Erstmals einzeln: Daniel Richter im 21er Haus

Leuchtende Farben und Anarchie, politische Mahnmale und kleinteilige Maltechnik: Im 21er Haus wird ab Freitag, die erste große Einzelausstellung zu Daniel Richter in Wien gezeigt. Sie führt quer durch sein Schaffen.

Vom Punk-Protagonisten zum Akademie-Professor und vom Schöpfer expressiver Neonflächen zum tagespolitischen Collageur zeigt „Lonely Old Slogans“ in 52 Werken die Bandbreite von Daniel Richters Schaffen. Um den deutschen Maler, der seit 2006 an der Wiener Akademie unterrichtet, umfassend würdigen zu können, arbeitete man mit mehreren internationalen Museen zusammen und holte Leihgaben aus der ganzen Welt.

Es handelt sich um Malerei in all ihren Formen und Materialien - zwischen Graffiti und dem jüngsten Vorsatz, statt mit dem Pinsel nur mit dem Spachtel aufzutragen, zwischen abstrakt und figurativ - die gleichzeitig mit dem Trigger gesellschaftspolitischer Debatten ausgerüstet und dennoch „von großer sinnlicher Präsenz“ ist, wie Kurator Axel Köhne sagte.

Steter Gegenwartsbezug „attackiert Betrachter“

Etwas Dringliches geht von diesen Bildern aus, von ihrer expressiven Farbigkeit und dem schonungslosen Willen zur politischen Narration innerhalb ihrer teils abstrakten Flächen. Auch in den jüngsten Arbeiten bleibt in diesem drängenden, den steten Gegenwartsbezug grell ausleuchtenden Malen der Hamburger Punk und linksautonome Labelbesitzer Daniel Richter spürbar. Oder, wie Köhne es formulierte, es ist eine Malerei, „die den Betrachter involviert und attackiert, die ihn zwingt, sich zu den Werken zu verhalten“.

Daniel Richter

APA/Herbert Neubauer

Für Richter soll Malerei keine esoterische Debatte sein

Es sei ihm stets wichtig gewesen, dass Malerei „keine esoterische Debatte“ sei, sondern etwas „das mit der Wirklichkeit zu tun hat“, sagt Richter in einem Video, das ebenfalls gezeigt wird. Dass er sich dabei nicht für den Konflikt von Abstraktion und Narration interessiert und ihn doch in durchaus virtuoser Weise zu bedienen weiß, ist nur ein zentrales Merkmal sämtlicher Schaffensphasen.

Aufforderungen werden direkter

Hatte er sich in den 90er-Jahren durch eine große Fülle an expressiven abstrakten Ideen ins Getümmel der Malerei-Defätisten gestürzt, wurden die Aufforderungen, die seinen Werken innewohnen, ab der Jahrtausendwende direkter - und damit gegenständlicher. Bilder wie „Tarifa“ (2001) mit furchterregend zusammengedrängten Flüchtlingen in einem Boot oder „Army of Traitors“ (2006) mit den in wallende rote Gewänder gehüllten anonymen Menschenströmen bis in den Horizont scheinen heute so offensichtlich in den medialen Bilderdiskurs zu passen, dass man versucht ist, gar nicht näher hinzuschauen.

Richter

Belvedere

Daniel Richters Bilder „attackieren“ den Betrachter

Dabei haben sich die aktuellsten Serien (2015), mit Bildern wie „Werden die Roten die Schwarzen schlagen?“ oder „Bill“ von dieser Explizitheit wieder abgewendet und setzen auf eine durchaus poetische Synthese aus abstrakter Farbigkeit und mehr oder minder klaren erzählerischen Botschaften.

Mit Gesellschaft durch die Ausstellung

Sehr wahrscheinlich richtig ist jedenfalls die Annahme von Neo-Museumsdirektorin Stella Rollig, die dazu einlud, in Gesellschaft durch die Schau zu gehen, um die Relevanz dieser Kunst abzutesten. „Über kurz oder lang - und eher über kurz - werden Sie sich in einer intensiven Diskussion über Politik und Gesellschaft, bis hin zum aktuellen Regierungsprogramm wiederfinden.“ - mehr dazu in Stella Rollig übernimmt Belvedere.

Wenn man allerdings mit Daniel Richter selbst die Ausstellung besucht, sind auch selbstkritische Hinweise keine Seltenheit, wie der für seine stets showtauglichen und komödiantischen Auftritte bekannte Künstler beim Presserundgang unter Beweis stellte. „Das Bein vorne links ist total falsch“, deutete er auf ein Pferd, das in „Das Recht“ gerade erschlagen wird. „Ich hatte gar keine Ahnung wie so ein Pferd aussieht und musste mich dann vor dem Spiegel so komisch verbiegen.“

Richter

Belvedere

Pferde zwischen Pop und Punk galoppieren zuhauf durch die Ausstellung

Spaß dürfte das gemacht haben - auf den Großformaten, die zwischen Pop und Punk zahlreichen Klischees haarscharf ausweichen, wiehern und galoppieren gleich mehrere Pferde.

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