Wien setzt künftig auf mobile Pflegebetreuung

In Wien steigt die Zahl alter Menschen. Bis 2030 wird allein die Gruppe der Über-75-Jährigen um 39 Prozent höher sein als 2015 - was nicht zuletzt den Bedarf an Pflegeangeboten erhöht. Die Stadt setzt deshalb schrittweise auf ein neues Konzept.

„Der Schlüssel liegt in der längeren Erhaltung der Selbstständigkeit“, fasste Sozialstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) am Dienstag die Zielsetzung zusammen. Sprich: Alte Menschen sollen so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden oder zumindest in einer teilbetreuten Wohngemeinschaft leben können statt gleich dauerhaft in eine stationäre Einrichtung, also ein Pensionistenwohnhaus, zu ziehen.

Wehsely und Pflegekonzept

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Sonja Wehsely (SPÖ) präsentierte am Dienstag das neue Pflegekonzept

„Urlaubsvertretung“ für Angehörige

Damit das möglich ist, baut die Stadt bzw. der Fonds Soziales Wien (FSW) das Leistungsportfolio aus. Vorgesehen sind etwa die Einführung einer Rufbereitschaft in den Nachtstunden, von flexibleren und kurzfristigeren Unterstützung oder eines verstärkten Betreuungsangebotes für gewisse Zeitabschnitte - etwa wenn die Angehörigen auf Urlaub sind.

Außerdem soll es eher die Regel werden, Personen nur vorübergehend in Pflegewohnhäuser zu betreuen und sie nach erfolgter Rehabilitation wieder nach Hause zu entlassen anstatt prinzipiell von einer permanenten Aufnahme auszugehen. Die Öffnungszeiten der Tageszentren werden ebenfalls verlängert. Die Umsetzung ist teils schon angelaufen, in manchen Bereichen auch als Pilotprojekt, und soll in den kommenden Jahren dann vollständig erfolgen.

Stationäre Pflege wesentlich teurer

Derzeit beziehen rund 85.000 Wiener Pflegegeld, etwa 60.000 Menschen nehmen Pflegeleistungen des FSW in Anspruch. Allein die Stadt gibt pro Jahr ca. 870 Mio. Euro für Betreuung aus, wobei hier die rund 450 Mio. Euro an Bundesmitteln und Selbstbehalte - die Zahl stammt aus 2013 - noch gar nicht inkludiert sind - mehr dazu in Flüchtlingsbetreuung kostete 72 Mio..

Laut Wehsely werden die Kosten künftig freilich höher sein, wiewohl nicht um jenen Faktor, um den die Zahl der pflegebedürftigen Personen in die Höhe klettert. „Denn die Pflegebedürftigkeit tritt immer später ein“, erklärte die Ressortchefin. Außerdem werde durch verstärkte Mobilisierung und Rehabilitation eben die stationäre Pflege - sie verursacht in der Regel wesentlich höhere Kosten - eingedämmt.

Wehsely und Pflegekonzept

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„Genug Zeit, um sich vorzubereiten“

Peter Stanzl von der MA 24 (Gesundheits- und Sozialplanung) ergänzte, dass der starke Anstieg an älteren Personen in Wien erst um das Jahr 2025 eintreten werde. „Die nächsten acht, neun Jahre ist es noch recht ruhig. Genug Zeit also, um sich vorzubereiten.“ So werden 2025 24 von 1.000 Wienern über 85 Jahre alt sein, 2030 werden es bereits 31 sein. Im Vergleich zu 2010 ist das ein Anstieg um mehr als 30 Prozent.

Das neue Pflegekonzept ist die Fortsetzung des Wiener Geriatriekonzepts, mit dessen Umsetzung 2007 begonnen wurde und das laut Wehsely bereits abgeschlossen ist. Hier lag der Fokus auf der stationären Betreuung. Um 919 Mio. Euro waren 36 Pflegewohnhäuser neu gebaut oder grundsaniert worden.

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