Gratis Haarschnitt für Obdachlose

Einen kostenlosen Haarschnitt für wohnungslose und armutsgefährdete Menschen hat es beim Sommerfest des Neunerhauses gegeben. Mit der Aktion soll vor allem das Wohlbefinden der Menschen gestärkt werden.

An rund 500 Menschen in Notschlafstellen wurden in den vergangenen drei Wochen Gutscheine verteilt, erwartet wurden am Sonntag etwa 170 Besucher. Eine davon ist Sandra. Sie wuchs in einem Kinderheim auf, mit neun Jahren lief sie das erste Mal weg.

„Danach bin ich eine neue Sandra“

„Das war das erste Mal, dass ich auf der Straße gelebt habe“, sagt sie. Einige Jahre später ist sie nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten erneut obdachlos. Seit einem Jahr wohnt sie nun in einer der Neunerhaus-Wohnungen, auf den Friseurbesuch freut sie sich schon seit einigen Tagen.

Neunerhaus Aktion Friseur

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Bis zu drei Monate lang spart Sandra normalerweise für einen Friseurbesuch

„Normalerweise schneide ich mir meine Stirnfransen immer selbst und wenn ich wirklich zum Friseur gehen möchte, spare ich dafür zwei, drei Monate lang. Das darf dann aber nicht mehr als 15 Euro kosten“, erzählt sie. Ein Friseurbesuch ist ihr wichtig, um sich wohl zu fühlen. „Da kann ich endlich einmal abschalten und mich entspannen, eine Zeit lang einfach loslassen. Danach bin ich eine neue Sandra.“

Barber Angels seit Anfang 2018 in Österreich

Insgesamt sind 23 Friseure der österreichischen und deutschen „Barber Angels“ bei dem Sommerfest anwesend. Seit Anfang des Jahres gibt es die Organisation, die obdachlosen Menschen kostenlose Friseurbesuche ermöglicht, in Österreich. 2016 wurde die deutsche Vorlage ins Leben gerufen.

Neunerhaus Aktion Friseur

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Rund 170 Menschen erwartete Unterholzer bei der Aktion am Sonntag

Mit der Aktion möchte Johann Glaser, Präsident der österreichischen Barber Angels, etwas zurückgeben. „Ich hatte 60 Jahre lang Glück im Leben und kann zwar nicht viel Geld spenden, aber aktiv etwas tun.“ Ihm ist besonders der Kontakt zu den Menschen wichtig. „Für viele ist es eine enorme Überwindung, überhaupt hierher zu kommen und zuzugeben: Ich bin wohnungslos oder ich bin arm. Das ist ein großer Schritt und davor habe ich großen Respekt“, sagt er. „Die Leute sollen sich hier fühlen wie bei einem normalen Friseurbesuch.“

Um die Hemmschwelle und Angst vor dem Besuch abzubauen, möchte er künftig regelmäßig in Institutionen wie das Neunerhaus oder andere Notschlafstellen kommen. „Dafür fehlen uns derzeit aber noch die Freiwilligen, besonders in Wien.“

„Obdachlosigkeit kann jeden betreffen“

„Obdachlosigkeit kann jeden betreffen“, sagt Neunerhaus-Geschäftsführerin Daniela Unterholzer. „Das ist nicht immer der ältere Herr, den man vor Augen hat. Bei vielen Menschen ist Obdachlosigkeit auf den ersten Blick gar nicht erkennbar.“ Das Neunerhaus unterstützt seit fast 20 Jahren obdachlose und armutsgefährdete Menschen in Wien und stellt ihnen Wohnungen und ärztliche Versorgung zur Verfügung.

In den rund 170 Wohnungen wohnen jährlich etwa 570 Menschen, das Gesundheitszentrum zählte im vergangenen Jahr mehr als 4.400 Besucher. Im Rahmen des Sommerfestes am Sonntag wollte Unterholzer vor allem das Wohlbefinden der Menschen stärken. „Es gibt vieles fernab von einer Wohnung und Kleidung, das obdachlose Menschen benötigen.“ Gemeinsam mit der Organisation Barber Angels wurden deshalb kostenlose Haarschnitte angeboten.

Melanie Gerges, wien.ORF.at

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