Telekom-Prozess: Manipulation als „Korrektur“

Am Dienstag ist der Prozess um eine Kursmanipulation der Aktie der Telekom Austria im Jahr 2004 am Straflandesgericht Wien neu aufgerollt worden. Die Angeklagten gaben an, dass damit nur ein Angriff auf die Aktie „korrigiert“ worden sei.

Die Verteidiger betonten, dass durch die Anhebung des Aktienkurses lediglich ein feindlicher Angriff abgewehrt worden sei. Dass durch die Korrektur nach oben knapp 100 Manager der Telekom ein Bonusprogramm von fast zehn Millionen Euro erhielten, sei im Sinne der Mitarbeitermotivation gewollt gewesen.

Ohne den Kurssprung in allerletzter Minute wären sie um die Boni umgefallen. Der Telekom sei jedenfalls kein Schaden entstanden, die Boni seien rückgezahlt worden, wodurch auch die Telekom - im Gegensatz zum ersten Prozess - nicht mehr als Privatbeteiligter an der Anklage beteiligt sei, betonten die Verteidiger.

Trimmel bekennt sich teilschuldig

Lediglich der Drittangeklagte, der Ex-Telekom-Prokurist Josef Trimmel, bekannte sich am Dienstag teilschuldig, alle anderen ließen durch ihre Anwälte die Anschuldigungen zurückweisen. Im ersten Verfahren, dessen Urteil vom Obersten Gerichtshof (OGH) aufgehoben wurde, erhielten die Beschuldigten langjährige Haftstrafen. Der OGH will nun noch einmal durch ein Neuaufrollen des Verfahrens prüfen, ob nicht Betrug statt der ursprünglich verurteilten Untreue vorliegt. Oder, ob überhaupt Freisprüche gerechtfertigt wären.

Josef Trimmel, Stefano Colombo und Rudolf Fischer

APA / Helmut Fohringer

Die Angeklagten Josef Trimmel, Stefano Colombo und Rudolf Fischer

„Geld-Sackerl“ am Naschmarkt genommen

Erstangeklagter ist der Ex-Telekom-Festnetzvorstand Rudolf Fischer, Zweitangeklagter der Ex-Finanzchef Stefano Colombo, Trimmel ist Drittangeklagter und als Viertangeklagter sitzt der Broker Johann Wanovits vor Richter Wolfgang Etl. Er soll den Kurs in allerletzter Minute vor Verstreichen der entscheidenden Boniregelung nach oben getrieben haben und dafür am Wiener Naschmarkt von Telekom-Managern mehrere hunderttausend Euro im Papiersackerl entgegengenommen haben. Die Überreicher soll er damals aufgefordert haben, auch mal zuzugreifen - wodurch diese „mitgegangen, mitgefangen“ waren.

Wanovits, der nach eigenen Angaben von 600 Euro im Monat lebt und 700.000 Euro Schulden hat, sich aber eine renommierte PR-Agentur für den Prozess leistet, bestätigte im ersten Prozess die Übergabe im Sackerl, bestreitet aber strafrechtliche Verwicklungen. Laut Verteidiger habe er als „David“ den „Goliath“ Deutsche Bank angegriffen, als über die Deutschen der Kurs der Telekom angegriffen worden sei. Weder die Finanzmarktaufsicht noch die Staatsanwaltschaft seien aber jemals dieser Causa nachgegangen, bedauert die Rechtsvertretung.

Roadshows nur „eine Art Bestechung“

Warum die Telekom zur Kurspflege nicht auf Roadshows gesetzt habe, sondern auch Wanovits als „Marketmaker“ einsetzen wollte, habe einen Grund gehabt. Für Fischer seien Roadshows, also Werbetouren von Akteingesellschaften, nichts anderes als „eine Art Bestechung“, würden aber nichts bringen. „Man hat damit keinen Erfolg“, so Fischer.

Die Boni hätte es laut Fischer sowieso gegeben, denn wäre das ausgemachte Kursziel für die Bonizahlungen nicht erreicht worden, dann hätte man eben in den nächsten Tagen untere einem anderen Titel Boni ausbezahlt - um Schaden für die Telekom durch frustrierte Mitarbeiter abzuwenden.

„Eigentlich hätten wir ihn anzeigen müssen“

Kein gutes Haar ließ Fischer an dem damaligen ÖIAG-Chef und Telekom-Aufsichtsratschef Peter Michaelis. Dieser habe mit unbedarften Aussagen den Kurs der Telekom nach unten gedrückt. „Eigentlich hätten wir ihn bei der Finanzmarktaufsicht anzeigen müssen“, so Fischer. Auch an der Finanzmarktaufsicht ließ er Kritik laut werden, bei deren Untersuchungen würde üblicherweise nicht viel herauskommen.

Ex-Finanzchef in Erklärungsnot

In Erklärungsnot brachte der Richter am Dienstag Ex-Finanzchef Stefano Colombo. Er konnte nicht begründen, warum der mitangeklagte Wanovits auf ein Okay von ihm für einen Aktienkauf wartete, obwohl dieser auf eigenen Rechnung und eigenes Risiko Aktien gekauft hatte.

Colombo berichtete auch davon, dass ein wichtiger Telekom-Mitarbeiter, der mittlerweile aus gesundheitlichen Gründen vernehmungsunfähig ist und auch in anderen Telekom-Prozessen eine zentrale Rolle spielte, vom Kronzeugen „mit Wein drogiert“ wurde, um gefügig zu sein. Er, Colombo, wiederum habe gegen die „Sklaverei“ der Banken gekämpft. Denn in Österreich würden sich nur drei Banken den Finanzmarkt aufteilen.

Fortsetzung am Donnerstag

Das Verfahren ist die zweite Auflage des Telekom 1-Prozesses, der OGH hatte das Ersturteil (Untreue mit mehrjährigen Haftstrafen) aufgehoben, da möglicherweise Betrug statt Untreue vorliegt. Im ersten Verfahren wurde Fischer noch von dem jetzigen Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) als Verteidiger vertreten.

Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt, neben den Aussagen von Trimmel und Wanovits werden in weiterer Folge noch einige Zeugenauftritte erwartet, unter anderem jener von Michaelis und der des damaligen Telekom-Chefs Heinz Sundt. Dieser war im Telekom-Prozess im Jahr 2013 noch Angeklagter, wurde aber dort rechtskräftig freigesprochen.