Gewalt gegen Frauen: Kritik an Polizei

Vertreter von Interventionsstellen haben sich bisher regelmäßig mit der Polizei getroffen, um sich über Betretungsverbote auszutauschen. Weil die Polizei an diesen Treffen nicht mehr teilnimmt, könnten Frauen gefährdet sein.

Der Austausch an Informationen zwischen Polizei, Justiz und Interventionsstellen sei besonders wichtig, sagte Rosa Logar, Leiterin der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie, im Ö1-Morgenjournal: „Damit das Wissen nicht bei den einzelnen Einrichtungen bleibt, sondern alle alarmiert sind. Wir sind Fachleute, die sich beratschlagen.“

Laut Logar wurden bisher Hochrisikofälle einmal pro Monat fix zwischen Polizei und Interventionsstellen besprochen: „Wo es Faktoren für eine erhöhte Gefährlichkeit gibt, weil es schon Drohungen mit dem Umbringen gibt, weil es schon wiederholte Gewalt gibt, weil es eine extreme Eifersucht gibt, das Nichtakzeptieren der Trennung. Typische Situationen, aus deren Eskalationen es zu Morden und Mordversuchen kommen kann.“

Verstärkte Streifen und Anti-Gewalt-Training

Gemeinsam mit der Polizei analysierten die Vertreterinnen der Interventionsstelle die Gewaltgeschichte. Ebenso die Frage, ob es besondere Gefährdungsmomente gibt, auf die man achten muss, und wie man die Gesundheit der Betroffenen bestmöglich schützen kann. Dann wurden Maßnahmen gesetzt - etwa, dass die Polizei verstärkt Streife fährt, dass man versucht, den Gefährder in ein Anti-Gewalt-Training zu bekommen, dass die Justiz über Gefährlichkeitsfaktoren informiert wird.

Bedarf bei Schutz für gefährdete Frauen

2018 wurden bereits 16 Frauen und Mädchen durch Beziehungstaten ermordet. Beim Schutz gefährdeter Personen gibt es Nachholbedarf.

In Österreich sind heuer 16 Frauen und Mädchen bei Beziehungstaten oder Taten im Umfeld der Familie ermordet worden, im gesamten Vorjahr waren es 24 solcher Morde an Frauen. Fast 9.000 Männern wurde im Vorjahr durch Betretungsverbote untersagt, sich ihren Ex-Partnerinnen zu nähern.

Dass die Polizei die Treffen mit den Interventionsstellen nicht mehr abhält, bringt Frauen in Gefahr, sagte Gabriele Heinisch-Hosek, Frauensprecherin der SPÖ, im Ö1-Morgenjournal: „Wenn die Interventionsstellen mit der Polizei in gutem Einvernehmen sind und etwa die Täter nicht mehr ins Umfeld lassen, dann kann man eventuell einen Mord verhindern. Wenn es das nicht mehr gibt, sind die Frauen ungeschützt, und dann kann das Schlimmste passieren.“

Polizei: Andere Opferschutzmaßnahmen

Bei der Wiener Polizei bestätigte man, dass das Projekt eingestellt worden ist. Es sei evaluiert worden, der Mehrwert sei im Vergleich zu anderen Projekten nicht erkennbar, es werde aber weiter anlassbezogene Treffen und andere Opferschutzmaßnahmen geben.

Kritik an der Einstellung des Projekts, das laut Ö1 in Wien, Niederösterreich und Tirol lief, gab es auch von NEOS und der Liste Pilz. NEOS-Frauensprecherin Claudia Gamon sprach von Kurzsichtigkeit und Verantwortungslosigkeit des Innenministeriums, ein effektiver Schutz von Frauen in Hochrisiko-Fällen sei weiterhin dringend notwendig. „Das wird unmittelbare Auswirkungen haben“, befürchtete auch Maria Stern, Frauensprecherin der Liste Pilz. „Durch die Einstellung des regelmäßigen Austausches über Hochrisikofälle ist zu befürchten, dass die ohnehin steigende Zahl der Morde an Frauen weiter in die Höhe schnellen wird.“

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