Kunsthalle neu, Matt freigestellt

Gerald Matt, Direktor der Kunsthalle, wird dienstfrei gestellt, der unabhängige Betreiberverein in eine GmbH umgewandelt. Am Freitag hat Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) die Neuordnung der Kunsthalle präsentiert. Matt will aber bleiben.

Matt wird von 1. Jänner bis 31. März 2012 für drei Monate dienstfrei gestellt. In dieser Phase übernimmt Kunsthaus-Geschäftsführer Franz Patay auch die Geschäftsführung der Kunsthalle. Seine Aufgabe ist es auch, alle Verträge und Verpflichtungen des Vereins Kunsthalle zu prüfen und sie in die neue GmbH im Eigentum der Stadt zu überführen. Künftig ist für die Kunsthalle ein gleichberechtigtes Leitungsduo aus kaufmännischer und künstlerischer Geschäftsführung geplant, das nach dem Vieraugenprinzip arbeiten soll.

Auch die KÖR GmbH, derzeit noch eine hundertprozentige Tochter der Kunsthalle Wien, wird ins Eigentum der Stadt Wien übernommen. Eine Umstrukturierung war im Zuge der Vorwürfe gegen Matt immer wieder gefordert worden. Zuletzt hatten die Grünen eine Zustimmung zur Subvention für die Kunsthalle an personelle Konsequenzen geknüpft - mehr dazu in Matt sorgt für Koalitionsverstimmung.

Pressekonferenz zur "Neustrukturierung der Kunsthalle Wien"

APA/Herbert Neubauer

Der grüne Kultursprecher Klaus Werner-Lobo, Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) und Sonja Hammerschmid, Rektorin der Veterinärmedizinischen Universität.

Matt: „Nein, das stimmt nicht“

Er respektiere eine Dienstfreistellung, „die die Subvention für die Kunsthalle sichere und die ihm von den Wiener Grünen aufgezwungen worden sei“, teilte Matt in einer Aussendung dem Vorstand der Kunsthalle mit. Matt betonte, dass „er stets korrekt für die Kunsthalle gearbeitet habe und dies alle bisherigen Prüfungen bestätigen“. Bei den bisherigen Konflikten gehe es nicht primär um seine Person, sondern um grüne Partei- und Machtpolitik, so Matt weiter.

„Hier geht es um Diffamierung. Hier geht es um Verweigerung von Subventionen“, sagte Matt in einem ORF-Interview. Er wies dezidiert alle Vorwürfe zurück, etwa Mitarbeiter der Kunsthalle dazu verwendet zu haben, sein Auto reparieren zu lassen oder Möbel zu übersiedeln: „Nein, das stimmt nicht.“ Er will daher auch seinen bis Ende 2014 laufenden Vertrag erfüllen.

Freistellung bei vollen Bezügen

Die Dienstfreistellung bei vollen Bezügen läuft über den noch amtierenden Vorstand, drei Monate stellen hier rein arbeitsrechtlich das Maximum dar. „Mir wurde versichert, dass es möglich ist“, so Mailath-Pokorny. Hinsichtlich der Zukunft von Matt schieden sich jedoch die Koalitionsgeister. „Wir versuchen bis Ende März ein möglichst lückenlose Aufklärung - ergebnisoffen“, betonte Mailath-Pokorny und äußerte grundsätzliche Zufriedenheit mit der inhaltlichen Arbeit von Matt.

Der grüne Kultursprecher Klaus Werner-Lobo dagegen hält den künstlerischen Zenit des seit 1996 aktiven Kunsthallen-Leiters für „überschritten“. „Es ist kein Geheimnis, dass unsere Lust, Gerald Matt wieder als Direktor der Kunsthalle zu sehen, endenwollend ist“, so Werner-Lobo.

Zufrieden kommentierte die Kultursprecherin der FPÖ, Heidemarie Unterreiner, die Ergebnisse der Kunsthallen-Neustrukturierung. „Die lange Liste der vermeintlichen Verfehlungen von Kunsthallen-Direktor Gerald Matt haben nun die zuständigen Herrschaften in der Wiener Kulturpolitik auch endlich dazu bewogen, die längst überfällige Suspendierung auszusprechen“, so Unterreiner in einer Aussendung.

Kunsthalle-Direktor Gerald Matt im April 2011 bei einer Pressekonferenz in Wien

APA/Herbert Neubauer

Der dienstfrei gestellte Kunsthallen-Direktor Gerald Matt

Freundesverein für die Kunsthalle

Die Kunsthalle Wien soll künftig von einer künstlerischen und einer kaufmännischen Geschäftsführung auf Augenhöhe geleitet werden, Letztere wird „so bald wie möglich“ ausgeschrieben. Im Aufsichtsrat der GmbH sitzt mit Ottakringer-Chef Siegfried Menz nur noch ein Mitglied des bisherigen Vereinsvorstands, neben Hammerschmid und Menz werden auch Wien-Tourismus-Chef Norbert Kettner, Kulturamtsleiter Bernhard Denscher, der freie Kurator Martin Fritz sowie Betriebsräte der Kunsthalle im Aufsichtsrat sitzen.

Der bisherige Verein wird in einen Freundesverein für die Kunsthalle ohne städtische Subventionen umgewandelt. Für Mailath-Pokorny ist diese Neuordnung eine gute Lösung: „Ich bin im Grunde gegen Crash-Varianten. Man muss nicht irgendwas gegen die Wand fahren, um einen konstruktiven Neuanfang zu starten.“

Der Vorstand der Kunsthalle sprach Matt das Vertrauen aus. Auch die Überführung des Vereins in eine GmbH klingt laut Kunsthallen-Präsident Thomas Häusle noch nicht nach beschlossener Sache: „Um die Zukunft der Kunsthalle Wien und ihrer über 50 Arbeitnehmer sicher zu stellen, wird der Verein (...) in die Verhandlungen über eine Umsetzung der gegenständlichen Maßnahmen eintreten.“

Korruptionsstaatsanwaltschaft und Kontrollamt prüfen

Am 9. April wurden erstmals Vorwürfe gegen den Kunsthallen-Direktor laut. Matt soll in den Jahren von 1998 bis 2005 private Dienstleistungen über das Ausstellungshaus verrechnet haben. Einzelne Zeugen berichteten von regelmäßigen Transporten privater Möbel sowie Einbauten und Reparaturarbeiten an Matts Autos, die im Rahmen monatlicher Abrechnungen vom Verein Kunsthalle Wien bezahlt worden seien.

Die Kunsthalle hatte die Vorwürfe gegen Matt zurückgewiesen. Für Matt gilt die Unschuldsvermutung. Derzeit befassen sich Korruptionsstaatsanwaltschaft und Kontrollamt mit einzelnen der Vorwürfe. Dem Vorstand des Vereins Kunsthalle rund um Präsident Thomas Häusle war verschiedentlich vorgeworfen worden, zu sehr auf der Seite des Direktors zu stehen und seine Kontrollfunktionen zu wenig wahrzunehmen. Auch ein stärkeres Durchgriffsrecht der Politik war urgiert worden.

Matt seit 1996 Direktor

Matt ist seit 1996 Direktor und Kurator der Kunsthalle Wien. Er studierte Rechtswissenschaften, Betriebswirtschaft und Kunstgeschichte. Der „Dandy der Wiener Kunstszene“, wie der u. a. als Gastprofessor der Universität für angewandte Kunst tätige Matt vielfach bezeichnet wurde, begann seine Karriere als parlamentarischer Mitarbeiter der FPÖ.

TV-Hinweis

Wien heute hat mit Gerald Matt gesprochen. Den Beitrag sehen Sie in Wien heute, 19.00 Uhr, ORF2.

Von 2001 bis 2006 war der gebürtige Vorarlberger Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Museums für moderne und zeitgenössische Kunst Bozen. Sechs Jahre beriet er auch das Museum moderner Kunst Bologna, und von 2007 bis 2010 war er Mitglied des wissenschaftlichen Beirats und Kurator der temporären Kunsthalle Berlin. Als Lektor war er auch am Institut für Kulturmanagement in Wien und am Zentrum für Internationales Kunstmanagement Köln tätig.

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