Porzellankleben für den Weltfrieden im 21er Haus

Nicht nur mitdenken, sondern auch mitmachen sollen die Besucher in der neuen Schau „Duett mit Künstler_in“ im 21er Haus. Yoko Ono lässt dabei etwa Häferln reparieren und über das „Heilen der Welt“ nachdenken.

Die Ausstellung, die ab Mittwoch im 21er Haus des Belvedere zu sehen ist, stellt die „Partizipation als künstlerisches Prinzip“ in den Mittelpunkt. Die Schau läuft bis zum 4. Februar und bildet thematisch den Abschluss des aktuellen Partizipationsschwerpunkts des 21er Hauses. Als Mischung zwischen kunsthistorischem Abriss und Anstoß zur aktiven Teilnahme präsentiert die Schau 28 historische und aktuelle Positionen.

Besucher reparieren bei Ausstellung Häferln

Belvedere/Johannes Stoll

Yoko Onos Installation heißt „Mend Piece“

Dabei gibt es nicht nur ein Wiedersehen mit der „Elterngeneration“ der Partizipationskunst, sondern auch spannende Einblicke in das aktuelle Schaffen des Nachwuchses. So stehen Werke von Yoko Ono neben jenen des Amerikaners David Horvitz oder Arbeiten von Joseph Beuys und Bruce Nauman neben solchen von Juergen Staack und Tomas Kleiner.

Ausstellung aus Leverkusen

„Wir wollten eine Ahnenlinie aufspannen“, so Belvedere-Chefin Stella Rollig, die gemeinsam mit dem Kurator Alex Köhne die Ausstellung im Rahmen einer Presseführung am Dienstag vorstellte. Im Zuge ihrer Vorbereitungen nach ihrem Amtsantritt habe sich gezeigt, dass es nach dem Abgang von Agnes Husslein noch kein Konzept für eine Herbstausstellung gegeben habe. So habe man die ursprünglich im Museum Morsbroich in Leverkusen gezeigte Schau in enger Kooperation für Wien adaptiert.

Hier wie dort steht nun das Publikum und seine Rolle bei der Entstehung eines Kunstwerks im Zentrum. Für Kurator Köhne liefert eine kleine Schiefertafel von Beuys aus dem Jahr 1977 das Motto: „Wer nicht denken will fliegt raus“, steht da in fragiler Handschrift mit Kreide.

Porzellankleben und Tischtennis

Und so ist es nicht nur das bloße Mitmachen, sondern auch das Mitdenken, das die Ausstellung prägt. Etwa bei einer von zwei Arbeiten von Ono: Ihr „Mend Piece“ (1966/2017) lädt Besucher dazu ein, zerbrochene Häferln mit Hilfe von Klebstoff, Klebeband oder Schnur zu reparieren und dabei auch über das „Heilen der Welt“ nachzudenken.

Rirkrit Tiravanija, Ohne Titel (MORGEN IST DIE FRAGE), 2015
Courtesy der Künstler & neugerriemschneider

Belvedere/Johannes Stoll

Tischtennisinstallation von Rirkrit Tiravanija

Mit seiner Arbeit „Ohne Titel (Morgen ist die Frage)“ schafft der in Buenos Aires geborene Künstler Rirkrit Tiravanija soziale Räume, um kommunikative Prozesse anzustoßen: Auf Tischtennistischen hat er mit Siebdruck die Worte „Morgen ist die Frage“ (ein Albumtitel des US-amerikanischen Jazzmusikers Ornette Coleman) angebracht und fordert die Besucher zum Spiel auf. Bezug nimmt er dabei auf den für einen Monat existierenden „J.K. Ping-Pong Club“ des slowakischen Künstlers Julius Koller aus dem Jahr 1970, der damals als Statement gegen das politische System zum Zweck des kommunikativen Austauschs geschaffen wurde.

Gedichte zum Mitnehmen

Selbstbespiegelung und Selbsterforschung stehen in Franz Wests Arbeit „Psyche“ im Zentrum, wo Besucher vor einem dreiteiligen Spiegel Platz nehmen können, um ihr Wesen zu ergründen. Selbst künstlerisch tätig wird der Besucher hingegen im Zentrum des Saals, wo David Shrigley eine überlebensgroße, nackte Frauenfigur aufgestellt hat, die regelmäßig mit den Wimpern klimpert. Rundherum sind Staffeleien platziert, die die Besucher auffordern, sich selbst im Zeichnen des Modells zu versuchen. Im Laufe der Ausstellung werden die so entstandenen Arbeiten rundherum an der Wand ausgestellt und wandern im Anschluss an den Künstler.

Mit nach Hause nehmen kann man hingegen jene Gedichte, die man in David Horvitz’ Installation mit Hilfe von Stempeln auf Zeitungspapier drucken kann. Thematisch orientieren sich die 15 jeweils auf Deutsch und Englisch vorhandenen Worte am Thema Wasser.

Autorenschaft wird infrage gestellt

Gemein ist vielen Arbeiten, dass sie auch die Autorenschaft selbst infrage stellen. Ist sie dem Künstler zuzuschreiben, der das Konzept zur Verfügung stellt (und die entstandenen Werke wie im Fall von Shringley oder Ono danach ins Archiv befördert), oder ist es der Besucher, der durch seine Partizipation ein Kunstwerk erschafft?

„Kunst kann alternatives Denken und Handeln anstoßen“, ist Kurator Köhne überzeugt. Das sei nicht nur in der Vergangenheit ein Instrument gewesen, sondern vor allem auch heutzutage wieder äußerst wichtig, wie er in Hinblick auf den Ausgang der deutschen Bundestagswahl sagte. Nachsatz: „Das Museum öffnet sich der Produktion des Miteinanders.“

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