Mutter gewürgt: Sechs Jahre Haft

Einweisung in eine Anstalt und sechs Jahre Haft: Wegen versuchten Mordes ist am Straflandesgericht Wien ein junger Mann schuldig gesprochen worden, der im August des Vorjahres seine Mutter gewürgt hatte.

Die acht Geschworenen gingen abgesehen von einer einzigen Gegenstimme davon aus, dass der 20-Jährige seine Mutter töten wollte, als er seine Hände um ihren Hals legte und kräftig zudrückte. Zusätzlich wurde der Angeklagte in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Dem Gerichtspsychiater Karl Dantendorfer zufolge war der junge Mann im Tatzeitpunkt zwar zurechnungsfähig, leidet jedoch an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit schizoiden und impulsiven Zügen.

Laut Dantendorfer ist mit hoher Wahrscheinlichkeit mit weiteren Straftaten mit schweren Folgen zu rechnen, wenn der 20-Jährige nicht entsprechend behandelt wird. Im Maßnahmenvollzug sind therapeutische Begleitmaßnahmen gewährleistet. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

Die Mutter „nervt mich so sehr“

Die Mutter hatte die Gas- und Stromrechnungen nicht bezahlt. Am 2. August wurde ihr der Strom abgedreht. Der Sohn gab der an den Folgen eines Schlaganfalls leidenden Frau eine Stunde Zeit, um wieder für Strom in der Wohnung zu sorgen. Exakt nach dem Ende der Frist setzte er sich auf die im Bett liegende Frau und würgte sie. Für die Staatsanwaltschaft war klar, dass er das in der Absicht tat, die Frau zu töten. Da ging aber der jüngere Bruder des Angeklagten dazwischen.

Er stieß seinen Bruder zur Seite und ermöglichte so seiner Mutter die Flucht aus der Wohnung in der Wehlistraße in der Leopoldstadt. Als ihn sein Bruder mit einem Hammer bedrohte und ankündigte, er werde ihm das Genick brechen, flüchtete auch der jüngere Mann aus der Wohnung und alarmierte die Polizei. Mehrmals bekräftigte der Verdächtige gegenüber der Polizei, dass er seine Mutter habe töten wollen: „Sie nervt mich so sehr. Ich bin schuldig.“ Im Prozess aber sagte er nun, er wollte die Frau nur wachrütteln.

Hohe Intelligenz und gestörte Persönlichkeit

Im Verlauf der Verhandlung wurde deutlich, dass der Schulabbrecher in sprachlicher Hinsicht als Akademiker durchgehen würde. Gerichtspsychiater Karl Dantendorfer bescheinigte ihm eine überdurchschnittliche Intelligenz. Allerdings attestierte er dem 20-Jährigen eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit schizoiden und impulsiven Zügen.

Der 20-Jährige sei zwar zurechnungsfähig, doch sei mit hoher Wahrscheinlichkeit mit weiteren Straftaten mit schweren Folgen zu rechnen, wenn er nicht entsprechend behandelt werde. Im Hinblick darauf sprach sich der Gutachter für den Fall eines Schuldspruchs zusätzlich für die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher aus, wo therapeutische Begleitmaßnahmen gewährleistet wären.

„Einfach keine Lust am Leben mehr“

Der Angeklagte hat zwei Selbstmordversuche hinter sich. Mit 18 wollte er sich zunächst mit einem Medikamentencocktail vergiften. Er habe „eine Überdosis genommen, aber überlebt“, schilderte der 20-Jährige. Danach sei er von der Reichsbrücke gesprungen, habe sich „aber nur beide Beine gebrochen“. „Sind Sie ins Wasser gesprungen?“, wollte der Richter wissen. - „Auf den Beton. Aus zehn Metern.“ - „Und da ist nicht mehr passiert?“ - „Das hat mich auch gewundert.“

Er hätte „einfach keine Lust am Leben mehr gehabt“, erläuterte der Bursch. Auch wenige Tage vor der inkriminierten Tat sei es ihm schlecht gegangen. Er hätte daher seinen Hausarzt aufgesucht und sich eine Überweisung zu einem Psychiater besorgt: „Den Termin hätte ich in 16 Wochen bekommen.“ Darauf habe er vier weitere Fachärzte kontaktiert: „Die hatten alle keinen Termin.“