Jüdisches Museum im Hollywood-Fieber

Nach neun Monaten Umbauzeit meldet sich das Jüdische Museum mit einer neuen Ausstellung zurück: „Bigger Than Life. 100 Jahre Hollywood“ erzählt die Erfolgsgeschichte von jüdischen Migranten wie William Fox oder die Warner Brothers.

Seit Ende Jänner war das Jüdische Museum in der Dorotheergasse wegen Sanierung geschlossen. Gleich zu Beginn der Umbauarbeiten kam es zu einem kleinen Skandal, weil 21 Hologramme zerstört wurden. Dies führte sogar international zu heftigen Protesten. Doch jetzt steht die Neueröffnung des Jüdischen Museum im Mittelpunkt.

Die „Erfinder“ von Hollywood

Das Museum präsentiert sich mit renovierter Fassade, neuem Eingangsbereich und der Ausstellung „Bigger Than Life. 100 Jahre Hollywood. Eine jüdische Erfahrung.“ Erzählt wird die Geschichte einer Gruppe junger mittel- und osteuropäischer Juden, die sich in den USA eine bessere Zukunft erarbeiten wollten. Heute würde man sie Wirtschaftsflüchtlinge nennen.

Unter ihnen waren Adolph Zukor (Paramount), William Fox, Louis B. Mayer (MGM), Carl Laemmle (Universal) und die Warner Brothers. Ende des 19. Jahrhunderts erreichten sie mit überfüllten Einwandererschiffen New York, zwei Jahrzehnte später „erfanden“ sie Hollywood: das Studiosystem, die Stars, das Happy End.

Charlie Chaplin im Film „The Immigrant“, 1917. Chaplin wurde wegen seiner Einwanderer-Darstellungen sowohl von Juden als auch Nichtjuden für einen Juden gehalten.

© Photofest

Charlie Chaplin im Film „The Immigrant“, 1917. Im Bild von links nach rechts: Charlie Chaplin, Edna Purviance, Kitty Bradbury

Baseball-Schläger aus „Inglourious Basterds“

Museumsdirektorin Danielle Spera: „Unsere erste Wechselausstellung passt punktgenau zu unserer Eröffnung des Hauses, denn die Traumfabrik wurde im Oktober 1911 mit der Eröffnung der ersten Studios in Hollywood von jüdischen Emigranten aus Ost- und Mitteleuropa gegründet, daran knüpfen wir an und gehen dieser Erfolgsstory bis heute nach“.

Die Ausstellung analysiert die anfangs zögerliche Anti-Nazi-Propaganda und die unterschiedlichen Versuche, um das Unfassbare des Holocaust fassbar zu machen. Am Ende der Ausstellung findet sich schließlich ein Objekt, das das Jüdische Museum in diesem Jahr in Los Angeles für seine Sammlung erwerben konnte: Der Baseball-Schläger des von Eli Roth gespielten „Bear Jews“ aus dem Film „Inglourious Basterds“ von Quentin Tarantino. Als „fiktive jüdische Angriffswaffe“ ist er ein Symbol für eine neue Herangehensweise Hollywoods an die Jahre der Shoa.

Oskars, Blockbuster und Exponate

„Wir haben Meilensteine der Filmgeschichte mit der europäisch-jüdischen Erfahrung in Beziehung gesetzt“, erläuterte Werner Hanak-Lettner, Chefkurator des Jüdischen Museums. Ziel ist es, den Besuchern einen Blick hinter die Kulissen des 20. Jahrhunderts zu geben. Dafür wurden zahlreiche Objekte als Leihgaben nach Wien geholt.

Austellungshinweis

Die Schau läuft bis 15. April 2012. Die Öffnungszeiten sind von Sonntag bis Freitag, 10.00 bis 18.00 Uhr

Zu sehen sind Filme, riesige - bisher noch nie gezeigte - Filmplakate aus der Stummfilmzeit und überraschende Exponate: Von einer silbernen Zigarrenbox des Kettenrauchers und Paramount-Gründers Adolph Zukor über einen Sessel aus Rick’s Cafe Americain aus dem Film „Casablanca“ bis hin zu Kostüm und Architekturentwürfen für den ersten Blockbuster der Geschichte „Vom Winde verweht“. Der große, in Wien geborene Produzent Eric Pleskow, Präsident der Viennale, leiht dem Museum die drei wichtigsten seiner insgesamt vierzehn Oscars, die er für Filme wie „Einer flog über das Kuckucknest“ (1975), „Rocky“ (1976), und „Der Stadtneurotiker“(1977) gewonnen hat.

Ergänzend zur Ausstellung findet in Zusammenarbeit mit dem Filmmuseum Wien von 20. Jänner bis 8. Februar 2012 die Retrospektive „Hall of Mirrors. Hollywood über Hollywood, 1950 –1962“ im Filmmuseum statt.

Marilyn Monroe und Jane Russell vor Sid Grauman’s Chinese Theatre am Hollywood Boulevard, 1953

Photofest

Marilyn Monroe und Jane Russell vor Sid Grauman’s Chinese Theatre am Hollywood Boulevard, 1953

Alles neu im Jüdischen Museum

„Wir präsentieren ein in jeder Hinsicht neu gestaltetes Haus", so Direktorin Spera. „Wir haben im Schaudepot des Museums eine Neuinterpretation unserer Sammlungen vorgenommen. Erstmals stellen wir auch jene Persönlichkeiten vor, denen wir unsere Sammlungen verdanken, etwa Max Berger oder Martin Schlaff“ - mehr dazu in wien.ORF.at.

Bilder vom sanierten Museum

Sendungshinweis

Guten Morgen Wien, Sendung vom 19. Oktober 2011

Das Museum wurde auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Erneuert wurde die gesamte Infrastruktur und die komplette Klima- und Haustechnik. Das Museumscafe ist jetzt im früheren Kassenbereich untergebracht und der neue, größere Veranstaltungssaal wurde in den zweiten Stock des Hauses verlegt. Gekostet hat die Sanierung rund 2,6 Millionen Euro.

Links:

  • Jüdisches Museum (www.jmw.at)
  • Filmmuseum (www.filmmuseum.at)