Arbeitsrechtliche Ansprüche

Nicht selten kommt es vor, dass Arbeitnehmer neben ihrem Grundgehalt arbeitsrechtliche Ansprüche haben, die ihnen gar nicht bekannt oder bewusst sind. Die sind heute das Thema in „Ganz auf Ihrer Seite“!

Gleich zu Beginn: Als Arbeitnehmer habe ich keinen Anspruch auf einen schriftlichen Arbeitsvertrag. Die Vertragspartner können den Vertrag sowohl schriftlich, als auch mündlich abschließen. So kommt es in der Praxis häufig vor, dass Arbeitnehmer gar keinen Arbeitsvertrag unterzeichnen, sondern mit ihren Arbeitgebern alles mündlich vereinbaren und das ist rechtlich jedenfalls zulässig.

Viele arbeitsrechtlichen Ansprüche, insbesondere das Mindestgehalt, die Sonderzahlungen oder der Urlaub, ergeben sich aus dem Gesetz und dem anzuwendenden Kollektivvertrag, sodass ich sie nicht gesondert in einem schriftlichen Arbeitsvertrag festhalten muss. Problematisch wird es aber dann, wenn ich Vereinbarungen treffe, die freiwilliger Natur sind, zB. ein höheres Gehalt oder eine allfällige Prämie oder Provision. Wir als Arbeiterkammer empfehlen daher, all das, was bei Vertragsabschluss vereinbart wurde, auch schriftlich festzuhalten, da es im Streitfall sonst zu einem Beweisproblem kommen kann.

Chef und Mitarbeiter

colourbox.de

Dienstzettel ist Pflicht

Als Arbeitnehmer habe ich zumindest den zwingenden Anspruch auf die Ausstellung eines sogenannten „Dienstzettels“. Der Dienstzettel kann zwar einen umfassenden Arbeitsvertrag nicht ersetzen, er hat aber Auskunft über die wesentlichen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis zu geben, unter anderem also über die wöchentliche Normalarbeitszeit, den anzuwendenden Kollektivvertrag, eine allfällige Probezeit und das monatliche Entgelt. Wird der Dienstzettel nicht ausgestellt, kann dieser auch eingeklagt werden.

Sendungshinweis:

„Radio Wien am Vormittag“, 26.04.2018

Aus dem Dienstzettel erfahre ich aber nicht ob ich krankenversichert bin. Der Arbeitgeber ist aber ohnehin verpflichtet, mir bei Arbeitsantritt eine Kopie der Anmeldung zur Sozialversicherung auszuhändigen. Dieser kann ich dann zumindest entnehmen, ab wann, mit welchem monatlichen Entgelt und mit welcher wöchentlichen Normalarbeitszeit ich zur Gebietskrankenkassa gemeldet wurde. Verdiene ich monatlich über der Geringfügigkeitsgrenze – das sind aktuell EUR 438,05 – bin ich kranken- pensions- unfall- und arbeitslosenversichert. Verdiene ich weniger, bin ich lediglich unfallversichert.

Kollektivvertrag und Lohnabrechnung

In Österreich sind 97% Arbeitsverhältnisse von einem Kollektivvertrag erfasst. Es sind ca 450 Stück, die für die einzelnen Arbeitnehmergruppen entsprechende Mindestlöhne und Mindestgehälter vorsehen. Außerdem hat man in vielen Branchen zusätzliche Ansprüche auf Zulagen oder Diäten, die auch nur in den jeweiligen Kollektivverträgen geregelt sind. Um in Erfahrung zu bringen, welche Ansprüche ich zusätzlich zu meinem Lohn erhalten muss, ist es notwendig zu wissen, welcher Kollektivvertrag auf mein Arbeitsverhältnis überhaupt zur Anwendung kommt. Ein solcher muss im Betrieb auch verpflichtend zur Einsicht aufliegen.

Eine übersichtliche, schriftliche Lohnabrechnung muss ebenfalls vom Arbeitgeber gewährleistet werden. Eine solche muss nachvollziehbar aufschlüsseln, woraus sich der Auszahlungsbetrag zusammensetzt, damit ich überprüfen kann, ob mir alle Überstunden, Zulagen und sonstige Ansprüche ordnungsgemäß abgerechnet wurden. Wichtig ist anzumerken, dass alle Arbeitnehmer seit 01.01.2016 endlich einen klagbaren Anspruch auf eine solche Lohnabrechnung haben. Sollte ein Arbeitgeber keine Lohnabrechnungen ausstellen, können diese auch eingeklagt werden.

Überstunden nicht ausbezahlt

Grundsätzlich empfiehlt es sich, das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen, um Unklarheiten aus der Welt zu schaffen. Ist man sich unsicher, ob man die Abrechnung richtig versteht oder alle zustehenden Ansprüche richtig berechnet wurden, können die Mitglieder gerne eine Beratung bei der AK Wien oder der zuständigen Fachgewerkschaft in Anspruch nehmen, um die Abrechnung überprüfen zu lassen.

Ganz wichtig ist dabei, von Anfang an die eigenen Arbeitszeiten in einem Kalender oder in der AK Zeitspeicher-App zu erfassen. Zwar ist der Arbeitgeber zur Führung von Arbeitszeitaufzeichnungen verpflichtet, doch empfehlen wir immer sich zusätzlich abzusichern und parallel eigene Aufzeichnungen zu führen.

ArbeitnehmerInnen können seit 01.01.2015 auch die Herausgabe der Arbeitszeitaufzeichnungen von ihrem Arbeitgeber verlangen und - falls dies nicht geschieht - auch diese einklagen.

Wichtig ist, dass man damit nicht zu lange zuwartet. Oft finden sich in den Arbeitsverträgen oder Kollektivverträgen nämlich Verfallsbestimmungen, wonach offene Ansprüche innerhalb weniger Wochen oder Monate gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht oder sogar eingeklagt werden müssen, weil sie ansonsten verfallen.

Sanktionen für Arbeitgeber

Die gibt es immer dann, wenn einem Arbeitnehmer nicht jene Ansprüche bezahlt werden, die ihm nach Gesetz, Kollektivvertrag oder Verordnung zustehen. So könnte ein Fall von Lohn- und Sozialdumping vorliegen. Dagegen besteht seit 2017 ein eigenes Bekämpfungsgesetz, das zum Teil besonders spürbare Strafen vorsieht. Ob ein Verstoß gegen das Gesetz vorliegt, das prüft im Einzelfall die Gebietskrankenkasse beziehungsweise die Finanzpolizei.

Link: