Unmut über Fremdenrecht wächst

Für Unmut in Wien sorgen die im Ministerrat beschlossenen Verschärfungen im Fremdenrecht. Flüchtlingskoordinator Peter Hacker befürchtet Hunderte Obdachlose. Auch Sozialstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) kritisiert das Paket.

Als eine Maßnahme vorgesehen ist, dass abgelehnten Asylwerbern die Grundversorgung komplett gestrichen werden soll. 1.300 Menschen mit negativem Asylbescheid leben derzeit in Wien. Sie würden dann kein Geld mehr bekommen und auch kein Dach über dem Kopf haben - hunderte, vielleicht tausende Menschen wären also über Nacht obdachlos und illegal.

Frauenberger teilt diese Befürchtungen von Flüchtlingskoordinator Peter Hacker. Noch ist für sie allerdings nicht alles in Stein gemeißelt: Nach dem Beschluss im Ministerrat geht das Paket in Begutachtung. In dieser Phase will sich die Stadträtin jedenfalls einbringen und auch klarmachen, was das für die Länder bedeutet.

Sobotka kontra Hacker

Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) kann die Bedenken Wiens nicht nachvollziehen, sollen doch Abschiebungen künftig viel schneller durchgeführt werden. Und Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP): „Dann soll der Flüchtlingskoordinator der Stadt Wien seine Maßnahmen verstärken, sie nach Hause zu bringen.“

Der angesprochene Flüchtlingskoordinator Hacker: „Indem sie aus der Grundversorgung rausfliegen, verlieren wir auch die Evidenz, wer überhaupt noch da ist. Das ist etwas, wo wir in Wien sagen, das geht so nicht.“

FPÖ ohne Verständnis für „Querschüsse“

Die „Problematik der Armutszuwanderung“ in Wien sei die Folge einer jahrelangen falschen Ansiedlungenpolitik durch SPÖ und Grüne, sagte Vizebürgermeister Johann Gudenus (FPÖ) in einer Reaktion. Wenn Hacker nun davon spreche, „dass ohne Grundversorgung die Kriminalität und Obdachlosigkeit in Wien steigen würde, kommt das einer Drohung gleich, die man sich auf keinen Fall gefallen lassen darf“, so Gudenus. Abgelehnte Asylwerber seien auf dem schnellsten Weg abzuschieben, wiederholte er. Wien habe den Bund dabei nach Kräften zu unterstützen.

De-facto-Ende der Grundversorgungsvereinbarung

Wenn das Flüchtlingspaket so kommt, sieht Hacker große Probleme: „Würde man das eins-zu-eins umsetzen müssen, müsste ich jetzt 1.300 Menschen in Wien auf die Straße setzen. Das bedeutet einmal, dass 1.300 obdachlos sind und in der Stadt irgendwo herumirren und keinen Cent für Essen und kein Geld mehr haben für ein Dach über dem Kopf. Und wir können uns ausrechnen, was das bedeuten würde für die Kriminalitätsentwicklung in der Stadt.“

Auch der Klubobmann der Wiener Grünen, David Ellensohn, kritisiert die Lösung der Regierung: „SPÖ und ÖVP ohne soziales Gewissen: das neue Fremdenrecht schafft mit einem Schlag rund 1300 Obdachlose in Wien. Das ist der völlig falsche Weg. Hilfe für alle Menschen bereitzustellen, ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit und der Vernunft.“

Außerdem würde das Paket de facto ein Ende der sogenannten 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Land bedeuten, der Grundversorgungsvereinbarung, meint Hacker: „Wir haben uns als Länder bereit erklärt den Bund zu unterstützen bei seiner Aufgabe. Wenn die 15a-Vereinbarung gekündigt ist, ist der Bund wieder zu 100 Prozent für die Versorgung von Flüchtlingen zuständig.“ Derzeit übernimmt der Bund 60 Prozent der Kosten.

Hacker hofft auf Lösung in Ministerrat

Das Fremdenrechtspaket soll unter anderem eine Ausweitung der Schubhaft und höhere Strafen bei verweigerter Ausreise oder Falschangaben im Asylverfahren bringt. Ein letztes Detailgespräch am Montag brachte jedoch keine größeren Änderungen mehr, wurde der APA sowohl aus SPÖ als auch ÖVP bestätigt.

Noch offen geblieben war vor dem Wochenende, wer die Höhe der Entschädigungen für Asylwerber, die gemeinnützige Jobs leisten, festlegen soll. Herausgekommen ist nun, dass eine entsprechende Verordnung vom Innenminister im Dialog mit den Ländern festgelegt wird.

Vereinbarungen aus Regierungspaket fehlen noch

Nicht in das schon im vergangenen Herbst in seinen Grundzügen festgelegte Paket integriert wurden vorerst jene Punkte, auf die sich die Koalition mittlerweile im erneuerten Regierungspaket verständigt hat. Allerdings wurde zuletzt nicht ausgeschlossen, dass im Zuge der parlamentarischen Behandlung der nunmehrigen Vorlage noch die eine oder andere Maßnahme ergänzt werden könnte.

Jedenfalls noch vor dem Sommer soll vom Nationalrat beschlossen werden beispielsweise eine Höchstdauer der Schubhaft von 18 Monaten. Derzeit sind höchstens zehn Monate innerhalb von 1,5 Jahren möglich. Erhöht werden die Strafen, wenn jemand einen Aufenthaltstitel durch falsche Angaben ergattert. Noch höher sind die Pönalen, wenn man das Land trotz aufrechten Bescheids und der Möglichkeit dazu nicht verlässt oder widerrechtlich nach Österreich zurückkehrt.

Beschleunigtes Aberkennungsverfahren

Beschleunigt werden soll eine Außerlandesbringung bei straffällig gewordenen Asylberechtigten. Bereits vor einer allfälligen Verurteilung soll ein beschleunigtes Aberkennungsverfahren eingeleitet werden. Nach dem Urteil bleibt dann der Erstinstanz ein Monat und dann dem Bundesverwaltungsgericht zwei Monate Zeit zu entscheiden, ob der Asyltitel aberkannt wird.

Was Beschäftigungsmöglichkeiten für Asylwerber angeht, werden Rechtsträger, die im Eigentum von Bund, Land oder der Gemeinden stehen, nicht auf Gewinn gerichtet sind und nicht im allgemeinen Wettbewerb stehen, gemeinnützige Tätigkeiten anbieten dürfen. Gleiches gilt für Gemeindeverbände.

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