Doppelstaatsbürger: Wien beendet Verfahren

Wien will nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs zu österreichisch-türkischen Staatsbürgerschaften „rasch“ die nötigen Schritte einleiten, um „ähnlich gelagerte“ Verfahren für die Betroffenen positiv zu beenden.

Das teilte der zuständige Stadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) am Dienstag mit. Die Betroffenen werden in den kommenden Wochen von der zuständigen MA 35 über die Beendigung informiert, heißt es. „Der Verfasungsgerichtshof hat klargestellt, dass die Liste kein taugliches Beweismittel ist und insofern wird Wien im Sinne dieses Erkenntnisses vorgehen und die laufenden Verfahren beenden. Das betrifft die Verfahren, in denen die von der FPÖ vermittelte Liste das einzige Beweismittel ist“, sagt Czernohorsky gegenüber Radio Wien.

Das sei rechtsstaatlich die einzige richtige Option, die man hier nehmen könne, so der SPÖ-Politiker. Zur VfGH-Entscheidung sagt der Bildungsstadtrat weiters: „Das ist mir auch sehr wichtig, dass der VfGH in einer sehr, sehr belastenden Situation für alle rasch vorgegangen ist und auch sehr rasch entschieden hat, auch damit wir Rechtssicherheit haben in den Bundesländern, die das zu vollziehen haben.“

34 aberkannte Staatsbürgerschaften in Wien bisher

Angesprochen auf die FPÖ, die in Sachen türkische Doppelstaatsbürger weiterhin nicht nachgeben will, betont Czernohorsky: „Unabhängig von einer politischen Meinung muss Rechtsstaat Rechtsstaat bleiben. Es zeugt von einem sehr schlechten Politikverständnis, wenn man da jetzt eine Erkenntnisc des Höchstgerichts anzweifelt.“ Das Thema Doppelstaatsbürgerschaften sei nicht generell vom Tisch, sehr wohl aber die Causa FPÖ-Liste. Die habe der VfGH beendet.

Insgesamt sind bzw. waren in Wien rund 18.000 Fälle anhängig. In 34 Fällen in Wien ist die Doppelstaatsbürgerschaft aberkannt worden. Anlass dieser Überprüfungsverfahren war eine Liste mit circa 100.000 Namen, die der FPÖ angeblich anonym zugespielt wurde. Die Herkunft des umfangreichen Verzeichnisses ist unklar. Angeblich handelt es sich um eine „Wählerevidenzliste“ für die türkischen Wahlen im Jahr 2015.

VfGH: Verzeichnisse „nicht authentisch“

Österreichweit hat die Überprüfung der österreichisch-türkischen Doppelstaatsbürgerschaften mindestens 85 türkischstämmige Österreicher den österreichischen Pass gekostet. In einem Fall entschied nun der Verfassungsgerichtshof (VfGH) zugunsten eines Betroffenen, dem der Entzug seines Passes gedroht hätte.

Der Wiener hatte geklagt, weil er aufgrund fehlender Dokumente nicht nachweisen konnte, kein illegaler Doppelstaatsbürger zu sein. Die Behörden gingen offenbar davon aus, dass er sich nach seiner Einbürgerung in Österreich verbotenerweise wieder in der Türkei habe einbürgern lassen. Der Mann ließ sich bereits vor 40 Jahren in Österreich nieder und besitzt seit 1996 den österreichischen Pass - mehr dazu in VfGH stoppt Ausbürgerung (news.ORF.at).

Der Verfassungsgerichtshof hat im Fall des Austrotürken unter anderem festgehalten, dass es nur eine Vermutung sei, dass der Inhalt eines verwendeten Verzeichnisses eine tatsächliche Wählerevidenzliste wiedergebe. Der Datensatz sei nicht authentisch und hinsichtlich seiner Herkunft und des Zeitpunktes seiner Entstehung nicht zuordenbar und könne daher kein taugliches Beweismittel darstellen - mehr dazu in 162 mögliche Doppelstaatsbürger in Wien.