Kunsthalle wird zum „Salon der Angst“

Ein enger Raum, mit Schreck erfüllte Menschen und das Bild eines Halbtoten: Die erste große Ausstellung in der Kunsthalle unter der Leitung von Nicolaus Schafhausen lädt in den „Salon der Angst“. Zu sehen gibt es die Werke von 44 Künstlern.

„Viele Werke setzen sich nicht auf den ersten Blick mit Angst auseinander“, stellte Schafhausen am Donnerstagvormittag bei der Vorstellung der 44 Künstler umfassenden Gruppenausstellung klar. Vielmehr gehe es ihm und Kokuratorin Catherine Hug auch um das „diffuse Gefühl der Unsicherheit und Bedrohung“ sowie die „kulturelle Prägung individueller wie kollektiver Angsterlebnisse“.

Gerard Byrne, 1984 and Beyond, 2005-2007 (Still aus der 1. Szene)

Gerard Byrne, Courtesy Gerard Byrne und Lisson Gallery, London

Gerard Byrne, 1984 and Beyond, 2005-2007

Margret Thatchers Rede zum Falkland-Krieg

Besonders wichtig ist es Schafhausen, in der Gruppenausstellung keine einzelnen Künstler hervorzuheben. Und so muss man zunächst auch einmal nach den Urhebern des akustischen Grundrauschens suchen, das den Besucher im ersten Stock umfängt. Diese sind Willem de Rooij und Jane Ostermann-Petersen mit ihrer Videoarbeit „Leigh Valentine“, in der die amerikanische Predigerin der christlichen Erweckungsbewegung „Resurrection Power“ prominent zu Wort kommt.

TV-Hinweis:
Der „Kultur.montag“ gibt am 9. September ab 22.30 Uhr in ORF2 Einblicke in den „Salon der Angst“.

Das Video wird alternierend zu Mark Wallingers „In the Sleep of Reason“ an die Wand projiziert, in dem Margret Thatcher bei ihrer Rede während des Falkland-Krieges 1982 stets nur mit geschlossenen Augen zu sehen ist, während aus den Boxen ihre Rede dröhnt. Beide Videos strahlen subtile Bedrohung aus, die Angst entsteht im Kopf des Betrachters.

Cameron Jamie, Front Lawn Funerals and Cemeteries, 1984–fortlaufend

Cameron Jamie und Galerie Buchholz, Berlin Köln

Cameron Jamie, Front Lawn Funerals and Cemeteries, 1984 und fortlaufend

Videos, Fotos und Installationen

Sowohl der multimediale Zugang als auch die thematische Vielfalt machen „Salon der Angst“ spannend und unvorhersehbar. Während Thomas Hirschhorn in seiner Arbeit „Collage-Truth“ aus Zeitschriften geschnittene Models in Fotos von Kriegsschauplätzen montiert, setzt sich Eva Kotatkova in ihrer raumgreifenden Installation „Unsigned (Gugging)“ mit der dunklen Geschichte des heutigen „Hauses der Künstler“ in Gugging auseinander.

Äußerst intim ist wiederum die kleinformatige Fotoserie „Nights“ von Agnes Geoffray, die mit einer Infrarotkamera nächtliche Szenen fotografiert, die schreckerfüllte Menschen zeigen.

Allan Sekula, Lockheed-Martin F-16 rollout. Polish Air Force base near Poznan. July 2009, 2007–2009

Allan Sekula und Galerie Michel Rein, Paris

Allan Sekula, Lockheed-Martin F-16 rollout. Polish Air Force base near Poznan. July 2009, 2007 – 2009

Auch Kunst aus Wien zu sehen

In loser Folge begegnen dem Besucher schließlich die Arbeiten des Wiener Künstlers Marko Lulic, der sich fotografisch „Orten der Angst“ gewidmet hat und etwa „Tat-Orte“ wie den Wiener Praterstern, den Schwedenplatz und die U6-Station Handelskai passend zu Zeitungsschlagzeilen mit seinem Smartphone abgelichtet hat.

Als historische Auseinandersetzung mit dem Thema Angst finden sich in der Schau auch Ferdinand van Kessels „Ansichten aus den vier Weltteilen mit Szenen von Tieren“ aus dem 17. Jahrhundert, durch die Ängste vor dem Fremden und Unbekannten evoziert wurden.

Sendungshinweis:
Wien heute, 5. September 2013

Einen Ausstellungskatalog sucht man vergeblich, stattdessen erhält jeder Besucher ein Booklet, das einem Theaterprogramm ähnlich die wichtigsten Informationen zu allen Künstlern und Kunstwerken bietet, ohne die Werke jedoch abzubilden. Nach Abschluss der Ausstellung sowie unter Miteinbeziehung der Ergebnisse des umfangreichen Veranstaltungs- und Vermittlungsprogramms will Schafhausen eine „theoretische Publikation“ nachliefern, wie er sagte.

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