Alijew-Ermittlung bleibt eingestellt

Das Ermittlungsverfahren rund um den Tod des ehemaligen kasachischen Botschafters Rachat Alijew bleibt eingestellt. In einem Ergänzungsgutachten konnten keine Hinweise auf Fremdbeteiligung festgestellt werden.

Das Ergänzungsgutachten des Instituts für Rechtsmedizin St. Gallen liege vor, darin hätten sich weiterhin keine Anhaltspunkte für eine Fremdbeteiligung ergeben, hieß es bei der Staatsanwaltschaft Wien (StA). „Die in einem Privatgutachten getroffene Schlussfolgerung, wonach DDr. Rakhat Aliyev durch fremde Hand getötet worden sei, kann nach ausführlicher Erörterung einschlägiger Fachliteratur aus gerichtsmedizinischer Sicht nicht bestätigt werden“, teilte die Anklagebehörde mit.

Rakhat Aliyev Alijew

APA/HBF/DRAGAN TATIC

Alijew starb im Februar 2015

Privatgutachten hatte Zweifel an Suizid

Für eine Tötung durch Erdrosseln fanden sich keinerlei Hinweise, betonte die Staatsanwaltschaft. Der bekannte deutsche Gerichtsmediziner Bernd Brinkmann hatte zuvor in einem 18-seitigen Privatgutachten massiv angezweifelt, dass Alijew Suizid begangen hatte, sondern eine Tötung von fremder Hand vermutet - mehr dazu in Causa Alijew: Staatsanwaltschaft prüft.

Der Experte schloss das aus punktförmigen Blutungen unterhalb der Strangmarke. Dass sich Alijew mit Mullbinden an einem Kleiderhaken erhängt hatte, war für Brinkmann damit ausgeschlossen. Vielmehr soll Alijew laut Brinkmann mittels Kompression des Brustkorbs bei gleichzeitigem Verschluss von Mund und Nase („Burking“) zu Tode gebracht worden sein. Diese Flecken sind laut dem Ergänzungsgutachten der St. Gallener Rechtsmedizin jedoch Totenflecken, sagte die Sprecherin der Wiener Staatsanwaltschaft, Nina Bussek.

Ergänzungsgutachten widerlegt Privatgutachten

Brinkmann hatte außerdem ausgeführt, dass Stauungsblutungen oberhalb der Strangmarke bei einem Suizid in der beschriebenen Form mit Mullbinden nicht möglich gewesen seien. Der Schweizer Experte Roland Hausmann habe das anhand der einschlägigen Fachliteratur eindeutig widerlegt, betonte Bussek.

Insgesamt umfasst das Ergänzungsgutachten 30 Seiten, in denen sich Hausmann mit jedem einzelnen der von Brinkmann angeführten Punkte auseinandersetzt. Für diese Expertise wurde auch die Fotodokumentation vom Auffindungsort der Leiche und der Leichenöffnung eingearbeitet, die Hausmann beim ursprünglichen Gutachten nicht zur Verfügung gestanden war, erläuterte die Sprecherin der Anklagebehörde.

Keine Anhaltspunkte für gewaltsame Einwirkung

Bussek sagte, dass sich auch für eine körperliche Auseinandersetzung oder eine sonstige gewaltsame Einwirkung vor dem Tod keine Anhaltspunkte ergeben hätten. Zusammenfassend sei der Sachverständige zur Schlussfolgerung gelangt, dass sich „sämtliche Befunde widerspruchsfrei einem suizidalen Erhängen zuordnen lassen und sich somit im Vergleich zum Vorgutachten keine Änderungen in der Einschätzung einer Fremdbeteiligung am Tod des Genannten“ ergeben.

Die Anwälte Manfred und Klaus Ainedter haben das Ergänzungsgutachten am Dienstag an Brinkmann übermittelt. Dieses werde „einer eingehenden Prüfung unterzogen“, sagte Klaus Ainedter am Nachmittag. Es könnten sich aus Sachverständigensicht weitere Fragen auftun, die dann wieder an die StA übermittelt würden. Das Ergebnis des Ergänzungsgutachtens „überrascht nicht“, betonte der Rechtsvertreter. Die Ermittlungen seien jedoch nicht eingestellt, sondern durch einen Fortführungsantrag seiner Kanzlei „wieder eröffnet“ worden. Über diesen Antrag müsse noch ein Gericht entscheiden.

Alijew - früher kasachischer Botschafter in Wien, gegen den in der Bundeshauptstadt Anklage wegen Doppelmordes an zwei kasachischen Bankern erhoben wurde - war am 24. Februar 2015 tot in seiner Einzelzelle aufgefunden worden. Die Justiz ging von Suizid aus, nachdem sowohl der Wiener Gerichtsmediziner Daniele Risser in seinem Obduktionsbefund als auch das mit der Gutachtenerstellung beauftragte Rechtsmedizinische Institut in St. Gallen keine Hinweise auf Fremdverschulden fanden.

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