Geschäft mit dem „Kaugummiteppich“

Ausgespuckte Kaugummis auf den Straßen werden von der Stadt Wien nicht als Problem bezeichnet. Immer mehr Unternehmer sehen das anders und beauftragen Experten, die den klebrigen Fleckerlteppich vor ihren Geschäften entfernen.

Rund 500.000 Kaugummis entfernt die Wiener Reinigungsfirma „Blitzblank“ jährlich in Wien. „Die Kunden sind Betreiber öffentlicher Verkehrsmittel, öffentlicher Verkehrsflächen, Einkaufszentren und Handelsbetriebe. Die Nachfrage ist stabil mit leichten Aufwärtstendenzen“, sagte Geschäftsführer Mario Reichel gegenüber wien.ORF.at.

„Die Nachfrage nach Kaugummi-Entfernung wird sicher steigen“, sagt Stephan Hofstetter. Mit seiner Firma „Kaugummikiller“ ist er unter anderem auf der Mariahilfer Straße im Einsatz, um Geschäftseingänge von Kaugummis zu befreien. Hofstetter: „Damit der Kunde auf einem sauberen Boden geht und sich auf die Schaufenster konzentrieren kann.“

Kaugummis vor einem Geschäftseingang

Hofstetter

Besonders vor Geschäftseingängen werden Kaugummis gerne liegengelassen

Kaugummis? Kein Problem!

Die meisten privaten Geschäftsbetreiber wollen aber noch kein Geld dafür in die Hand nehmen. Laut Hofstetter sind sie der Meinung, dass die öffentliche Hand für die Entfernung zuständig sei und auch bezahlen soll. „Von öffentlicher Seite werden Kaugummis aber nicht als großes Problem wahrgenommen“, so Hofstetter.

Das bestätigt Ulrike Volk von der MA 48: „In Wien sind Kaugummis kein großes Thema - zumindest nicht auf öffentlichem Gut. Die Wiener Bevölkerung fühlt sich von dieser Art der Verunreinigung nicht gestört.“ Im Vergleich zu anderen Städten seien in Wien Kaugummis auf den Straßen nicht so verbreitet. Volk: „Die Straßenreinigung entfernt Kaugummis daher nur marginal und zumeist händisch.“

Private Reinigungsfirmen freuen sich daher über zusätzliche Aufträge: „Problemzonen gibt es vor allem vor Eissalons, Take-Away- und Fast-Food-Restaurants. Da ist der Boden mit Kaugummis regelrecht asphaltiert“, so Hofstetter. „Die Kunden lassen die Kaugummis auf den Boden fallen, bevor sie eine Speise zu sich nehmen. Auch vor noblen Kleidungsboutiquen spucken viele ihre Kaugummis aus, um im Geschäft nicht unangenehm aufzufallen.“

Kaugummis auf Wiens Straßen

ORF/ Florian Kobler

Die MA 48 entfernt Kaugummis nur marginal und händisch

Reinigung als Sisyphusarbeit

Abseits der Geschäfte häufen sich liegen gelassene Kaugummis vor allem vor Aufzügen und Rolltreppen. Das bestätigt Wiener-Linien-Sprecherin Anna Reich: „Die Kaugummis, die auf den Bahnsteigen ausgespuckt werden, bleiben oft an den Schuhen hängen, werden weiter gezogen und verzwicken sich dann gerne bei den Rolltreppen und beim Lift.“

Für das Unternehmen sind Kaugummis ein Problem. Mit Slogans wie „Lass deinen Mist nicht zurück“ und „Rücksicht hat Vorrang“-Kampagnen soll dem entgegengetreten werden. Zusätzlich beauftragen die Wiener Linien Firmen, die in der betriebslosen Zeit die Stationen reinigen.

Dabei werden mit speziellen Klingen und Spachteln die Kaugummis - zumeist händisch - entfernt. Da meist Flecken zurückbleiben, findet zusätzlich wöchentlich eine Komplettreinigung statt, bei welcher der Boden mit Reinigungsmaschinen eingeseift und gewischt wird. Reich: „Dann ist es für kurze Zeit sauber. Und dann fangen wir wieder von vorne an.“

Dampfreiniger und Stahlbürsten

Die Kaugummi-Entfernung ist eine Wissenschaft für sich. Je nach Bodenbeschaffenheit und Verschmutzung werden unterschiedliche Verfahren angewandt. „Die Kaugummis werden entweder mittels Trockendampf und Drahtbürste, Trockeneisstrahlverfahren oder auf glatten Böden einfach mit einer Rasierklinge entfernt“, so Mario Reichel von „Blitzblank“.

„Es gibt auch Reinigungsfirmen, die ihre Mitarbeiter auf allen vieren am Boden herumkriechen lassen. Mit einer Eisspraydose werden die Kaugummis eingeeist und dann mit einer Spachtel entfernt. Danach sieht der Boden aus wie ein negativer Dalmatiner", so Hofstetter.

Andere Firmen setzen auf Maschinen, die Kaugummis mit Druck und Wasser entfernen. „Dabei werden aber manchmal auch die Fugen beschädigt und müssen neu gemacht werden“, so Hofstetter. Er selbst arbeitet mit einem Dampfreiniger. Die Kaugummis werden auf 150 Grad erhitzt, durch eine rotierende Stahldrahtbürste weggefegt und aufgesaugt.

20 Euro pro Quadratmeter

Die Kosten variieren je nach Arbeitsumfang und Reinigungsverfahren. „Entscheidend ist auch, wann die Reinigung durchgeführt wird. An den Wochenenden oder in der Nacht wird es natürlich teurer. Viele Geschäfte wollen aber natürlich einen freien Eingang zu ihren Geschäftszeiten haben und keine Kunden wegen der Reinigung verlieren“, so Hofstetter.

Der Preis pro gereinigten Quadratmeter beginnt bei drei Euro und kann bis zu 20 Euro kosten. Diese Kosten schrecken viele Geschäftsbetreiber ab. Reichel: „Offenbar werden Verschmutzungen durch Kaugummis von vielen Gebäudenutzern einfach hingenommen. Nur vereinzelt ist man bereit Geld in die Hand zu nehmen, um das optische Erscheinungsbild zu verbessern.“

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