Wanzenfund „seit wenigen Tagen“ bekannt

Rund um die im Büro von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) gefundenen Wanzen gibt es verschiedene Angaben zum Zeitpunkt des Fundes. Ein Ermittlungsverfahren ist ebenfalls noch nicht eingeleitet.

Es laufe diesbezüglich kein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Wien, sagte Sprecherin Nina Bussek am Freitag auf Anfrage von wien.ORF.at, da bisher keine Anzeige bei der Polizei erstattet wurde und es auch noch keinen Polizeibericht gebe.

Missverständnis bei Fund-Zeitpunkt?

Laut Angaben aus dem Verteidigungsministerium sind die Wanzen in der zweiten Jännerwoche gefunden worden. In einem von „Falter“-Chefredakteur Florian Klenk veröffentlichten internen Mail des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) heißt es hingegen, dass bereits am 19. Dezember eine „Lauschabwehr“ im Strache-Büro stattgefunden habe. „Dort wurden tatsächlich am 19.12. Wanzen gefunden“, heißt es in der Mail.

Das Verteidigungsministerium beharrt allerdings darauf, dass der Fund erst in der zweiten Jännerwoche erfolgte. Der Sprecher von Minister Mario Kunasek (FPÖ) hält ein Missverständnis für möglich. Demnach fand am 19. Dezember nämlich eine Begehung des Büros statt, die „Lauschabwehr“ inklusive Wanzen-Fund aber erst nach den Weihnachtsfeiertagen und dem Jahreswechsel.

Mann mit Kopfhörern

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Vizekanzler Strache wurde offenbar abgehört

Mehrere Unklarheiten

Weiterhin unklar ist, wie lange die verdächtige Verkabelung bereits im Büro Straches angebracht war und ob der „Vormieter“ des Vizekanzlers, Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) von etwaigen Abhörmaßnahmen betroffen gewesen sein könnte. Er wurde nach Angaben der SPÖ offiziell nie über den verdächtigen Fund in seinem früheren Büro informiert. Er will nun „parlamentarische Anfragen an den Innen- und den Verteidigungsminister zu den angeblichen Abhörversuchen und dem angeblichen Einbruch im Büro des Vizekanzlers einbringen“, sagt Drozda im Interview mit der Tageszeitung „Der Standard“.

Unklar ist aber auch, ob und wann der für die Ermittlungen in solchen Fällen zuständige Verfassungsschutz informiert wurde. In der internen Email des BVT vom Donnerstag ist nämlich die Rede davon, dass der Leiter des zuständigen Wiener Landesamts für Verfassungsschutz, Erich Zwettler, „heute vor wenigen Minuten“ über Lauschabwehr und Wanzen-Fund informiert wurde - also erst nach der Medienberichterstattung über den Mittwochabend erfolgten mutmaßlichen Einbruch im Strache-Büro. In diesen Berichten wurde auch der Wanzen-Fund öffentlich gemacht - mehr dazu in Einbruch und Abhörwanzen in Strache-Büro.

„Kein Zusammenhang mit Causa Landbauer“

Seitens der Wiener Polizei wird nur bestätigt, dass der Fall „seit wenigen Tagen“ polizeilich bekannt ist. Für die Anzeige beim Verfassungsschutz zuständig war aus Sicht des Verteidigungsministeriums das Vizekanzleramt. Straches Sprecher konnte am Freitag allerdings nicht sagen, wann die Anzeige erfolgte.

Dass der Zeitpunkt der Veröffentlichung der Causa am Donnerstag mit Bedacht auf die Negativschlagzeilen rund um Udo Landbauer, den FPÖ-Spitzenkandidaten bei der niederösterreichischen Landtagswahl am Sonntag, gewählt wurde, wies der Sprecher zurück: „Den Einbruch haben wir nicht kurz vor der Landtagswahl bestellt, der war tatsächlich“ - mehr dazu in NS-Liederbuch: Ermittlungsverfahren eingeleitet (noe.ORF.at).

Freiwillige Überprüfungen von Ministerien

Vizekanzler Strache ließ die „Lauschabwehr“ in seinem Büro vom Heeresabwehramt durchführen. Laut Verteidigungsministerium hat der Heeresgeheimdienst auch das eigene Ministerbüro sowie das Kabinett eines weiteren Ministeriums überprüft. Aus dem Kanzleramt hieß es dazu, dass nach der Amtsübergabe von Christian Kern (SPÖ) an Sebastian Kurz (ÖVP) eine Überprüfung stattgefunden habe - und zwar durch das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Gefunden wurde nichts Verdächtiges.

Vorgaben zu einer systematischen Sicherheits-Überprüfung von Ministerbüros gibt es offenbar in der Regierung nicht. Nach Angaben des Innenministeriums bietet das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) den Regierungsmitgliedern entsprechende Beratung und technische Überprüfungen an. Die Inanspruchnahme ist aber freiwillig.

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