YouTube-Star erstmals auf Kabarett-Bühne

Auf der Videoplattform YouTube feiert Michael Buchinger u.a. mit seinen „Hasslisten“ große Erfolge. Nun will der 25-Jährige auch auf der Kabarett-Bühne Fuß fassen. Dabei geht es auch darum, dass er mehr lügt als Pinocchio.

Buchinger ist so etwas wie ein Popstar 2.0 - im Internet erreicht er seit 2009 ein Millionenpublikum mit seinen Videos, in denen „ich lustige Episoden aus meinem Alltag erzähle, wie wenn ich es einem Freund schildern würde“, sagt Buchinger selbst. Für seine Internetshow „Michaels Hass-Liste“ hat der 25-Jährige 2015 den deutschen Webvideopreis erhalten. In den Videos erzählt Buchinger wöchentlich, was er alles hasst.

„Ich lüge sehr, sehr oft“

Das scheinen die Fans zu lieben. Über 150.000 Menschen folgen den virtuellen Auftritten von Buchinger. Jetzt will er den Schritt aus den Sozialen Medien hin auf eine Bühne machen. Sein Debüt gibt er im Stadtsaal mit seinem Programm „Lange Beine, kurze Lügen“ - nach seinem gleichnamigen Buch. Und mit dem Thema scheint er Erfahrung zu haben. „Ich lüge sehr sehr oft. Ich lüge so oft, ich glaube, Pinocchio würde ekelerregt sein von mir“, sagt Buchinger im „Wien heute“-Interview.

Michael Buchinger

ORF

Der YouTube-Star will jetzt auch auf der Kabarett-Bühne punkten

Vor allem früher und „in Situationen, wo man möchte, dass einen Menschen mögen oder sich wohler fühlen“ habe er oft zu Lügen gegriffen, sagt der 25-Jährige. Und dann etwa einen Hut gelobt, der ihm gar nicht gefallen habe. Für sein Programm hat Buchinger allerdings versucht, eine Woche lang nicht zu lügen - und das sei gar nicht so einfach gewesen. Denn schon als Antwort auf die Frage „Wie geht es dir?“ tendiere man zu Lügen. „Man sagt ja nicht: ‚Nicht gut, schlecht geschlafen‘ oder so“, so Buchinger.

„Tratschen mit Budgen“: Michael Buchinger

ORF-Reporter Patrick Budgen spricht mit Michael Buchinger über seine YouTube-Karriere und sein Kabarettprogramm.

Erfahrungen mit Homophobie in der Schule

Im Internet funktioniert Buchingers Konzept gut, ob das auch auf der Bühne so ist, wird sich weisen: „Ich bin einigermaßen aufgeregt“, sagt er. Den großen Unterschied sieht er im direkten Feedback. Zuschauer drücken dann nicht mehr nur nur „Gefällt mir“ - oder eben nicht - sondern, „ich weiß dann genau, worüber die Leute lachen und worüber nicht. Und wenn ein Witz nicht funktioniert, dann funktioniert er halt nicht. Da ist die Schutzbarriere Internet weg“, meinte Buchinger. Er sieht das aber auch als Chance zu wachsen und zu lernen.

Michael Buchinger

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Vor allem mit seinen Hass-Listen ist Buchinger bekannt geworden

Derzeit teilen viele Menschen ihre Erfahrungen mit Homophobie in Sozialen Medien. Buchinger, der immer wieder sehr offen über seine Homosexualität spricht, hat solche auch gemacht - vor allem in der Schule. „Wobei ich mir nicht sicher bin, ob man da wirklich von Homophobie sprechen kann. Wenn du 15 bist und nur irgendwie ein bisschen anders als die anderen, sind ohnehin immer alle gegen dich“, berichtet er. „Da habe ich mich schon lange ausgegrenzt gefühlt. Dann habe ich es aber geschafft, die Leute mit meinem Humor um den Finger zu wickeln und dann ging es eh wieder.“

„Im echten Leben bin ich ein relativ netter Mensch“

Im Internet bekomme er aber doch einige wüste Kommentare. „Das trifft mich aber nicht mehr“, sagt er. Denn nach zehn Jahren im Internet habe er so ziemlich alles gehört. Sein Rezept: „Ich bin schon authentisch, aber das im Internet bin ja nicht ich. Das ist zugespitzt und eine Karikatur meiner selbst. Das heißt, wenn jemand diese Persona beleidigt, dann denke ich mir: ‚Super‘. Aber das bin ja nicht ich.“ Denn trotz seiner Hass-Liste und dem Wutbürger-Image: „Im echten Leben bin ich ein relativ netter Mensch.“ Auf der Bühne will er dann aber doch eher auf den Wutbürger zurückgreifen.

Das Interview führte Patrick Budgen.
red, wien.ORF.at