Schlankere Strukturen für die Kirche

Bei einem Pilotprojekt in Wien-Favoriten will sich die Erzdiözese Wien auf die veränderte Gesellschaft einstellen. Kardinal Christoph Schönborn kündigte einen „zum Teil schmerzlichen Abschied“ an.

„Wir stehen an einer Zeitenwende“, meinte Kardinal Schönborn am Montag. Mit dem Programm „Apostel 2.1“ soll die römisch-katholische Kirche in Wien eine verbesserte Version eines bewährten Programms erhalten: „Die Konstantinische Zeit der Kirche ist zu Ende. Diese Ära war geprägt von der Idee der Staatsreligion, in die man hineingeboren wird und sein Leben lang bleibt“, so Schönborn. In der freiheitsliebenden Gesellschaft biete sich eine „Fülle an Möglichkeiten“: „In dieser Funktion ist die Kirche nur ein Player unter vielen anderen.“

Kardinal Christoph Schönborn bei einem Medienempfang im September 2011

APA/Georg Hochmuth

Kardinal Christoph Schönborn

„Schmerzlicher Abschied“ möglich

Der Kardinal verwies auf die Situation in Favoriten: Im Stadtdekanat 10 leben über 177.000 Menschen, davon knapp 60.000 Katholiken. Die 15 Pfarren zählen zwischen 2.000 und 7.000 Katholiken. In den vergangenen zwanzig Jahren habe sich im Dekanat nicht nur der Katholikenanteil von 60 auf 34 Prozent massiv reduziert, sondern auch das Leben in der Kirche ausgedünnt. „Das sind enorme Veränderungen, die für die Gestalt der Kirche nicht ohne Folge bleiben“, so Schönborn.

Er räumte ein, dass es zum Teil ein „schmerzlicher Abschied“ werde, betonte jedoch: „Die Kirche der Zukunft in Wien wird weiterhin ein flächendeckendes Pfarrnetz haben. Aber die Pfarren werden teilweise größer sein.“ Die Strukturen sollen jedenfalls schlanker werden. „Es geht nicht um einen Abbau, sondern um einen Umbau“, so Schönborn.

Pastoralamtsleiterin Veronika Prüller-Jagenteufel meinte ebenfalls, man könne „nichts“ ausschließen, auch keine Schließungen. Pfarrgrenzen seien ebenso wenig wie kirchliche Standorte in Stein gemeißelt. Noch sei aber nichts fixiert, man befinde sich in einem laufenden Prozess. Generalvikar Nikolaus Krasa sieht die Hauptaufgabe der Kirche nicht in der Gebäudeverwaltung, sondern beim Menschen.

Pfarre muss mindestens 4.000 Katholiken haben

Das Dekanat Favoriten wurde nun beauftragt, ein Konzept für eine Neuordnung zu entwickeln. Ziel der Reorganisation seien „Pfarren und Gemeinden, die aufgrund struktureller Entlastung und stärkerer Zusammenarbeit an Lebendigkeit gewinnen“.

Rahmenbedingungen gebe es ebenfalls, so soll eine Pfarre etwa aus mindestens 4.000 Katholiken bestehen. Weiters sollen die Kosten für den Betrieb des Pfarrheims 20 Prozent der erwirtschafteten Einnahmen - aus dem Kirchenbeitrag, aus Vermietungen, von Veranstaltungen - nicht überschreiten. Werden diese Vorgaben nicht erreicht, sei dies zu dokumentieren und über eine Lösung zu diskutieren, so Prüller-Jagenteufel.

Das Dekanatsteam werde Mitte Juni einen Zwischenbericht und zum Jahresende einen Endbericht über die Tätigkeit vorlegen. Ab 1. September 2013 werde das Dekanat aus neu errichteten Pfarren und Gemeinden bestehen.

Budget für Kirchensanierung seit Jahren gleich

Vor kurzem hatte der Bauamtsleiter der Erzdiözese Wien, Harald Gnilsen, über das zu geringe Budget für die Erhaltung von Kirchn und Gebäuden der Erzdiözese beklagt. Gerade kleinere Kirchen abseits der öffentlichen Wahrnehmung würden ihm Sorgen bereiten - mehr dazu in „Schwierigkeiten immer größer“: Kirchen zerbröckeln.

Für Gesprächsstoff hatte im Vorjahr die Pfarre Neulerchenfeld gesorgt. Die Pfarrmitglieder lehnen die von Kardinal Schönborn geplante Schenkung des Gotteshauses an die serbisch-orthodoxe Kirche und die Auflösung der Pfarre Neulerchenfeld ab - mehr dazu in Gläubige weiter gegen Kirchenschenkung.

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