Hotel im Sozialbau: Ellensohn zeigt Tojner an

Der grüne Klubobmann David Ellensohn hat den Immobilienentwickler Michael Tojner wegen Betrugs mit Wohnungsvermietung angezeigt. Sozialwohnungen in Wieden und Linz sollen als Feriendomizil vermietet werden.

Stein des Anstoßes sind zwei Wohntürme an der Ecke Belvederegasse/Mommsengasse im 4. Bezirk. Auf der Internetseite www.etagerie.com werden einige Wohnungen darin zur kurzfristigen Anmietung angeboten. Betreiberin der Homepage ist die Urbanauts Hospitality GmbH. Am Unternehmen beteiligt sind etwa die Grätzl Betriebs GmbH mit Geschäftsführer Clemens Kopetzky und Wertinvest, das Immobilienunternehmen des Heumarkt-Investors Michael Tojner.

Wohnung Etagere Tojner

Monika Nguyen

Moderne Appartments für Touristen im Sozialbau stehen in der Kritik

Der Klubobman der Wiener Grünen, David Ellensohn, zeigt nun Tojner wegen gewerbsmäßige Betrugs an, wie die „Wiener Zeitung“ am Donnerstag berichtet. Angezeigt werden weiters auch die Geschäftsführerinnen Theresia Kohlmayr und Ines Auerbacher von Urbanauts Hospitality. In der Causa um die Vermietung von gemeinnützigen Wohnungen an Touristen ist nun die Staatsanwaltschaft am Zug.

Wohnungen in 50er-Jahren als Sozialbau errichtet

Laut der Sachverhaltsdarstellung, die der „Wiener Zeitung“ vorliegt, geht es um gewerbsmäßigen Betrug und die missbräuchliche Verwendung von Sozialwohnungen. Der Wohnbau wurde von der Gesfö Gemeinnützige Bau- und SiedlungsgmbH in den 1950er-Jahren mit Steuergeldern als Sozialbau errichtet. Seit einigen Jahren habe die Gesfö einen „Strohmann“ des Heumarkt-Investors Tojner als neuen Eigentümer, heißt es in Medienberichten.

Michael Tojner, Wertinvest-Eigentümer

APA/Georg Hochmuth

Immobilieninvestor Tojner wegen gemeinnützigem Wohnbauträger in Kritik

Laut Gesetz gilt: Eine gemeinnützig errichtete Wohnung bleibt immer gemeinnützig. Egal, wem sie gehört, egal, wer ein- oder auszieht. Der Mietpreiszins wäre nach Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) zu berechnen – und der läge laut Medienberichten in diesem Fall bei höchstens 3,86 Euro pro Quadratmeter plus Betriebskosten (etwa 2,20 Euro/Quadratmeter) plus zehn Prozent Umsatzsteuer verlangen. Die veranschlagten Preise bei den Wohnungen nahe des Belvederes liegen jedoch im Durchschnitt über dem zehnfachen Mietpreis, der erlaubt wäre.

Auch im Fall der Wohnungen in der Unteren Donaulände 62-64, Ludlgasse 1-5, Honauergasse 3-11 in Linz ist die verlangte Miete zu hoch. Während die Miete für eine 45 Quadratmeter große Wohnung höchstens 300 Euro pro Monat betragen darf, werden sie ab 450 Euro pro Woche angeboten. Die Wohnungen gehörten jahrzehntelang dem gemeinnützigen Wohnungsunternehmen Riedenhof Gesellschaft mbH. Vor mehr als einem Jahr übernahm Tojner die Gesellschaft.

Hotelbetreiberin wehrt sich gegen Vorwürfe

Beim Wiener Unternehmen Urbanauts zeigte man sich am Donnerstag überrascht von der Anzeige Ellensohns. Geschäftsführerin Theresia Kohlmayr teilte auf ORF-Anfrage mit: Sie sehe keine nachvollziehbare Grundlage für eine Anzeige, die ihr im übrigen noch nicht vorliege.

„Die Urbanauts Hospitality Group (UHG) hat einen Pachtvertrag mit dem Eigentümer des Gebäudes im vierten Bezirk, wo derzeit 20 Wohnungen unter dem Label etagerie für touristische Zwecke bzw. Kurzzeitwohnen vertrieben werden. Die UHG erfüllt alle Auflagen eines professionellen Hotelanbieters wie z.B. die Bezahlung von Steuern etc. Sie verfügt über alle notwendigen Konzessionen und gewerberechtlichen Grundlagen“, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme.

Ellensohn: „Geschäftemacherei stoppen“

„Die Geschäftemacherei mit gemeinnützigen Wohnungen in der Belvederegasse im 4. Bezirk oder wie in Linz bei der Donaulände muss gestoppt werden“, sagt Ellensohn. „Leistbare Wohnungen müssen leistbare Wohnungen bleiben. Diese Geschäftemacherei gefährdet den gesamten gemeinnützigen Wohnbau in Österreich. Damit wären tausende Wohnungen betroffen.“

Einig mit den Grünen zeigt sich die FPÖ: „Das ist nicht Sinn und Zweck der Wohnbauförderung“, sagt der oberösterreichische Wohnbaulandesrat Manfred Haimbuchner im ORF. „Das Geld der Förderung soll für leistbares Wohnen verwendet werden.“

Wertivnest: Vermietung „rechtlich einwandfrei“

„Herr Ellensohn versucht mit diesem Thema politisches Kleingeld zu machen, ist aber offenbar nicht im Bilde, wie sich die gesetzlichen Bestimmungen tatsächlich darlegen“, heißt es am Donnerstag von Tojners Wertivnest gegenüber dem ORF.

"Wir haben, bevor wir das Konzept der teilweisen Verpachtung an Urbanauts umgesetzt haben, selbstverständlich alle rechtlichen Themenkreise mit Experten geprüft und sind uns sicher, dass auch eine Überprüfung durch ein Gericht zum selben Schluss kommt, dass diese Bewirtschaftungsform rechtlich einwandfrei ist.

Beim Immobilienentwickler sieht man auch keine rechtlichen Verstöße gegen das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG): Laut dem Gesetz gelte zwar der gemeinnützige Mietzins auch nach einem Eigentümerwechsel weiter – jedoch nur für die bestehenden Mietverhältnisse, heißt es. Ein neues Mietverhältnis mit neuen Mietern würde diesen Beschränkungen nicht unterliegen. Auch eine geschäftliche Nutzungsform unterliege nicht den Entgeltbestimmungen des WGG für Wohnungen.

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