ImPulsTanz ohne Sommerloch

Als „Geschenk an Wien“ bezeichnet Intendant Karl Regensburger das „ImPulsTanz“-Festival. Im Gespräch mit wien.ORF.at erzählt er von Chancen des größten zeitgenössischen Tanzfestivals Europas und warum ein Tango noch Niemandem geschadet hat.

Von Bach bis Schönberg, von der Oper bis zur Clubkultur, von den großen Spielstätten bis in verzweigte Labyrinthe: Das ImPulsTanz-Festival bringt ab 11. Juli in seiner 30. Ausgabe die neuesten Werke des zeitgenössischen Tanzes nach Wien - mehr dazu in ImPulsTanz feiert 30. Jubiläum. Zu diesem Anlass bat wien.ORF.at Indentant Karl Regensburger zum Interview.

wien.ORF.at: Heuer feiert das ImPulsTanz-Festival seinen 30. Geburtstag. Wie wird gefeiert?

Karl Regensburger: Das Programm ist, denke ich, überwältigend. Wir haben fast 60 Produktionen in 14 Spielstätten, wir haben große und junge Ensembles in Wien und ein Augenmerk auf österreichische Choreografie gelegt. Derzeit sind 220 Workshops angesetzt. Es läuft wirklich gut, wir liegen besser als im Vorjahr und müssen schon Zusatzkurse anbieten. Es besteht eine große Vorfreude auf das Festival, beim Publikum, in der Organisation und bei den Künstlern.

Karl Regensburger

Nikolaus Similache

wien.ORF.at: Im Vorjahr wurde öffentlich aufgrund von zu wenig Förderungen über das Ende des Festivals diskutiert. Hat sich die finanzielle Situation inzwischen verbessert?

Regensburger: Die Förderungen sind noch nicht das Gelbe vom Ei, aber wir sind auch nicht blind. Wir wissen, dass es Budgetnöte gibt und daher müssen wir auch dankend sagen, dass sowohl das Kulturamt der Stadt Wien und hoffentlich auch das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, da sind wir noch in Verhandlung, auf unsere reduzierten Anforderungen eingegangen sind und eingehen.

Das Festival ist mit einer Größenordnung von über fünf Millionen Euro nicht einfach zu stemmen. Finanziell ist es immer eine Gratwanderung und ein Auf und Ab. Natürlich hoffe ich auch heuer auf einen guten Besuch, normalerweise haben wir eine Auslastung zwischen 97 und 99 Prozent. 100 Prozent erreicht man ja nie.

wien.ORF.at: Welches Publikum erreichen Sie mit ImPulsTanz?

Regensburger: Wir haben ein ähnliches Publikum wie die Wiener Festwochen oder das Burgtheater. Vielleicht ein bisschen stärker im jüngeren Segment. Unser Publikum ist zwischen 20 und 70 Jahre alt, es gibt auch sehr treue Kunden, die heuer mit uns mitfeiern können.

wien.ORF.at: Wie kamen Sie auf die Idee, in Wien ein Tanzfestival zu veranstalten?

Regensburger: Ich habe neben meiner Dissertation in einem Tanzstudio zu arbeiten begonnen und dabei die Bedürfnisse der lokalen Szene erahnt. Schon Anfang der 1980er haben wir Workshop-Reihen angeboten, 1988 folgten die Performances. Aus dem heraus hat sich ein Festival entwickelt, das kontinuierlich gewachsen ist.

wien.ORF.at: Sind Sie selbst ein Tänzer?

Regensburger: Ich selbst tanze nicht, da ich mir die Objektivität bewahren will. Ich glaube, ich bin bewegungsmäßig nicht untalentiert, aber ich habe nicht das Bedürfnis, mich tänzerisch auszudrücken. Vielleicht bin ich auch zu schüchtern. Zuschauen möchte ich schon, das ist etwas anderes.

wien.ORF.at: Was halten Sie von traditionellen Tänzen wie Walzer und Co?

Regensburger: Gesellschaftstänze können durchaus kommunikationsfördernd sein und ich finde das sehr schön. Bei Tanz-Weltmeisterschaften habe ich allerdings Verdachtsmomente, vor allem bei den südamerikanischen Tänzen, dass es schon in Richtung Artistik und Zirkus geht. Aber ein guter Tango hat noch Niemanden geschadet.

wien.ORF.at: Wie findet man sich im umfangreichen Festivalangebot zurecht?

Regensburger: Wir haben eine neue und übersichtliche Homepage mit einem guten Leitsystem. Zusätzlich bieten wir einen Katalog mit 70 Anfängerworkshops an, der sehr genau erläutert, was in den Kursen angestrebt wird. In Kürze folgt auch ein Katalog mit dem Performanceprogramm.

wien.ORF.at: Welches Programm können Sie dem breiten Publikum ans Herz legen?

Regensburger: Im Programm geht es nicht nur ums Tanzen, sondern auch sehr stark um das Körperbewusstsein. Yoga, Bewegung, Pilates - das könnte auch für den Otto Normalverbraucher interessant sein. Es gibt Kinderkurse, aber auch „Golden Age“-Kurse für über 55-Jährige. So viele Menschen haben Probleme mit ihrem Rücken, daher denke ich, dass man sich über diese Kurse drüber trauen soll.

Karl Regensburger

Nikolaus Similache

wien.ORF.at: Welche Höhepunkte bietet das Festival bei den Performances?

Regensburger: Akram Khan, ein Choreograf aus Großbritannien, wird ein Solo im Burgtheater zeigen. Er bringt mit seiner Company sein neues Stück “in the mind of igor” mit. Außerdem wird Doris Uhlrich mit 20 Tänzern das Fleisch fliegen lassen. Silke Grabinger hat sich als Versuchsperson fünf verschiedenen Choreografen ausgeliefert und wird fünf kurze Stücke hintereinander darbieten. Keiner der Choreografen weiß, was der andere vorbereitet hat.

Akram Khan

Solo „Desh“, 16. und 18. Juli, Burgtheater. „iTMOi“, 20. und 22. Juli, MuseumsQuartier, Halle E.

Philipp Gehmacher kommt mit sechs „Speech Acts“, da wird also über Tanz gesprochen, ins Burgtheater. Es gibt viele interessante Produktionen. Ein Geheimtipp von meiner Seite wäre vielleicht William Kentridge aus Süfdafrika mit seiner Produktion „The Refusal of Time“ im Wiener Volkstheater.

wien.ORF.at: Welchen Geburtstagswunsch haben Sie?

Regensburger: Ich wünsche mir eine Budgetsituation, die es etwas leichter macht. Ansonsten sind meine Wünsche eher allgemeiner Natur. Natürlich hoffe ich, dass es uns besser als den Festwochen und dem Sommernachtskonzert in Schönbrunn geht und die Eröffnung am 9. Juli im MuseumsQuartier nicht verregnet ist.

wien.ORF.at: Sie meinten kürzlich, das ImPulsTanz-Festival sei ein Gegenangebot zu Salzburg und Bregenz?

Regensburger: Das berühmte Sommerloch, das man so gern zitiert, das gibt es in Wien gar nicht. Wir bespielen 14 Theater und sind das größte Festival des zeitgenössischen Tanzes in Europa. Wenn Wien das mehr hervorheben würde, dann wäre es ein positives Gegengewicht zu den Salzburger Festspielen oder zu Bregenz. Das Festival ist ein Geschenk an die Wienerinnen und Wiener. Sie sind dem Festival auch sehr aufgeschlossen. Es reisen ja Leute aus 100 Nationen an. Man spürt sehr viel Freude, dass es wieder passiert.

Das Interview führte Florian Kobler, wien.ORF.at

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