Belvedere: Barocke Meister treffen auf Moderne

Barock trifft Moderne: Das Belvedere zeigt ab Mittwoch in der Ausstellung „Barock since 1630“ Klassiker der österreichischen Barockmalerei- und Bildhauerei neben Oskar Kokoschka oder Arnulf Rainer.

„Das Besondere an der Ausstellung ist, dass wir barocken Arbeiten Kunst aus späteren Jahrhunderten beigestellt haben“, sagte Georg Lechner, einer der beiden Kuratoren der Belvedere-Ausstellung, gegenüber wien.ORF.at. Punktuell sind neben Barockmeistern wie Franz Anton Maulbertsch Arbeiten moderner Künstler wie Arnulf Rainers überzeichneter Fotografie „Profil mit Doppelhals“ (1975/76) zu finden.

Diese sollen die verschiedenen Aspekte im Umgang mit barocker Kunst, die von der Imitation über die Inspiration bis hin zur Paraphrase reichen, veranschaulichen. „Dabei werden die Arbeiten nicht plakativ miteinander konfrontiert, sondern vielmehr der entwicklungsgeschichtliche Charakter hervorgehoben“, so Lechner.

Fotogalerie zur Barock-Ausstellung im Belvedere:

Bogen spannen zwischen 17. und 21. Jahrhundert

Zusammen mit Alexander Klee kuratierte Lechner die Ausstellung „Barock since 1630“ im Unteren Belvedere, die rund 100 Gemälde und Skulpturen vom 17. bis zum 21. Jahrhundert umfasst. Thematisch in sieben große Bereiche gegliedert, zeigt die Ausstellung von der für den Barock vorherrschenden Sakralkunst auch Körperdarstellungen oder Stillleben zum Thema Schönheit und Tod. „Himmel“ heißt eine anderer Bereich, wo sich anhand von illusionistischen Deckenfresken verschiedenen Himmelsphänomenen angenähert wird.

Pastorale- und Gewitterlandschaften

Aber auch Landschaftsgemälde, insbesondere pastorale Landschaften oder Gewitterlandschaften sind unter den gezeigten Werken. Entgegen ihres Namens haben pastorale Landschaften nichts mit kirchlichen Darstellungen zu tun, sondern sind idyllische Landschaftsgemälde mit Schäfern, Kühen oder Reitern. Warme Farbtöne dominieren diese Szenen.

Weniger idyllisch ging es auf den Gewitterlandschaften zu, die bereits vor dem 17. Jahrhundert gemalt wurden. Das von Anton Faistenberger gezeigte Beispiel (nach 1700) ist ein düsterer, mystisch anmutender Ausschnitt nach einem Unwetter, bei dem das Licht sich gerade wieder durch dunkle Wolken kämpft. Faistenberger beschäftigte vor allem das heroische Wesen, das der Natur innewohnt.

Martin Johann Schmidt
Venus und Amor
1788

Belvedere Wien

Martin Johann Schmidt: „Venus und Amor“ (1788)

Davon ist auch Lechner überzeugt: „Es geht nicht mehr darum, die Natur in ihrer einladenden Schönheit zu zeigen, sondern die rohe Naturgewalt. Diese Bilder sollten Angst machen“. Daran direkt angeknüpft hat Caroline Heider (geb. 1978) mit ihrer schwarzweißen Fotoserie „Oh, ein Phänomen“, bei dem sie düstere Landschaftsaufnahmen nach dem Entwickeln gefaltet und wieder entfaltet hat.

Image des Barock wandelte sich erst spät

Lange Zeit haftete dem Begriff Barock ein abwertendes Image an, er wurde als schwülstig und überladen empfunden. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte mit dem Anknüpfen an und Kopieren von früheren Formensprachen eine verbreitete Akzeptanz des Barock als Stilform ein.

So wurde beispielsweise die barocke Theatralik insbesondere von der Architektur des Historismus aufgegriffen. Kurz nach 1900 spürte die junge Malergeneration rund um Oskar Kokoschka den expressiven Charakter barocker Kunst auf, und auch die Künstler der Nachkriegszeit definierten sich mit ihren expressiven Kompositionen über die barocke Formensprache.

Sakralkunst „auf Augenhöhe“

Neben Gemälden, sind es vor allem sakrale Skulpturen, welche die Ausstellung räumlich erweitern. Denn für die Maler und Bildhauer des Barock war die Ausstattung von Kirchen und Klöstern eine zentrale Aufgabe.

Ausstellungshinweis:

„Barock since 1630“, Unteres Belvedere, 27. Februar bis 9. Juni, Täglich 10.00 bis 18.00 Uhr, Mittwoch 10.00 bis 21.00 Uhr

Sendungshinweis

„Wien heute“, 27. Februar 2013

Zwei Skulpturen stammen etwa von Giovanni Giugliani, einem der wichtigsten Vertreter des italienischen Spätbarocks in Wien. „Heiliger Sebastian“ und „Heiliger Rochus“ (jeweils 18. Jahrhundert) heißen die beiden Figuren aus Lindenholz, die einst einen Kirchenaltar schmückten. „Normal stehen solche Figuren auf einer Höhe von mindestens drei Metern, damit sie von allen gesehen werden. Wir wollen die Sakralkunst auf Augenhöhe herunter holen“, so Lechner.

Franz Xaver Messerschmidt, einer der bedeutendsten Bildhauer der Aufklärung, verstand es hingegen mehr, realitätsnahe, bissige Köpfe festzuhalten. Davon zeugen in der Ausstellung einige seiner historischen Gipsabgüsse der „Charakterköpfe“.

Belvedere würdigt Bauherrn im Herbst

„Barock since 1630“ eröffnet das barocke Ausstellungsjahr im Belvedere. Im Herbst würdigt man anlässlich seines 350. Geburtstags Eugen von Savoyen, den Bauherrn des Hauses, mit jeweils einem Ausstellungsprojekt im Oberen Belvedere und im neu eröffneten barocken Winterpalais in der Himmelpfortgasse.

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