Grüne: Einigung bei Wahlrecht - SPÖ dementiert

Eine Einigung beim Wahlrecht dürfte laut den Grünen kurz bevorstehen: Demnach einigten sich Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) und Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) auf einen Kompromiss. Die SPÖ dementiert und verweist auf Verhandlungen in der nächsten Woche.

„Es hat kürzlich Gespräche zwischen Häupl und Vassilakou gegeben und die beiden haben eine Lösung erarbeitet“, versicherte eine Sprecherin der Grünen. Über den Kurznachrichtendienst „Twitter“ bestätigt der Grüne Gemeinderat Martin Margulies die Einigung mit dem Nachsatz: „nach meinem Wissenstand“. Dieser Kompromiss müsse nun noch durch die Parteigremien, wobei der kleine Koalitionspartner den Vorschlag in einer Sitzung der sogenannten Landeskonferenz bereits angenommen habe. „Die SPÖ muss das im Vorstand am Montag noch tun“, hieß es seitens der Grünen. Und man gehe davon aus, dass sich Häupl bei den Genossen durchsetze.

SPÖ zeigt sich über Grüne verwundert

Bei der SPÖ wollte man von einer rot-grünen Lösung indes nichts wissen. „Es gibt keine Einigung“, betonte ein Sprecher der Landespartei. Es sei für Montag auch keine Sitzung des SPÖ-Vorstands oder eines anderen Gremiums anberaumt. Es werde weiter gesprochen. Auch Landesparteisekretär Georg Niedermühlbichler (SPÖ) wusste nichts von einer Einigung.

Häupls Sprecher versicherte gegenüber wien.ORF.at ebenfalls, dass es noch keine Einigung gebe: „Das entspricht nicht der Wahrheit.“ Man sei über das Vorpreschen der Grünen verwundert, weil bei diesem Thema zwischen den Parteien Stillschweigen vereinbart worden sei, so der Sprecher. Schon im Dezember waren die Grünen mit einem „Kompromissvorschlag“ an die Öffentlichkeit gegangen. Er verweist auf eine neuerliche Verhandlungsrunde zwischen Häupl und Vassilakou in der nächsten Woche.

Grüne nennen bereits Details

Bei den Grünen kommunizierte man allerdings schon Details des angeblichen Kompromisses. Für die kommende Wien-Wahl habe man sich auf eine Reduktion des mehrheitsfördernden Faktors von 1 auf 0,6 geeinigt. Ab der darauffolgenden Wahl gelte dann ein Faktor von 0,5 - also eine Halbierung jenes rechnerischen Faktors, der die SPÖ als stärkste Partei bisher bei der Umrechnung von Stimmenprozenten auf die Anzahl der Landtagsmandate begünstigt. Zuletzt befanden sich SPÖ und Grüne in Sachen Mandatsberechnung in einer Pattstellung. Die Grünen boten den Faktor 0,5, die SPÖ 0,75.

ÖVP-Chef Manfred Juraczka kommentierte die neuen Gerüchte um eine Einigung mit Häme: „Jetzt ist man sich nicht einmal mehr einig, ob es eine Einigung gibt“, sagt Juraczka in einer Aussendung. Er rät der rot-grünen Koalition, „ehebaldigst“ Neuwahlen auszurufen. FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus fordert die Stadtregierung auf, „endlich Klartext zu reden“ und die „Fakten auf den Tisch zu legen“. Es sei davon auszugehen, dass hier „Nebelgranaten“ geworfen werden, so Gudenus.

Verfassungsjurist: Wahlrecht muss geändert werden

Das Wahlrecht muss vor der Wahl auf jeden Fall noch geändert werden, sagt der Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk, ansonsten wäre eine Wahlanfechtung möglich. Derzeit dürfen Strafgegangene nicht wählen, außerdem ist eine Briefwahl auch nach Wahlschluss möglich. Zumindest diese beiden Punkte sollten bis zur nächsten Wiener Wahl, die höchstwahrscheinlich im Juni stattfinden wird, geändert werden. Ansonsten wäre der Urnengang wohl verfassungswidrig, sagt Funk: „Es ist ein gewisses Risiko, wenn man die jetzt bestehende Regel der Wiener Gemeindewahlordnung unverändert lässt und auf deren Grundlage wählt.“ Eine Wahlanfechtung hätte dann gute Chancen, sagt Funk.

SPÖ spielt auf Zeit

Die SPÖ kann beim Wahlrecht auf Zeit spielen und tut es mit dem Dementi am Donnerstag immer noch, weil sie zwei Optionen hat: Sie könnte sich auf einen Poker einlassen und nach dem derzeitigen Wahlrecht zum Urnengang bitten. Diese Option hat Häupl in den Verhandlungen mit dem Grünen bisher aber abgelehnt. Bleibt die zweite Option: Gemeinsam mit FPÖ und ÖVP zumindest die wohl verfassungswidrigen Punkte des Wahlrechts zu sanieren. Die Opposition signalisiert bereits Zustimmung, oberstes Ziel sei aber freilich weiterhin ein faireres Wahlrecht.

Nach einer Krise in der Stadtregierung wegen der stockenden Verhandlungen wurde im Dezember verlautbart, bis Jänner ein neues Wahlrecht zu fixieren - mehr dazu in Wahlrecht: Reform bis Jänner geplant. Die Opposition forderte die Grünen auf, ohne die Stimmen der SPÖ ein neues Wahlrecht zu beschließen - mehr dazu in Wahlrecht: Opposition hofft auf Grüne.