„Korso 4 Deniz“ auch in Wien

Mit einem Autokorso haben Österreicher und Türken Dienstagabend auch in Wien gegen den U-Haft-Befehl des in Istanbul lebenden deutschen „Welt“-Korrespondenten Deniz Yücel protestiert.

Rund 20 Autos und eine Handvoll Fahrräder fuhren vom Ernst-Happel-Stadion im Prater zum Parlament. Mit einem Hup- und Pfeifkonzert machten die Teilnehmer lautstark auf ihr Anliegen aufmerksam.

„Ich bin besorgt über die Situation in der Türkei, und ich will meinen Teil dazu beitragen, dagegen anzukämpfen“, so eine türkischen Wissenschafterin aus Ankara, die seit drei Jahren in Österreich lebt. Ihren Namen wollte sie nicht sagen, sie habe Angst, was ihr passieren könnte - sie sei schon in Schwierigkeiten gekommen, weil sie eine regierungskritische Petition unterzeichnet habe.

„Wir wollen, dass er wieder frei kommt“

„Ich will ein bisschen Optimismus bewahren. Mein Mann ist seit mehreren Jahren Deniz-Fan, und wir wollen einfach, dass er wieder frei kommt“, so die Türkin. Hier in Wien sei es einfacher, etwas gegen die türkische Regierung zu unternehmen, meinte sie. „Aber in der Türkei ignorieren viele meiner Freunde die Situation.“ Sie bleibe aber hoffnungsvoll, „in der Türkei weiß man nie“.

„Als ich von dem Korso gehört habe, habe ich gleich beschlossen, hier zu sein. Ich lese seit Jahren die Texte von Yücel. Seine Artikel fehlen mir, und ich bin hier, um ein Zeichen zu setzen und Solidarität zu zeigen mit ihm und all den anderen Journalisten, die momentan in der Türkei inhaftiert sind“, so der 27-jährige Tim Dombrowski aus Lübeck.

Robert Misik: „Ein Zeichen setzen“

Solidarität für den Kollegen zeigten in Wien auch Journalisten: Neben Florian Klenk vom „Falter“ und Hanna Herbst von „Vice“ waren viele der Wiener Demonstranten aus der Branche. Man müsse einfach aufstehen, meinte einer der Organisatoren des Protests, Can Gülcü. „Die Anschuldigungen gegen Deniz Yücel sind überhaupt nicht qualifiziert und bisweilen einfach absurd. Er hat seine Arbeit getan und hat kritisch berichtet. Es ist untragbar, dass er jetzt im Gefängnis sitzt“, so Gülcü.

Auch Robert Misik, Journalist und ebenfalls Mitorganisator, war überzeugt, hier seinen Teil beitragen zu können: „Wir sind zufrieden.“ Es gehe bei einer solchen Demonstration eben darum, ein Zeichen zu setzen. Misik hofft, dass Kundgebungen und Aktionen wie diese dazu führen, unter europäischen Erdogan-Anhängern die Erkenntnis zu verbreiten, dass die Regierung unter Erdogan nicht zu unterstützen sei. „Vielleicht merkt man dann in der Türkei, dass dieses Vorgehen unter Anhängern Sympathien kostet.“

Bewusstseinsbildung auch in Österreich

„Wir wollen Deniz natürlich so schnell wie möglich freibekommen - aber es geht auch um Bewusstseinsbildung für die Situation in der Türkei. Es muss endlich in Österreich ankommen, was dort passiert und dass Journalisten eingesperrt werden, nur weil sie ihrer Arbeit nachgehen“, so eine Demonstrantin.

Auch Korso-Organisator Gülcü war überzeugt: „So etwas hilft. Gerade regimekritische Stimmen informieren sich in der Türkei über soziale Medien und hören das so. Damit kann man vielleicht auch über die europäischen Regierungen Druck auf die Türkei ausüben. Für Deniz - und die anderen.“

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