Haftstrafen für Drogenclan „La Familia“

Mit Schuldsprüchen für alle zehn Mitglieder des Drogenclans „La Familia“ ist am Montag der Prozess in Wien zu Ende gegangen. Die Strafen von sechs Monaten bedingt bis 21 unbedingt sind nicht rechtskräftig.

Die Beschuldigten hatten sich geständig gezeigt, sagte die Richterin in der Urteilsbegründung. „Deshalb haben wir mit milden Strafen das Auslangen gefunden.“ Die zehn Angeklagten nahmen folgerichtig ihre Urteile an, die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab.

„Schrecklich nette Familie“

Als Drogenclan hatte „La Familia“ für Schlagzeilen gesorgt: Ein 43-jähriger Lackierer aus Wien soll in seinen umfangreichen Suchtgifthandel seine gesamte Familie und einen Teil seines Freundeskreises integriert haben, bis die Polizei im Februar 2015 die Geschäfte beendete. Am Montag fanden sich die zehn Angeklagten am Wiener Landesgericht wieder.

In die kriminelle Vereinigung der „schrecklich netten Familie“, so die Staatsanwältin, waren der Hauptangeklagte, seine zweite Frau, zwei Söhne, seine Tochter und deren Ex- sowie Lebensgefährte eingebunden gewesen sein. Dazu kamen noch Freunde und ein Kokainlieferant, der aber lieber im Hintergrund geblieben war.

La Familia

APA / Roland Schlager

„Finanzchefin“ wollte mit Drogen abnehmen

Alle gaben die umfangreichen Geschäfte, vor allem mit Cannabis und Kokain zu, wollten aber von einer kriminellen Vereinigung nichts hören. Die 46-jährige Ehefrau des Lackierers, die von ihrem Stiefsohn bei der Polizei noch belastet worden war, stritt ab, in die Geschäfte involviert gewesen zu sein und als „Finanzchefin“ fungiert zu haben.

Sie habe zwar von den Geschäften ihres Mannes gewusst, sich aber bis auf einen Drogentransport nicht daran beteiligt. Widersprüchlich empfanden Zuhörer ihre Darstellung, dessen Sucht kritisiert zu haben, obwohl sie selbst Kokain konsumierte. Ihre Erklärung: Sie habe dadurch abnehmen wollen.

Kinder mit Drogen versorgt

Der Familienvater hatte nach eigenen Angaben seine drei arbeitslosen Kinder, eine 22-jährige Tochter sowie die beiden Zwillingssöhne (19), mit Drogen versorgt, die diese auch konsumierten. Ihm sei das lieber gewesen, als dass sie es von woanders bekommen hätten. Dass das ein „Irrsinn“ gewesen sei, sei ihm erst in der Haft bewusst geworden, nachdem er wieder „nüchtern“ geworden sei.

Die Geschäfte hatte der 43-Jährige begonnen, nachdem sein eigener Drogenkonsum aus dem Ruder gelaufen war, wie er aussagte. Bereits zuvor habe sein Freundesrunde die Pokerabende auch mit Suchtgiftkonsum gestaltet. Anfang 2014 habe er mit dem Handel begonnen - allerdings nur, um die eigene Sucht zu finanzieren.

Diese Argumentation wurde vor Richterin Michaela Röggla-Weiß von allen Angeklagten vertreten. Und es sei nichts organisiert gewesen, man habe nicht einmal gewusst, was der jeweils andere mit den übergebenen Drogen machen würde. Dass der Hauptangeklagte einem Bekannten 2.000 Euro für eine Cannabisplantage vorgestreckt habe, sei ein reiner Freundschaftsdienst gewesen, und man habe dadurch keine Lieferungen erwartet. Als „La Familia“ Ende Februar zerschlagen wurde, konnten 281 Pflanzen sichergestellt werden.

La Familia

APA / Roland Schlager

Umfassende Geständnisse

Durch die großteils umfassenden Geständnisse konnten die Beschuldigteneinvernahmen kurz gehalten und großteils auf Zeugeneinvernahmen verzichtet werden. Nach den Plädoyers der Staatsanwältin und jenen der Verteidiger zog sich das Schöffengericht zur Beratung zurück.

Anklägerin Anja Oberkofler sah nach dem Beweisverfahren die Anklage, auch im Punkt der kriminellen Vereinigung, als erwiesen an. Der Vater von „La Familia“ sei nicht der gute Samariter, als der er sich nun dargestellt habe, der seine Kinder nur mit Suchtgift versorgt habe, damit sie nicht an einen ,bösen‘ Drogenhändler geraten. „Er hat sich sehr wohl überlegt, was er und wie er es macht.“ Es sei klar, dass die Kinder auf Kommission bei ihrem Vater eingekauft hätten. Das hätten auch die Telefonprotokolle ergeben.

Die zweite Frau des 43-Jährigen und Stiefmutter der Zwillingssöhne und der Tochter hätte als einzige echte Reue gezeigt, während sich die Jungen bei den Geständnissen schwergetan und den Ernst der Lage offenbar noch immer nicht erkannt hätten, meinte Oberkofler. Diese Darstellung wurde von allen Verteidigern vehement zurückgewiesen. Ihre Mandanten hätten vielmehr aktiv zur Wahrheitsfindung beigetragen.

Acht Urteile wegen „krimineller Vereinigung“

Bis auf die 46-Jährige und jenen 50-Jährigen, der das Kokain besorgt hatte, wurden alle Angeklagten neben den Drogendelikten auch für die Teilnahme an einer kriminellen Vereinigung verurteilt. Der Hauptangeklagte bekam 24 Monate, von denen sechs bedingt nachgesehen werden.

Die sechs Monate für seine Frau, die 14 Monate seiner Tochter sowie die 18 und neun Monate für seine Söhne wurden zur Gänze bedingt ausgesprochen. Von den Bekannten, die bei „La Familia“ mitgewirkt hatten, erwischte es einen Ex-Freund der Tochter mit 21 Monaten unbedingt am schlimmsten. Erschwerend bei dem 33-Jährigen fielen sieben Vorstrafen ins Gewicht, während die meisten anderen erstmals vor Gericht standen.

Monatsumsatz von 56.000 Euro

Ende Februar schlugen rund 130 Beamte, darunter die Spezialeinheit WEGA, gleichzeitig an 15 Adressen in Wien und Niederösterreich zu und nahmen 18 Personen des Drogenclans „La Familia“ fest. Seit Sommer soll die Bande monatlich Drogen im Wert von 56.000 Euro verkauft haben - mehr dazu in Schlag gegen Drogenclan.

Während bei den meisten „La Familia“-Mitgliedern im März die Untersuchungshaft verlängert wurde, kamen die Stiefmutter des Clans und der mutmaßliche Lieferant wieder auf freien Fuß - mehr dazu in „La Familia“: Stiefmutter wieder frei. Das Oberlandesgericht bestätigte die Freilassung des 44-Jährigen als gerechtfertigt, die Beschwerde der Staatsanwaltschaft wurde abgewiesen - mehr dazu in „La Familia“: Lieferant bleibt frei.