Bombardier bastelt an neuer Bim

Die Niederflur-Straßenbahnen ULF in Wien hat Siemens gebaut. Ende 2015 wird eine neue Tranche gebraucht. Der Millionen-Auftrag könnte auch ausgeschrieben werden. Bombardier bastelt bereits an einer kostengünstigeren Niederflur-Bim.

2004 haben die Wiener Linien bei Siemens 150 Niederflur-Straßenbahnen (ULF) bestellt - mit der vertraglichen Option auf weitere 150 Züge. Dabei geht es um einen Riesen-Auftrag von mehreren Hundert Millionen Euro. Die Konkurrenz wittert offenbar schon ihre Chance. So arbeitet Bombardier an einer Niederflur-Lösung, die die Stadt wesentlich billiger als der ULF kommen soll. Vor allem bei den Wartungskosten sollen die Wiener Linien in 30 Jahren rund 300 Millionen Euro einsparen können , wie aus einem internen Unternehmenspapier hervorgeht.

Bombardier-Bims fahren auch in Toronto und Linz

Offiziell hält man sich bei Bombardier einigermaßen bedeckt. Generell würden sich die 700 Mitarbeiter „sehr freuen, wenn sie eine für die Stadt Wien maßgeschneiderte Straßenbahn ins Rennen um die Neubeschaffung schicken könnten“, heißt es in einem schriftlichen Statement. Kein Wunder: Immerhin beziffern die Wiener Linien die Kosten einer Niederflur-Tramway mit rund drei Millionen Euro. Macht bei 150 Fahrzeugen insgesamt 450 Millionen Euro plus diverser Zusatzkosten.

Dass man für Wien ein Konzept entwickle, wurde bestätigt, Details dazu aber nicht genannt. Man wies lediglich darauf hin, dass sich Bombardier-Bims - sie fahren etwa in Toronto, Marseille, Manchester oder Linz - durch hohen Fahrkomfort, niedrigen Energieverbrauch, Zuverlässigkeit und attraktive Wartungskosten auszeichnen würden.

Die Straßenbahn-Typen im Vergleich

Deutlich konkreter geben die 24 Seiten umfassenden internen Präsentationsunterlagen Auskunft. Vorgestellt werden im Prinzip zwei Zugtypen der im Werk in Wien-Donaustadt gefertigten Bim-Marke „Flexity“, von der Bombardier laut eigenen Angaben weltweit bereits 1.236 Züge verkauft hat.

Die Wiener Variante mit einer Einstiegshöhe von 20 Zentimetern (ULF: 19 Zentimeter) sieht auf den zahlreichen Visualisierungen dem Porsche-Design der Siemens-ULFs zum Verwechseln ähnlich. Das kürzere Modell misst knapp 34 Meter und umfasst 145 Steh- und 66 Sitzplätze. Die Langversion (45,5 Meter) fasst sogar 198 Steh- und 89 Sitzplätze. Zum Vergleich: Der Kurz-ULF bietet derzeit knapp 140 Passagieren, die längere Variante etwas mehr als 200 Personen Platz.

Ulf

Wiener Linien

Derzeit beherrscht das Siemens-Modell ULF Wiens Straßenbild

Pro Kilometer 90 Cent sparen?

Neben allerlei Ausstattungs- und Technikdetails geht das Bombardier-Konzept auch auf den finanziellen Aspekt ein. Vor allem mit niedrigen Wartungskosten will man offenbar punkten. Laut interner Kostenanalyse würden die Wiener Linien hier pro Kilometer 90 Cent gegenüber dem ULF einsparen. Bei angenommenen 170 Langfahrzeugen - dem Vernehmen nach soll der nächste Niederflur-Auftrag 150 bis 180 Züge umfassen - und einem Durchrechnungszeitraum von 30 Jahren brächte das „Flexity“-Modell den Verkehrsbetrieben demnach 321,3 Mio. Euro an Einsparungen, so die Bombardier-Rechnung.

Argumentiert wird dies etwa mit weniger Verschleiß, besserer Verfügbarkeit von Komponenten dank großer Flotte und geringeren Stehzeiten.

Kontrollamt rügte ULF-Ausfälle

Tatsächlich hatte das Kontrollamt die Wiener Linien wegen des hohen Wartungsbedarfs und der damit verbundenen hohen Ausfallquote der jetzigen Niederflur-Bims gerügt. Die Prüfer hielten in dem im Mai 2012 veröffentlichten Bericht fest, dass beispielsweise 2009 durchschnittlich ein Viertel der ULF-Züge in der Werkstatt stand und daher für den Fahrbetrieb nicht einsatzbereit war - mehr dazu in Viele Niederflurstraßenbahnen außer Gefecht. Bombardier zufolge schafft die „Flexity“-Bim indes mehr als 95 Prozent Einsatzquote.

ULF: Weltweit niedrigste Einstiegshöhe

Niederflur-Straßenbahnen gibt es in Wien seit gut eineinhalb Jahrzehnten. Seit 1997 rattert der ULF - die Abkürzung steht für „Ultra Low Floor“ - durch die Stadt. Siemens hatte den vorausgegangenen Auftrag für die ersten 150 Züge erhalten, weil das Wiener Werk u.a. mit der weltweit niedrigsten Einstiegshöhe von nur 19 Zentimetern punkten konnte. Sieben Jahre später sicherte sich der Technologiekonzern den Folgeauftrag um 357 Mio. Euro. Dieser umfasst 150 weitere Garnituren - davon sind derzeit noch 43 ausständig - und eine Option auf eine dritte, noch einmal 150 Bims umfassende Lieferung.

Ob die Wiener Linien von dieser Option Gebrauch machen werden, soll sich gegen Jahresende entscheiden, so ein Sprecher. Genaueres wollte er nicht sagen - nur soviel: „Wir haben mehrere Möglichkeiten vorzugehen.“ Bombardier und Wiener Linien kooperieren übrigens seit Jahren - wenn auch nicht in Sachen Bim. Der Zughersteller liefert seit Jahren die Fahrzeuge für die U-Bahnlinie U6.

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