Schwangere abgewiesen: Amt prüft

Die Nichtaufnahme einer Schwangeren mit Blutungen in zwei Spitälern schlägt hohe Wellen. Während Gesundheitsminister und KAV-Direktor betonten, dass jeder Mensch behandelt werden müsse, prüft nun die MA 40 den Vorfall.

„Auf den ersten Blick denke ich, dass die Entscheidung des AKH nicht richtig war“, erklärte Renate Christ, Leiterin der MA 40 (Sozial- und Gesundheitsrecht). Sie betonte jedoch auch: „Ich will niemanden vorschnell verurteilen.“ Bisher kenne sie nur die Geschichte der Betroffenen aus Medienberichten: „Ich habe noch keinen runden Sachverhalt.“

Die beiden Anstalten AKH und Göttlicher Heiland seien von der MA 40 aufgefordert worden, ihre Sichtweise darzulegen. Ein Ergebnis soll es schon bald geben: „Ich hoffe, dass wir es in allerspätestens zwei Wochen aufgeklärt haben“, kündigte Christ an.

Zwei Gesetze werden zur Untersuchung herangezogen

Im APA-Gespräch verwies Christ auf zwei Gesetze, die bei der Untersuchung herangezogen werden. Im Paragraf 36 (4) des Krankenanstaltengesetzes wird etwa definiert, welche Personen unabweisbar sind - das heißt, welche Personen aufgenommen werden müssen. Jetzt müsse jedenfalls erst einmal der Sachverhalt geklärt werden: „Sollte bei unserer Sachverhaltsermittlung herauskommen, dass die Dame unabweisbar war, dann werden wir einen entsprechenden Strafantrag einbringen.“ Dabei könnte beiden Krankenanstalten eine Verwaltungsstrafe von bis zu 2.100 Euro drohen.

Auch das Ärztegesetz wird bei der Untersuchung herangezogen. Denn Ärzte dürfen diesem zufolge im Falle drohender Lebensgefahr die Erste Hilfe nicht verweigern. Sollte dies der Fall gewesen sein, dann würden die Ärzte, die die Frau weggeschickt haben, zu Verantwortung gezogen werden. Bei einem Vergehen würde eine Geldstrafe verhängt werden. Bei der behördlichen Untersuchung soll außerdem die Frage geklärt werden, ob das Kind auch gestorben wäre, wenn die Frau gleich aufgenommen worden wäre.

Gesundheitsminister meldete sich zu Wort

„Menschen müssen in Krankenhäusern behandelt werden“, stellte Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) zuvor klar. Die Spitäler hätten dazu einen klaren Auftrag, das treffe auch auf Universitätsspitäler zu. Die Belastung und der Verlust der Frau sei „unwiederbringlich“. Die Schuldfrage müsse jetzt objektiv geprüft werden. Man müsse aus den Fehlern lernen. „Universitätsspitäler bilden ja auch Ärzte aus und diese müssen lernen, wie Patienten, die in Sorge sind, zu behandeln sind.“

Die Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) sprach gegenüber „Wien heute“ von einer „Verkettung von unmöglichen Zuständen“. Es könne einer Frau nichts Schlimmeres passieren, als ein Kind zu verlieren. Sie erwarte sich, dass im AKH das passiere, was in jedem anderen Gemeindespital, wo die Ärzte Gemeindebedienstete sind, passieren würde, nämlich eine dienstrechtliche Prüfung. Der Rektor der MedUni Wien, Wolfgang Schütz, müsse prüfen, ob alles gut gelaufen sei oder ob es Fehler gegeben habe.

Auch Marhold kritisiert AKH

Bei der Patientin habe es sich um einen „gynäkologischen Notfall“ gehandelt, der auch entsprechend zu behandeln gewesen wäre, sagte der Generaldirektor des Krankenanstaltenverbundes (KAV), Wilhelm Marhold. Das Argument des AKH, nur für Risikoschwangerschaften zuständig zu sein, ließ er nicht gelten: „Das ist medizinisch, rechtlich und humanitär nicht haltbar.“ Das AKH sei rechtlich dazu verpflichtet, Notfälle aufzunehmen. „Das kann man sich so nicht nach Belieben zusammen zimmern“, so Marhold.

Nicht gelten lassen wollte Marhold auch den „verquerten“ Hinweis auf Sparmaßnahmen und damit einhergehende Engpässe. Er verstehe es nicht, wie ein Notfall dafür genutzt werden könne, Sparmaßnahmen zu kritisieren.

Ärzte machen Sparmaßnahmen verantwortlich

„Es ist vermutlich eine erste Konsequenz von Personalreduktion und solche Fälle werden sich, fürchte ich, häufen, wenn weiter Personal abgebaut wird“,warnte der Vorsitzende des Betriebsrats des ärztlichen AKH-Personals, Thomas Szekeres.

Den Vorfall bedauert hat die Österreichische Ärztekammer. Aber auch Harald Mayer, Bundesobmann der angestellten Ärzte, macht „durch Sparmaßnahmen verursachte Engpässe in den Krankenhäusern“ verantwortlich. Man könne nicht von den Spitälern verlangen, alle Bürgerinnen und Bürger zu betreuen, wie dies Gesundheitsminister Stöger verlange, wenn gleichzeitig „an allen Ecken und Enden eingespart wird, dass es nur so kracht“.

Keine Notwendigkeit zur Aufnahme?

Das Krankenhaus Göttlicher Heiland stellte klar, dass die Frau nicht abgewiesen worden sei. Es sei gemäß der Untersuchung entschieden worden, dass ein stationärer Aufenthalt nicht für notwendig erachtet wurde. Als die Frau „unsere Ambulanz aufsuchte, war die Blutung nur leicht und keine Indikation für eine stationäre Aufnahme. Es wurden häusliche Bettruhe und eine Medikation verordnet“, heißt es in der Aussendung. Es habe sich aber gezeigt, dass dies zwar medizinisch angemessen, aber doch nicht genug gewesen sei, hieß es weiter.

TV-Hinweis

Wien heute hat mit den Verantwortlichen in den Spitälern gesprochen. Den Beitrag sehen Sie in Wien heute, 19.00 Uhr, ORF2.

Eine stationäre Aufnahme hätte den Verlust des Kindes nicht verhindern können. Neben einer sorgfältigen medizinischen Versorgung sei in einer so belastenden Situation der psychologische Beistand unabdingbar, hieß es weiter. Laut dem Spital hätte hier etwas besser gemacht werden können. Eine stärkere Kommunikation mit der Frau in dieser Situation sei offensichtlich nicht gelungen. Diese „schien bei der Untersuchung besonders ruhig und gefasst, was unsere Einschätzung ihrer Angst leider erschwerte“.

Baby nach Blutungen verloren

Die 26-jährige Wienerin war in der 13. Woche schwanger. Sie kam mit Blutungen in das Krankenhaus Göttlicher Heiland, tags darauf in das AKH. Erst in der Rudolfstiftung wurde die Frau stationär aufgenommen, wo sie dann aber das Baby verlor. Die Patientenanwaltschaft prüft. Von einem Fehler wollte man im AKH nicht sprechen - mehr dazu in Abgewiesen: Schwangere verlor Baby.