Wien-Bonus für Lehrlinge und Firmenaufträge

Nach der Einführung eines Wien-Bonus im Gemeindebau will die Stadt diesen ausweiten: Künftig sollen bei der Vergabe von Lehrlingsplätzen und Jobs im Rathaus bzw. in stadteigenen Unternehmen Wiener Bewerber bevorzugt werden.

Auch bei Aufträgen der Stadt sollen prioritär Wiener Firmen zum Zug kommen. Diese Maßnahmen kündigte Bürgermeister und SPÖ-Landesparteichef Michael Ludwig am Freitag bei einer Pressekonferenz am Rande der roten Klubtagung in Frauenkirchen an. Man verstehe sich als „Wien-Partei“ und wolle sich insofern zuerst auch um die Bedürfnisse der Wienerinnen und Wiener kümmern, meinte das Stadtoberhaupt.

Bevorzugung der Wiener mit EU-Recht abgestimmt

Gleichzeitig betonte Ludwig auf Nachfrage, dass bei der Bevorzugung der eigenen Einwohnerschaft freilich sämtliche rechtliche Rahmenbedingungen - etwa EU-Richtlinien - eingehalten werden müssten. Nicht zuletzt deshalb werde man freilich auch weiterhin Menschen aus anderen Bundesländern und Nichtösterreicher einstellen.

Ludwig und Taucher

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Bürgermeister und SPÖ-Rathausklubchef Josef Taucher bei der Präsentation des Wien-Bonus

Ökologische Kriterien wie kurze Anfahrtswege

Konkret geht es um rund 1.000 Lehrstellen pro Jahr - rund je die Hälfte direkt bei der Stadt bzw. bei Tochtergesellschaften. Hier sollen Interessenten mit Hauptwohnsitz Wien im Bewerbungsverfahren zuerst geprüft werden. Darüber hinaus betrifft die Ausweitung des Wien-Bonus - wobei Ludwig diesen Begriff am Freitag selbst nicht in den Mund nahm - jährlich 3.000 Jobs sowie weitere 1.000 bei den Stadtwerken. Hier sollen Hauptstädter bei gleicher Qualifizierung bevorzugt werden.

SPÖ-Klubtagung: Wien-Bonus ausgeweitet

Der Wien-Bonus soll künftig auch gelten, wenn die Stadt Jobs vergibt oder die Stadt Firmen beauftragt.

Bei Firmenaufträgen will Ludwig über die Ausschreibungsmodalitäten hiesigen Unternehmen einen Vorteil verschaffen. Gehen soll das etwa dadurch, dass ökologische Kriterien wie kurze Anfahrtswege bei der Bewertung eine Rolle spielen sollen. „Wenn wir als Stadt Gemüse kaufen, werden wir schauen, dass Wiener Landwirte zum Zug kommen“, nannte der Bürgermeister ein Beispiel.

Rendi Wagner und Ludwig

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Demonstrierte Einigkeit bei der Klubtagung der Wiener SPÖ in Frauenkirchen

Beschäftigung für 500 Arbeitslose

Außerdem will das Rathaus älteren Wienern ohne Job unter die Arme greifen. So sollen 500 Arbeitslose über 50 Jahre für zumindest zwölf Monate eine Beschäftigung bekommen, kündigte Ludwig an. Diese könnten etwa im Schulbereich für administrative Tätigkeiten eingesetzt werden: „Das wäre eine Entlastung für die Pädagogen.“

Das Spezialbeschäftigungsprogramm für Betroffene mit Hauptwohnsitz Wien ist ähnlich der noch unter der SPÖ-ÖVP-Bundesregierung eingeführten „Aktion 20.000“. Sie wurde im Vorjahr von Türkis-Blau gestrichen. „Wir haben das als SPÖ Wien sehr bedauert, und wir wollen das so nicht zur Kenntnis nehmen“, sagte der Wiener Bürgermeister.

Für die Qualifizierung und Einstellung der 500 älteren Arbeitslosen, die gemeinsam mit dem Arbeitsmarktservice abgewickelt wird, werden 4,5 Mio. Euro bereitgestellt. Nach Ende der einjährigen Beschäftigungsdauer sollen die Betroffenen dann weiterführend beraten und vermittelt werden.

Wien-Bonus: Analyse von Paul Tesarek

Warum die Wiener SPÖ die Wiener und Wienerinnen voranstellt, analysiert Chefredakteur Paul Tesarek.

Wiener Grüne zeigen sich gesprächsbereit

Die Wiener Grünen zeigten sich am Freitag bereit, über den auf der Klubtagung der Wiener SPÖ vorgestellten Ideenkatalog zu diskutieren. „Ich begrüße natürlich Maßnahmen, die allen Menschen, die in Wien leben, zugute kommen“, sagte die designierte Vizebürgermeisterin Birgit Hebein.

Eine „Stadt der kurzen Wege“ und des kleinen ökologischen Fußabdrucks, wie heute mehrfach erwähnt wurde, bedürfe auch einer mutigen Verkehrspolitik, wie sie die Grünen seit Jahren vorantreiben, hielt Hebein fest. Lebensqualität in Zeiten des Klimawandels hieße zudem, auch grüne Oasen im dichtverbauten Gebiet zu schaffen.

Opposition spricht von „Mogelpackung“

Der nicht amtsführende Vizebürgermeister Dominik Nepp (FPÖ) hält von den Vorschlägen hingegen wenig, wie er in einer Mitteilung beschied. Er sprach von einer „Mogelpackung“: „Wenn Ludwig jetzt plötzlich draufgekommen sein will, dass die Arbeitslosenquote bezogen auf die in Wien lebende Bevölkerung zu hoch ist, dann sollte er gleichzeitig auch eingestehen, dass dies das alarmierende Ergebnis fahrlässiger sozialdemokratischer Zuwanderungspolitik ist.“

„Die rasche Umsetzung der Mindestsicherungsreform wäre der beste Wien-Bonus“, befand der nicht amtsführende Stadtrat Markus Wölbitsch (ÖVP). NEOS-Wien-Klubobmann Christoph Wiederkehr sprach sich hingegen klar gegen die Bevorzugung von Wiener Bewerbern auf dem Arbeitsmarkt und von Wiener Unternehmen bei Auftragsvergaben aus. Ludwig ziehe den Stacheldraht um die Stadt.

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