Gründerzeithäuser: Viele Last-Minute-Abrisse

Ab Juli muss der Abriss aller Häuser, die vor 1945 errichtet wurden, bewilligt werden - auch wenn sie nicht in einer Schutzzone stehen. Das bringt Eigentümer unter Zugzwang, laut Stadt sind derzeit besonders viele Abrisse geplant.

Feuerwehreinsatz für einen Abrisszaun in der Erdberger Radetzkystraße: Die Einsatzkräfte müssen ausrücken, um ein Auto umzuparken, das den Bauarbeitern im Weg steht. Das Haus soll abgerissen werden, wie auch die Mieter berichten: „Dieses Haus ist 170 Jahre alt. Es wurde in den letzten Jahren mehrfach verkauft, es sind Mieter zum Auszug bewogen worden. Jetzt sind noch neun unbefristete und zwei befristete Mietverträge drinnen“, schildert Andreas Vesely, einer der Mieter, im „Wien heute“-Interview.

Abrisse

ORF

Das Haus in der Radetzkystraße soll abgerissen werden

Der Hauseigentümer war für den ORF nicht erreichbar, den Arbeiten geht ein jahrelanger Rechtsstreit voraus. Auch auf der Wieden sorgt ein geplanter Abriss derzeit für Schlagzeilen und für Protest: Mit Schildern demonstrieren die Grünen gegen den kolportierten Abriss des Hauses, in dem sich auch das Restaurant „Sperl“ befindet. Das Traditionsgasthaus soll einem mehrstöckigen Wohnbau weichen, heißt es. Prominentes Beispiel, wie schnell so ein Abriss dann dennoch manchmal gehen kann, war vor wenigen Monaten das „Landhaus“ in Ottakring - mehr dazu in Empörung nach Gasthaus-Abriss.

„Wettlauf gegen die Zeit“

Die Projekte dürften keine Einzelfälle sein. „Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Aktuell sind sehr viele Abrisse von wunderschönen historischen Häusern geplant“, so Planungsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne). Denn die Stadtregierung hat per Initiativantrag einen Teil der Novelle der Bauordnung vorgezogen. Damit braucht ab Juli jeder, der ein Gründerzeithaus abreißen will, eine Genehmigung - mehr dazu in Novelle: Mehr Schutz für alte Häuser.

Abrisse

ORF

Die Grünen protestieren gegen den kolportierten Abriss des „Sperl“

„Wir wollen ganz einfach Immobilienspekulanten einen Riegel vorschieben, die mit Abbrüchen viel Geld verdienen wollen“, so Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal (SPÖ). Auch bei bereits laufenden Projekten werde man hart durchgreifen, wird versprochen. „Mieter, die hier noch teilweise drin sind, sind natürlich zu schützen. Also, es können keine bewohnten Objekte abgebrochen werden. Es muss auch ein Baugrubensicherungskonzept vorliegen, man muss schauen, wie die Nachbarhäuser gesichert werden“, erklärte Gerhard Cech von der Baupolizei.

Restaurant Sperl

ORF/Florian Kobler

„Sperl“-Abriss hat begonnen

Für das Restaurant „Sperl“ auf der Wieden kommt das wohl zu spät: Dort wurde offenbar am Samstagvormittag mit den Abbrucharbeiten begonnen, das Dach wurde abgedeckt. Auch rund um das Gebäude wird für den Abriss geplant: Halteverbotsschilder in der Karolinengasse gelten ab 26. Juni.

Link: