Rapid-Torhüter verletzt: Freispruch für Austria-Fan

Beim Derby Rapid - Austria war im August 2008 Rapid-Torhüter Georg Koch durch einen Feuerwerkskörper schwer verletzt worden. Ein 21-jähriger Austria-Fan stand deswegen am Donnerstag vor Gericht, den Freispruch begründete die Richterin auch mit mangelhaften Ermittlungen.

Schon in den ersten Spielminuten hatten Austria-Fans am 28. August 2008 Gegenstände auf das Spielfeld des Hanappi-Stadions geworfen. In der sechsten Spielminute explodierte in unmittelbarer Nähe von Rapid-Torhüter Georg Koch ein Böller. Er erlitt dabei einen massiven Hörverlust am rechten Ohr in Verbindung mit einem Tinnitus.

Damit verbundene anhaltende Gleichgewichtsstörungen und Schwindelgefühle sowie eine posttraumatische Belastungsstörung sorgten dafür, dass der Sportler in Folge von Berufsunfähigkeit seinen Vertrag mit Rapid einvernehmlich auflösen und im März 2009 seine Karriere beenden musste.

Rapid-Torhüter Georg Koch nach dem Böllerwurf beim Derby Rapid gegen Austria im August 2008 verletzt am Boden

APA/Herbert Neubauer

Georg Koch erlitt schwere Verletzungen

Erster Freispruch wegen Mängeln

Bereits im November 2010 stand der mutmaßliche Täter wegen Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen vor Gericht. Der zum Tatzeitpunkt 17-Jährige wurde freigesprochen, das Gericht hatte auf die Befragung des ermittelnden Kriminalbeamten verzichtet und zunächst auch kein fotogrammetrisches Gutachten eingeholt. Das Wiener Oberlandesgericht (OLG) hob daher den Freispruch wegen Feststellungsmängeln auf und ordnete eine ergänzende Beweisaufnahme an.

Im zweiten Rechtsgang am Mittwoch legte der Polizist nun im zweiten Rechtsgang dar, das Bild- und Videomaterial, anhand dessen er sich auf die Suche nach dem Übeltäter begeben hatte, sei „nicht überragend“ gewesen. Darauf war zwar in schwammiger Qualität zu sehen, dass der Knallkörper im Austria-Sektor gezündet wurde, ein Foto mit dem „vermeintlichen Werfer“ taugte aber nicht zu dessen Ausforschung, zumal die Identität des Verdächtigen nicht feststand.

Nach Besuchen in der Fanszene habe er das Gerücht gehört, der 17-Jährige wäre der Böllerwerfer gewesen. Bei einem Spiel konfrontierte der Beamte den Verdächtigen mit dem Vorwurf, nach Darstellung des 17-Jährigen hatte sich der Beamte dabei nicht als Polizist ausgewiesen. Als der Bursch den Vorwurf abstritt, lud ihn der Beamte zu einer Einvernahme vor, nachdem er sich als Gesetzeshüter zu erkennen gegeben hatte.

Verdächtiger sah belastendes Material nicht

Diese Befragung fand erst am 22. Oktober 2008 statt. Das ihn angeblich belastende Material bekam der 17-Jährige dabei trotz entsprechender Bitte nicht zu sehen, „weil das technisch nicht möglich war. Wir haben kein Gerät gehabt“, wie der Beamte nun der Richterin erklärte.

In seinem Abschlussbericht bezeichnete er den jungen Mann zweifelsfrei als „Täter“. Dies deshalb, da „das Gesamte den Eindruck entstehen hat lassen, dass er es war. Eindeutig ist aufgrund dieses Materials nix genau“, wie er vor Gericht bemerkte. Unerwähnt ließ der Polizist, dass er im Bericht in nicht korrekter Weise suggeriert hatte, der damals 17-Jährige sei von seinem Ex-Schulkollegen explizit als Täter bezeichnet worden, obwohl die entsprechenden Angaben von dessen Freundin stammten und sich auf Gerüchte bezogen hatten.

„Waren Sie bei Ihrem Abschlussbericht der Meinung, Sie haben den richtigen Täter?“, wollte die Richterin klipp und klar wissen. „Ich war mit den Ermittlungen fertig“, erwiderte der Polizist, „ich bin allem nachgegangen. Ein besseres Material hat es nicht gegeben. Ich habe das wertlos (gemeint war offenbar wertfrei, Anm.) der Staatsanwaltschaft mitgeteilt.“

Freispruch ist rechtskräftig

Die Staatsanwaltschaft klagte den mittlerweile 21-Jährigen an, ohne ein fotogrammetrisches Gutachten einzuholen. Das wurde erst während der Hauptverhandlung nachgeholt. Das Ergebnis trug die Richterin vor: Die Kinnpartie des mittlerweile 21-Jährigen passt nicht zu der jenes Mannes, der auf den Foto- und Videoaufnahmen zu sehen ist. Auch das rechte Ohrläppchen des 21-Jährigen weist eine andere Form auf. Laut Gutachten ist der 21-Jährige mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 Prozent nicht mit dem abgebildeten Verdächtigen ident.

Angesichts dieser Beweislage musste auch die Anklagebehörde den Freispruch akzeptieren. Die Staatsanwältin verzichtete auf Rechtsmittel, nach eineinhalbjähriger Prozessdauer muss der 21-Jährige strafrechtlich nichts mehr befürchten. Dem Kriminalbeamten, der die Erhebungen getätigt hatte, bescheinigte die Richterin, in seiner zeugenschaftlichen Einvernahme „keinen guten Eindruck hinterlassen“ zu haben. Es sei „schon schlimm, dass man auf diese Art und Weise in Verdacht gerät“, so die Richterin.