Wiener Orangenbauer per Mausklick

310 Orangenbauern gibt es in Wien, genauer gesagt CrowdFarmers. Sie adoptierten einen Orangenbaum in Valencia und bekommen direkt vom Bauern die Ernte zugeschickt. Das Konzept stammt von zwei spanischen Brüdern.

„Wir überspringen einfach den Zwischenhändler“, das ist zumindest der Plan von Gonzalo Urculo, einem der Gründer von CrowdFarming. Der 32-jährige Spanier ist Landwirt in Valencia und hat zusammen mit seinem Bruder Gabriel das Unternehmen in Madrid initiiert. Orangenbäume sollen dabei durch die Masse (crowd) finanziert werden indem Endverbraucher einen Orangenbaum adoptieren.

Kooperiert wird derzeit mit 13 Bauern auf deren Feldern man einen Baum pflanzen lassen kann. „Das ist Handarbeit mit sehr viel Herzblut, frisch, keine Pestizide oder Konservierungsstoffe und es wird nur auf Anfrage angebaut“, schildert Lena Manz, Mitarbeiterin im deutschen Kommunikationsteam von CrowdFarming.

Faire Orangen, Oliven und Schokolade

Die Orangenbäume können per Internet adoptiert werden, zusätzlich stehen etwa noch Olivenbäume, Kakaobäume auf den Philippinen, Kühe für Käse aus Frankreich, Aloe Vera Blätter aus Sevilla oder Reis vom Naturpark Albufera bei Valencia zur Auswahl.

Jeden adoptierten Baum darf man mit einem eigenen Namen versehen. Besuche des eigenen Baums auf den Feldern sind willkommen. Ein Orangenbaum bringt etwa 80 Kilo pro Saison. Der Bauer legt den Preis selbst fest, hinzukommen die Logistikkosten seitens CrowdFarming. Den Versand der Ernte kann man auf das ganze Jahr aufteilen. 30 Kilo Orangen kosten in etwa 38 Euro plus etwa 20 Euro Versandkosten für Österreich.

CrowdFarming in Valencia

CrowdFarming

Andres Lopez baut Aloe Vera Pflanzen bei Sevilla an

In jeder Saison wird vom Bauern kommuniziert, wann in etwa geerntet werden kann und wann der letzte Zeitpunkt für eine Adoption ist. „Damit eben nur produziert wird, was auch abgenommen wird“, erklärt Urculo. Bereits am Tag der Ernte wird versendet, Lagerhalle gibt es keine. Alternativ können am Ende einer Saison auch eventuelle Ernteüberschüsse bestellt werden.

Ersten österreichischen Kunden in Kremsmünster

In Österreich gibt es etwa 2.000 CrowdFarmers, in Deutschland sind es etwa 21.000 Personen, die entweder einen Baum adoptiert oder einen Ernteüberschuss bestellt haben. „Unsere ersten Kunden in Österreich waren aus Kremsmünster“, erzählt Gonzalo Urculo. 1999 hat er dort mit seiner Familie für ein Jahr gelebt.

Der Unterschied zu Fairtrade

Fairtrade unterstützt die Integration von Kleinbauern in den Weltmarkt. Allerdings produzieren diese in zu kleinen Mengen für den globalen Markt, sodass Fairtrade-Orangen für eine Ein-Liter-Flasche Saft mit herkömmlichen Orangen gemischt werden. Das Fairtrade-Logo darf trotzdem platziert werden.

Vor acht Jahren hat er mit seinem Bruder die heruntergekommene Orangenfarm „Naranjas del Carmen“ seines Großvaters in Betera, nahe Valencia Stadt, übernommen. „Zu Beginn wussten wir aber nicht, wie viele Bäume wir überhaupt pflanzen sollen.“ So entstand die Idee, Kunden eigene Bäume pflanzen zu lassen. Dadurch haben immer wieder Kunden aus Deutschland oder Österreich ihre eigenen Bäume bei „Naranjas del Carmen“ besucht. „Da haben wir gemerkt, dass unsere Kunden gerne Teil des Projekts sein wollen und so ist die Idee für CrowdFarming entstanden“, so Urculo.

Anstatt ihre eigenen Felder auszuweiten, teilen sie das Konzept des direkten Verkaufs mit anderen Bauern seit Ende 2015. „Unsere Bauern verkaufen direkt an die Endverbraucher, wir kümmern uns um die Logistik wie etwa Kommunikation und Versand“, erklärt Urculo. CrowdFarmers werden regelmäßig über ihren Baum mit einem eigenen Online-Zugang informiert.

Natürliche Aromen ohne Lagerung

„Wir sagen nicht, dass wir die besten Orangen anbieten. Aber dafür das beste Konzept für ein faires Wirtschaften“, stellt Urculo fest. Orangen würden allerdings durch die Lagerung in Kühlschränken an Aromen verlieren. Nachdem bei CrowdFarming nicht gelagert wird, erhöht sich die Chance auf einen natürlich guten Geschmack.

CrowdFarming in Valencia

CrowdFarming

Die Orangenfelder bevor die Bäume zu wachsen beginnen

Nicht nur vom Geschmack, sondern vor allem vom Konzept überzeugt ist eine Wiener CrowdFarmerin aus Donaustadt. Sie hat diesen Februar von einem Ernteüberschuss zehn Kilogramm Orangen bestellt und sich diese mit Freunden aufgeteilt. „Es kostet ja im Supermarkt gleich viel und so kriegt der Bauer immerhin das Geld, das ihm zusteht.“ Aufmerksam auf das Unternehmen wurde sie über eine Facebook-Werbung.

„Wir sind keine Fabrik“

Das Versanddatum sowie der Tag der Ernte können allerdings schwanken. „Wenn es zum Beispiel regnet, können wir keine nassen Orangen verschicken“, sagt Urculo. Man müsse als CrowdFarmer Geduld haben, denn im Endeffekt ist die Ernte sehr stark von der Natur abhängig. „Wenn man das Konzept nicht versteht, dann sollte man nicht CrowdFarmer werden. Wir sind eben keine Fabrik, sondern arbeiten nur mit der puren Natur.“

Ziel für die nächsten Jahre ist es, noch mehr Bauern sowie Endverbraucher einbinden zu können. „Wir würden gerne die europäische Landwirtschaft retten, das Problem der unterbezahlten Bauern und schadstoffhaltigen Lebensmittel lösen,“ schildert Urculo. Er beschreibt seine Vision zwar als romantisiert, allerdings ist er fest davon überzeugt, dass dieses Konzept auch in Zukunft Erfolg haben wird. Die Marke CrowdFarming haben sie sich deshalb in Europa und den USA bereits patentieren lassen.

Sofie Hörtler, wien.ORF.at

Links: