2,1 Millionen Schaden durch Autodiebstähle

Insgesamt 15 Männer haben von Sommer 2017 bis März 2018 in Wien, Oberösterreich und Polen 130 Pkws gestohlen und dabei einen Schaden in Höhe von 2,1 Millionen Euro verursacht. Im Frühjahr wurden die Polen nach der Reihe gefasst.

Zehn wurden bereits zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, ein Mann wurde freigesprochen, bei vier ist das Verfahren noch offen, berichtete die Polizei. Geklärt wurden die beiden Diebstahlserien vom Landeskriminalamt Wien, Außenstelle West. Die Täter waren „hochprofessionell“ vorgegangen, berichtete Josef Kerbl, Leiter des Landeskriminalamtes Wien.

Die Diebstähle begingen die Männer mit umfangreicher elektronischer Technik. Sie hatten sich darauf spezialisiert, „Keyless“-Systeme zu knacken, und verwendeten dabei unter anderem anlernbare Schlüssel, Funkstreckenverlängerer und „Jammer“. Im Prinzip seien „die Täter Hacker“, sagte der Leiter der Kfz-Diebstahlgruppe, Friedrich Bahmer.

Autodiebstahl

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Mit unterschiedlichen Geräten wurden die Autos geknackt

Täter wurden „gieriger“

Die erste Serie begann im Sommer 2017, acht Polen im Alter zwischen 22 bis 35 Jahren hatten sich auf den Diebstahl von Toyota, Ford und Mazda spezialisiert. Die insgesamt 34 Fahrzeuge wurden zunächst sporadisch in Wien entwendet, „später wurden die Täter gieriger und stahlen drei bis vier Kfz pro Nacht“, schilderte Ermittler Bahmer. Bei einer Schwerpunktaktion am 19. Jänner führte die Polizei Kontrollen Richtung Tschechien durch, dabei entdeckten sie einen Ford Kuga mit Wiener Kennzeichen. Der am Steuer sitzende Pole konnte nicht erklären, woher er das Fahrzeug hatte.

In der Nähe fassten die Beamten auch ein Begleitfahrzeug mit zwei Technikern, die den eigentlichen Diebstahl durchgeführt hatten. „Sie suchen sich die Autos aus, spazieren hin und machen sie fahrbereit, sodass der Lenker nur noch einsteigen und wegfahren muss“, sagte Bahmer.

Fahrzeuge in Polen sichergestellt

Eine Woche später wurde ein Toyota A4 mittels Funkstreckenverlängerung gestohlen. Diese Geräte bestehen aus zwei Teilen und kosten je nach Ausführung zwischen 8.000 und 40.000 Euro. Ein Key-Scanner wird in der Nähe des Schlüssels platziert, also beispielsweise vor der Haustür. Der Car-Scanner kommt zum Auto. So wird das Signal des Funkschlüssels verlängert, auch wenn sich der eigentliche Schlüssel im Haus befindet. Die Elektronik des Autos wird getäuscht, die Tür kann geöffnet werden. „Das dauert rund zehn Sekunden, einer rennt ums Haus, während der andere beim Wagen steht“, erklärte Bahmer.

Bei diesem Fahrzeug war das Ortungssystem noch aktiv, die Diebe hatten es offenbar übersehen und nicht daran gedacht, einen Sender, mit dem sämtliche Signale gestört werden, zu verwenden. Das Fahrzeug wurde in Polen sichergestellt, zwei Hehler wurden festgenommen. Im März wurden drei weitere Männer geschnappt, als sie versuchten, einen Toyota Prius zu stehlen. Zehn weitere Fahrzeuge stahl diese Bande in ihrem Heimatland.

Autodiebstahl

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Die Täter wurden laut Polizei „gierig“ und machten Fehler

Mieteten Hotel unter echten Namen

Die zweite Diebstahlserie begann im November 2017, damals spezialisierten sich die Männer primär auf Audi-Modelle mit den Baujahren 2009 bis 2012. Seither ist es nämlich schwieriger, die Wegfahrsperre bei Audis zu überwinden. Auch hier wurden zu Beginn ein bis zwei Fahrzeuge pro Nacht gestohlen, ehe sich die Männer auf vier bis fünf steigerten. Die Fahrzeuge wurden zunächst an anderen Orten in Wien geparkt und untertags nach Polen verschoben, um eventuellen Kontrollen zu entgehen. Die sieben Männer stahlen bis März insgesamt 86 Fahrzeuge mit einem Wert von 1,2 Millionen Euro.

Alle Täter im Alter zwischen 24 und 43 Jahren stammen aus der polnischen Stadt Stettin. Die ersten zwei wurden nach dem Diebstahl zweier Audi A4 gefasst, einer hatte die Visitenkarte eines Wiener Hotels bei sich. Dort hatten sich insgesamt fünf Männer für die jeweiligen Taten immer in zwei Zimmer eingemietet - alle mit ihrem richtigen Namen. „Sie nahmen nicht an, erwischt zu werden“, konstatierte Bahmer.

Nach der Festnahme des Duos gab es drei Wochen keine weiteren Audi-Diebstähle, bevor die restlichen Bandenmitglieder in Linz tätig wurden und im März wieder in der Bundeshauptstadt zuschlugen. Am 18. März wurde ein Mann in einem gestohlenen Audi A4 am Weg nach Tschechien gefasst. Unter anderem durch die Auswertung von Handy und Navi gelangten die Ermittler zu den restlichen Bandenmitgliedern. Am 30. März gerieten vier Männer in eine Kontrolle, in ihrem Fahrzeug fanden die Beamten Tatwerkzeug.

Höhle in Polen umgerüstet

Zunächst zeigten sich alle 15 Festgenommenen „nicht sehr gesprächig“, berichtete Chefinspektor Bahmer. Einer der zweiten Bande legte schließlich ein Geständnis ab. Der Großteil der insgesamt 130 Wagen wurde zerlegt und veräußert, die Audi-Gruppe hatte dafür beispielsweise eine Höhle in einem Wald in Polen entsprechend umgerüstet. „Die Rendite ist viel höher, wenn die Einzelteile verkauft werden“, erklärte Bahmer. Zehn bis 15 Fahrzeuge konnten sichergestellt und ihren Besitzern zurückgegeben werden.

Die beiden LKA-Experten rieten dazu, bei „Keyless“-Systemen unbedingt eigene Schlüsseletuis mit eingebauter Abschirmfolie zu verwenden. „Diese kosten ein paar Euro und verhindern, dass Signale abgefangen werden“, sagte Bahmer. Außerdem sollen Lenker nach dem Absperren mittels Fernbedienung immer kontrollieren, ob der Wagen auch tatsächlich verschlossen ist. Hilfreich sind auch „klassische Präventionsmaßnahmen wie Wegfahrsperren oder Ortungssysteme“, sagte Kerbl.