Persönliche Handydaten als Goldgrube

Wissenschaft und Handel profitieren davon, dass fast jeder Mensch mit seinem Handy unterwegs ist. Die Arbeiterkammer (AK) hat sich angesehen, welche Schlüsse aus den digitalen Spuren gezogen werden können.

Das Handy weiß, wo wir waren: Daten darüber, wer sich wo aufhält und wie lange, welche Alltagsgewohnheiten er hat und mit wem er sich trifft, können aus Smartphone-Daten herausgelesen werden. Das Institut für Technikfolgen-Abschätzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften untersuchte, welche dieser Informationen die Mobilfunkanbieter jetzt schon auswerten. Anonymisiert werden sie zum Beispiel herangezogen, um den Netzausbau zu planen und Kunden mit Marketinginformationen zu versorgen.

Jasmin Eder mit Handy für ein Selfie am Freitag, 04. August 2017, im Rahmen eines Empfangs des ÖFB-Frauen-Teams am Wiener Rathausplatz

APA/Hochmuth

Handys liefern Besucherdaten auf Großveranstaltungen

Aufschlüsse über Besucherzahl

Ein Großevent auf der Donauinsel: Sicherheitsdienste wollen wissen, wo sich besonders viele Menschen befinden, damit man dort mehr Personal hinschickt. Für eine solche Punktmessung reichen anonyme Daten. Durch sie erhält man die Information, wie viele Handys sich gerade in einem Segment aufhalten, so Gabriele Zgubic, Leiterin der AK-Abteilung für Konsumentenpolitik: „Wir tragen das Smartphone immer bei uns. Das bedeutet auch, dass man ständig digitale Spuren hinterlässt, vor allen Dingen auch in Form von Standortdaten.“

Auch in Bussen und Zügen kann mit Hilfe solcher Daten der Auslastungsgrad gemessen werden. Ein noch viel höheres Interesse haben aber viele Firmen an Bewegungsstromanalysen von Menschen. Daniela Zimmer von der AK: „Es wäre interessant zu wissen, ob die Tourismusströme in Wien, nachdem sie in Schönbrunn waren, häufiger zum Stephansdom oder nach Grinzing fahren. Das lässt sich mit anonymisierten Daten nicht feststellen, dazu bräuchte man pseudonymisierte Daten.“

Schaulustige Handy Foto

ORF

Handys sammeln wertvolle individuelle Daten

Verbindung Verkehrsströme - Einkommen verboten

Pseudonymisierte Daten sind Daten, wo einem Gerät oder einer Person eine eindeutige Kennziffer zugeordnet wird, um sie im Zeitverlauf mitverfolgen zu können. Das ist derzeit in Österreich nicht erlaubt, außer im Fall einer Strafverfolgung. Die von der EU geplante E-Privacy-Verordnung sieht aber laut Zimmer vor, dass die Weiterverarbeitung dieser Daten auch für kommerzielle Zwecke möglich werden kann.

So ist es für die Wirtschaft sehr interessant, „Verkehrsströme durch die Stadt in Verbindung zu bringen mit anderen demografischen und Einkommensdaten. Um eine Ansiedlung einer Geschäftsfiliale in einer bestimmten Straße zu planen, soll ja nicht nur die Frequenz herangezogen werden, sondern es wäre auch interessant, wie viele Personen vorbeiflanieren“, sagte Zimmer. Derzeit dürfen Mobilfunkanbieter eine solche Verknüpfung aber nicht durchführen.

Verkehrsdaten werden bereits ausgewertet

Bereits erlaubt ist aber die Auswertung von Verkehrsdaten, sagte Studienautor Walter Peissl vom Institut für Technikfolgen-Abschätzung: „Sie kennen alle die Anwendung, dass ihnen das Navigationsgerät eine Alternativroute vorschlägt, da auf der gewünschten Route ein Stau zu sein scheint. Das hängt stark damit zusammen, dass man aggregierte Daten von vielen Mobilendgeräten in einem Bereich entlang einer Straße als Stau werten kann - und deshalb auch einen Vorteil für den Nutzer generiert.“

Flüchtlinge laden Handys

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Viele Handys an einem Ort liefern Grundlagen für Interpretationen

Auch als Planungsdaten in Verwendung

Die untersuchten Netzbetreiber A1, T-Mobile und „3“ nutzen Handydaten schon jetzt für ihre eigenen Planungsanalysen, etwa um zu überlegen, wo sie das Netz ausbauen sollen, oder um Kunden Marketinginformationen zu senden. Diese Analysen finden jedoch nur mit anonymisierten Daten statt. Wird die E-Privacy-Verordnung realisiert, könnte sich der Datenschutz verschlechtern, befürchtet die Arbeiterkammer. Denn dann könnten auch personenbezogene Informationen an Privatunternehmen weitergegeben werden.

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