Was tun bei verhaltensauffälligen Kindern
In der heutigen Zeit wird der Begriff „Verhaltensauffälligkeit“ laut Busch-Frankl viel zu schnell und unüberlegt verwendet, viele Kinder werden vorschnell als aggressiv oder auffällig bezeichnet. Denn es ist normal, das Kinder mal unruhig, ängstlich oder aggressiv sind und sich gegen die Forderungen der Eltern stellen. Es gibt aber auch ein Grenze, wo man in den Bereich der krankhaften Verhaltensauffälligkeit kommt.
Prinzipiell gilt: Ein Verhalten wird erst als auffällig bezeichnet, wenn es erheblich und dauerhaft von der Norm abweichend ist. Ein wichtiges Kriterium ist zudem das subjektive Leid der Betroffenen.
Entwicklungsphase, Trauma oder Vernachlässigung?
Als eine Verhaltensauffälligkeit kann beispielsweise aggressives Verhalten, provokantes oder selbstschädigendes Verhalten wie etwa das Ritzen der Haut bezeichnet werden. Aber auch sozialer Rückzug ist ein auffälliges Verhalten. Diese scheinbar „ruhigen“ Kinder fallen allerdings nicht so häufig negativ auf und leiden im Stillen.
Für solche Auffälligkeiten gibt es mehrere Ursachen. Es kann sich um eine normale Entwicklungsphase (Trotzreaktion) handeln, ein Trauma wie etwa Missbrauch oder Misshandlung kann passiert sein oder es handelt sich um körperliche Gegebenheiten, zum Beispiel hormonell bedingt oder auf Grund einer Behinderung. Deshalb ist eine Abklärung von klassisch medizinischer Seite beim Arzt auch der erste Schritt, wenn ein Kind „auffällig“ ist.
Fast immer ein Hilferuf
Auffälligkeiten können aber auch eine Reaktion auf die Lebenssituation des Kindes sein - bei fehlerhafter Erziehung und sozialer Verwahrlosung gilt oftmals: Besser negative Aufmerksamkeit als keine Aufmerksamkeit.
Verhaltensauffälligkeiten sind meist eine Reaktion auf ein schwieriges Umfeld. Das Kind ist aber im Gegensatz zum Erwachsenen von seinem Umgebung abhängig. Kinder mit auffälligem Verhalten provozieren nicht, weil sie „böse“ sind, sondern sie wollen einen Hilferuf durch ihr Verhalten senden. Diese Kinder wollen durch ihr Verhalten die Aufmerksamkeit der Eltern, da sie von diesen möglicherweise zu wenig bekommen oder eifersüchtig auf Geschwister sind.
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Zuerst Ursachenforschung, dann Intervention
Ein Problem unsere Zeit ist, dass immer mehr Eltern verunsichert sind. Sie kaufen sich Ratgeber und laufen von einer Erziehungsberatung zur nächsten. Die Folge ist: Das Kind lernt, mit mir ist etwas nicht in Ordnung. An mir muss was „behandelt“ werden.
Wenn Eltern wirklich verunsichert sind und das Verhalten das Kind und die Familie/Schule bereits belastet, sollten Eltern erstmals ohne dem Kind eine Beratung aufsuchen. Erster Schritt sollte immer sein, die Ursache herauszufinden. Erst wenn man diese kennt, kann man Interventionen setzen. Darüber hinaus sollte auch das Verhalten des Kindes mit Gleichaltrigen verglichen werden, da in einer gewissen Altersstufe bestimmte Verhaltensweisen normal sind, welche aber in einer anderen Altersgruppe ein auffälliges Verhalten darstellen.
Sendungshinweis
„Radio Wien“-Magazin, 16. Juli 2912
Im Umgang mit tatsächlich verhaltensauffälligen Kindern ist es wichtig, dass die Eltern dem Kind gegenüber viel Einfühlungsvermögen und Verständnis entgegen bringen. Denn besonders diese Kinder brauchen eine stabile Beziehung, um Vertrauen aufbauen zu können. Das Motto dabei: Positiv verstärken statt strafen. Eltern müssen lernen, zwischen der Person des Kindes und seinem Verhalten zu unterscheiden, denn nicht das Kind ist „böse“, sondern sein Verhalten ist belastend.