Liebhaber erpresst: Frau freigesprochen

Mit einem Freispruch im Zweifel ist am Wiener Straflandesgericht der Prozess um eine Frau zu Ende gegangen, die ihren Liebhaber erpresst haben soll. Eine Geldübergabe ließ sich nicht mit Sicherheit nachweisen.

Laut Anklage soll die Frau und Mutter von Zwillingen, die sie laut zweier Gutachten mit dem Liebhaber gezeugt hat, 200.000 Euro verlangt haben. Ansonsten, so die Drohung, werde sie dessen Ehefrau über die Affäre informieren.

Die Angeklagte stellte das in Abrede. Sie habe sich, nachdem vom Liebhaber keine Unterhaltszahlungen mehr kamen, am Bezirksgericht beraten lassen und schließlich gegen diesen eine Klage eingereicht. Es hätte keinen Grund gegeben, dem Ex-Liebhaber darüber hinaus Geld abzuknöpfen. „Von einer Erpressung sind wir Welten entfernt“, meinte Verteidiger Mirsad Musliu.

Angeklagter fühlt sich vergewaltigt

Der einstige Liebhaber behauptete dagegen im Zeugenstand, die Angeklagte hätte bereits im Herbst 2013 von ihm Geld verlangt. Die Zwillinge erkennt der Mann trotz der Gutachten nicht als seine Kinder an: „Sie wollte die Kinder. Nicht ich. Ich hab’ ja ein Kind mit meiner Frau. Ich wollte die nicht.“

Er verwies auf den Fruchtbarkeitskalender: „Sie hat mich gerade zu diesen Tagen zu sich geholt, damit ich sie befruchte.“ Selbst auf künstlichem Wege sei es der Frau ja nicht gelungen, ihren dringenden Kinderwunsch gemeinsam mit ihrem Ehemann zu verwirklichen. Er sei missbraucht, geradezu vergewaltigt worden, so die sinngemäße Darstellung des 44-Jährigen.

Beide Paare mittlerweile getrennt

Für den gehörnten Ex-Mann der Angeklagten - er hat sich mittlerweile scheiden lassen - war es eigenen Angaben zufolge eine „Katastrophe“, als er erfuhr, dass seine vermeintlichen beiden Kinder nicht von ihm stammen. Er hatte sich zu diesem Zeitpunkt zwar schon von der Frau getrennt, „aber die Kinder habe ich über drei Jahre als meine angesehen“, deponierte der Mann im Zeugenstand.

Der ehemalige Liebhaber wurde wiederum von seiner Ehefrau aus der Wohnung geschmissen, als diese von seiner Affäre erfuhr. „Wir leben getrennt. Sie will nichts mehr von mir wissen“, berichtete der Mann dem Gericht. Für sein eheliches Kind leistet der 44-Jährige Unterhalt: „Er war ein Wunschkind. Für den zahle ich auch gerne.“

Richter: Wahres Geschehen nicht mehr feststellbar

„Es kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass die Geldübergaben passiert sind“, bilanzierte der Vorsitzende am Ende die Erkenntnisse des Beweisverfahrens. Es fehle „die brennende Lunte, die eine Übergabe bezeuge“. Bei dieser Beweislage fällte der Senat einen Freispruch im Zweifel. „Wie es genau gewesen ist, werden wir mit den Mitteln, die wir zur Verfügung haben, nicht mehr feststellen können“, sagte Richter Philipp Schnabel.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Staatsanwalt gab vorerst keine Erklärung ab.

Ehemann gab künftigem Liebhaber einen Job

Die Angeklagte hatte das vermeintliche Erpressungsopfer ausgerechnet über ihren Ehemann kennengelernt, der dem Busfahrer einen Job in seinem Unternehmen verschaffte. Die Männer verstanden sich gut, es kam zu regelmäßigen freundschaftlichen Begegnungen. Tiefer gingen allerdings die Treffen, die sich zwischen der Ehefrau und dem 44-jährigen Busfahrer entwickelten. Die beiden pflegten eine jahrelange außereheliche Affäre, von denen die jeweiligen Ehepartner nichts ahnten.

Im April 2014 wurde die Angeklagte stutzig, als sie sich das Äußere ihrer damals über dreijährigen Zwillinge eingehender vergegenwärtigte, nachdem ihre zwischenzeitlich abgekühlte Liebschaft wieder in eine heiße Phase getreten war. Sie sei „drauf gekommen, dass die Kinder meinem Mann nicht ähnlich sind“, erinnerte sie sich vor Gericht. Ein DNA-Test brachte Gewissheit. Die Kinder waren außerehelicher Natur. Daraufhin soll die Frau laut Anklage ihren Liebhaber erpresst haben.