Kritisches Programm im Theater der Jugend

Mit einem Tag der Offenen Tür geht das Theater der Jugend in einer Woche in die Saison 2018/19. Diese wird „lustbetont und voller Neugier“, verspricht Intendant Thomas Birkmeir. Acht Neuproduktionen stehen auf dem Programm.

Dass sich das Theater der Jugend mit seinem kommenden Programm kritisch mit wichtigen Gegenwartsfragen beschäftigt, begründete Birkmeir bei der Präsentation mit viel Statistik: „Ich war geplättet, als ich recherchiert habe, dass fast jedes vierte Wesen unter 20 Jahren in Österreich armuts- oder ausgrenzungsgefährdet ist. Da lernt man, dass es mit der Verteilungsgerechtigkeit in Europa nicht weit her ist, auch die Bildungschancen sind ungleich verteilt.“

Besonders die Tatsache, dass ein Prozent der Menschen in Österreich über mehr Vermögen als 86 Prozent verfügt, ließ Birkmeir aufhorchen: „Das kann letztlich nur gesellschaftlichen Unfrieden schaffen.“

„Robin Hood“, „Oliver Twist“, „Die Mitte der Welt“

Deswegen widme man sich u.a. „Robin Hood“ (ab 21. Mai 2019), denn er „war der Erste, der die Frage nach der Verteilungsgerechtigkeit gestellt hat“, so Birkmeir. „Oliver Twist“ (ab 16. Oktober) stelle die Frage, „ob Armut gottgegeben ist“. In Wien lebten geschätzt zwischen 300 und 600 Straßenkinder. „Warum die Welt seit Dickens nicht besser geworden ist, kann man keinem Heranwachsenden schlüssig erklären.“

Theater der Jugend

242.000 Besucher sorgten in der vergangenen Saison für 96,6 Prozent Auslastung und 45 Prozent Eigendeckung, berichtete Birkmeir erfreut. Das Haus hat rund 38.000 Abonnenten, die Mitarbeiter kommen aus mehr als 20 Nationen.

„Frankenstein“ (ab 30. April 2019) nannte Birkmeir „ein Paradebeispiel dafür, was passiert, wenn es einer Gesellschaft nicht gelingt, das Andere und Fremde zu integrieren“. Astrid Lindgrens „Ronja Räubertochter“ sei ein Beispiel dafür, dass „wir uns überlegen müssen, wie wir Stellung beziehen und was wir verteidigen wollen“. Konsum- und Kapitalismuskritik wird in „Timm Thaler oder das verkaufte Lachen“ von James Krüss geübt (ab 13. Februar 2019), den Birkmeir einen „Faust für Kinder“ nannte.

Mit Freundschaft, erster Liebe und Außenseitertum befasst sich der Roman „Die Mitte der Welt“ von Andreas Steinhöfel (Birkmeir: „Jede zehnte Familie in Österreich ist heute eine Patchworkfamilie, jede zweite Ehe wird geschieden.“) ab 30. März 2019, mit dem Verhältnis des Einzelnen zur Gesellschaft Dostojewskijs „Schuld und Sühne“ (ab 11. Jänner 2019).

„Kompetenz zum Lesen einer Betriebsanleitung“

Birkmeir schimpfte über Schulen, in denen nicht mehr Werther gelesen werde, sondern „die Kompetenz gefördert“ werde, „wie man eine Betriebsanleitung wiedergeben kann“. Der gesamte Spielplan wird mit Romanbearbeitungen bestritten. Solidarität, soziale Gerechtigkeit und gesellschaftliches Miteinander sind die Werte, die man am Theater der Jugend hoch halten will.

„Seid kritisch, hinterfragt die Mächtigen!“ und „Lasst Euch nicht für dumm verkaufen!“ sind die zentralen Botschaften, die Birkmeir seinem Publikum mitgeben möchte angesichts einer Zeit, in der bereits „offen an der Lebens- und Leistungsfähigkeit der Demokratie gezweifelt“ werde. „Die große Bewegung, die sich dagegen wehrt, existiert leider noch nicht.“

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