männer in Betrieb.

„Heute betreuen wir pro Jahr rund 12.000 Patienten, davon rund 2.000 stationär. Es geht um alle Formen der Sucht. Wir haben 300 Betten und sieben Betreuungseinrichtungen bzw. Ambulanzen in Wien und Niederösterreich. Wir nehmen aber Patienten aus ganz Österreich“, sagte der Psychiater. „Mit rund 70 Prozent stellen weiterhin die Alkoholkranken die Mehrheit dar. Aber wir haben auch seit vielen Jahren eine eigene Abteilung für Drogenkranke. Sehr stark im Kommen sind von Glücksspielen Abhängige. Da spielt auch das Internet eine große Rolle.“

„Kalksburg“ feiert 60. Geburtstag

Es ist die größte Suchtklinik Europas: Das Anton-Proksch-Institut mit Hauptsitz in Liesing, oft einfach „Kalksburg“ genannt. In diesen Tagen feiert es seinen 60. Geburtstag.

Hohe Erfolgsrate in „Kalksburg“

Als Spezifikum hat die Institution, die in ganz Ostösterreich in der Bevölkerung noch immer einfach unter „Kalksburg“ firmiert, in den vergangenen Jahren ein komplett neues Behandlungsprogramm (Orpheus-Programm) entwickelt. „Man hat die Patienten ehemals stark unter Druck gesetzt.“ Dauerhafte Abstinenz sei das einzige Ziel gewesen. „Wir wollen aber helfen, unseren Patienten ein autonomes und schönes Leben zu ermöglichen“, sagte Musalek. Das Therapieprogramm ist deshalb darauf abgestimmt, die Ressourcen der Abhängigen zu heben und sinnvolle Lebensinhalte in den Vordergrund zu schieben.

Die Erfolgsraten sind hoch. „Wir erreichen bei 80 Prozent Symptomlosigkeit bei dieser chronischen Erkrankung im Zeitraum von einem Jahr. Das ist besser als bei anderen chronischen Erkrankungen wie Hypertonie oder Diabetes. Die Voraussetzung ist aber, dass die Betroffenen in Betreuung bleiben. Sonst sinkt die Rate der Symptomfreien auf zehn bis 15 Prozent ab. Es kommt also darauf an, die ‚Haltequote‘ zu erhöhen“, sagte Musalek. Die beobachtbaren Erfolge mit der relativ neuen Strategie würden sich aber auch daran zeigen, wie stark der Enthusiasmus der am API Beschäftigten zugenommen habe.

Talk mit Experten Musalek

Der problematische Konsum von Alkohol, Drogen und Zigaretten sinkt in Österreich, zeigen aktuelle Erhebungen. Warum, weiß der Direktor des Anton-Proksch-Instituts, Michael Musalek.

Depression oder Angst als Suchtauslöser

Einen wesentlichen Fortschritt gab es für das API auch 2013, als die VAMED 60 Prozent der Betriebs-GmbH der Stiftung übernahm. Damit hätte man einen großen organisatorischen Fortschritt gemacht und Zugriff auf große zusätzliche Expertise auf dem Gebiet der Rehabilitation, betonte der Psychiater. „Die Suchtkrankheit ist keine Krankheit, die für sich allein existiert. Der häufige Zusammenhang mit Depressionen oder Angststörungen ist bereits weit bekannt“, sagte Musalek.

Doch auch viele Patienten mit chronischen Schmerzen können via Medikamenten- oder Alkoholkonsum in Gefahr geraten. Wobei sich aus Depressionen und/oder Angststörungen sowie Abhängigkeit ein Teufelskreis ergeben kann, der erfolgreich erst durch die Behandlung aller dieser Störungen erfolgreich beherrschbar wird.

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