Slagmuylder will keine Notlösung sein

Christophe Slagmuylder übernimmt die Wiener Festwochen. Am Mittwoch wurde er der Öffentlichkeit vorgestellt. In seiner ersten Stellungnahme betonte er, keine Notlösung sein zu wollen.

Viel verriet der designierte Leiter der Wiener Festwochen bei seiner Vorstellung nicht. Er sehe sich aber nicht als Notlösung, sagte Slagmuylder. „Ich will nicht unter Panik arbeiten, sondern voller Vertrauen für dieses Festival. Neugier zu schaffen ist eine der Hauptaufgaben, auch Diversität und Offenheit gegenüber dem Fremden und dem Unbekannten.“

Christophe Slagmuylder, designierter Chef der Festwochen

APA/Hans Klaus Techt

Slagmuylder ist derzeit als Festwochen-Intendant nur für 2019 bestellt

Was die Festwochen unter seiner Leitung sein sollen, dazu habe er aber schon seine Vorstellungen: „Für mich sind die Wiener Festwochen ein außergewöhnlicher Ort, ein Ort für herausfordernde Arbeiten, die auch Risiken eingehen. Es ist für mich ein Ort, an dem wir künstlerische Visionen nicht nur anregen, sondern auch über die Jahre begleiten. Und diese Visionen sollten sich mit dem Hier und Jetzt befassen.“

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Christophe Slagmuylder, designierter Leiter der Wiener Festwochen

Festwochen nicht als einzige Verpflichtung

Er habe das Gefühl, „dass es für mich die richtige Entscheidung ist“, so Slagmuylder, der sich aber erst nach einer Bedenkzeit entschieden hat. Er hätte 2019 noch das Kunstenfestivaldesarts in Brüssel leiten sollen und ist für 2020 für das alle drei Jahre stattfindende Festival Theater der Welt gebucht. Slagmuylder betonte, es sei eine Ehre, die Leitung der Wiener Festwochen zu übernehmen. Er werde erst in den nächsten Stunden das Team treffen und wolle respektvoll mit den vorhandenen Personen und Plänen umgehen. „Ich will nicht mit einer Tabula rasa starten.“

Slagmuylder will keine Notlösung sein

Christophe Slagmuylder übernimmt die Wiener Festwochen. Am Mittwoch wurde er der Öffentlichkeit vorgestellt.

Ein klares Bekenntnis gab er jedoch für die Rolle der Festwochen als Produzent und Initiator von Projekten ab. „Sie sind ein guter Platz für risikoreiche Produktionen. Wir sollten künstlerische Visionen fördern und aufgreifen. Ich will, dass dieses Festival in dieser Zeit und an diesem Ort zeitgenössisch ist. Das ist ein fundamentaler Aspekt. Ich unterscheide nicht gerne zwischen Avantgarde und Klassik, sondern es geht darum, wie Kunstwerke mit dieser Zeit verknüpft werden können.“

Festival Ort des Austauschs

Er sehe die Festwochen, die er als Besucher gut kenne, als Ort für multidisziplinäres Arbeiten. „Ich erwarte mir sehr viel von Künstlern, nämlich, dass sie mich wohin bringen, wohin ich selbst nie gekommen wäre. Wir sollten ambitionierte Projekte holen, die nicht selbstgerecht sind. Projekte, die sich nicht schämen, Avantgarde zu sein, wenn sie zugleich sehr offen sind.“

Ein Festival sei nicht eine Sammlung von Projekten, sondern ein Ort des Austauschs und des Diskurses, ein sozialer wie künstlerischer Raum. Er schließe nichts aus, auch nicht die Wiederaufnahme der von Tomas Zierhofer-Kin beendeten Zusammenarbeit mit Konzerthaus und Musikverein. „Es kommt für mich ganz auf die künstlerischen Vorschläge an.“

Christophe Slagmuylder, designierter Chef der Festwochen

APA/Hans Klaus Techt

Rudolf Scholten, Aufsichtsratsvorsitzender der Wiener Festwochen, Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) und Slagmuylder (v. l. n. r.)

Avantgarde muss Publikum nicht ausschließen

Slagmuylder folgt Zierhofer-Kin, der schon nach zwei Jahren seinen Vertrag mit den Festwochen einvernehmlich aufgelöst hat - mehr dazu in Vertrag mit Festwochen-Chef aufgelöst. Der Belgier gilt als Spezialist für Gegenwartstheater. Dabei steht er in seinem Selbstverständnis für die Verbindung von Avantgarde und Publikumswirksamkeit.

„Zeitgenössisches Theater kann jeden erreichen, es ist nichts Elitäres“, zeigte er sich im Vorjahr im Interview mit der „Rheinischen Post“ überzeugt: „Man muss die Leute nur neugierig machen, sie spüren lassen, dass sie willkommen und gemeint sind. Dann sind sie auch bereit, Unbekanntes anzusehen und irritierende Erfahrungen zu machen“ - mehr dazu in Slagmuylder neuer Festwochen-Chef.

Viele Vorschusslorbeeren für Slagmuylder

Großes Lob gab es von SPÖ-Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler für die Tätigkeit von Slagmuylder als Festivalchef in Brüssel. Das Kunstenfestivaldesarts habe „ganz schnell hohen Stellenwert erobert“. 80 Prozent des Programms seien Eigen- oder Koproduktionen, Ur- und Erstaufführungen. Er entdecke Künstlerinnen und Künstler und halte ihnen die Treue. „Er trägt Visionen in sich, um die Wiener Festwochen zu einem Leuchtturm in der Festivallandschaft zu machen“, so die Stadträtin.

Auch Festwochen-Aufsichtsratsvorsitzender Rudolf Scholten zeigte sich von den bisher geführten Gesprächen beeindruckt: „Wir sind sehr neugierig, optimistisch und begeistert, was uns erwartet.“ Scholten dankte Zierhofer-Kin, dem auch vieles geglückt sei, gegen den sich jedoch zunehmend eine Stimmung aufgebaut habe: „Stimmungen bekommen auch eine Beschleunigung und bestätigen sich selbst gerne. Für jemanden, der das mit Enthusiasmus gestaltet, ist das a la longue aushöhlend. Insofern verstehe ich seinen Schritt.“

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