Jüdischer Friedhof: 50 Gräber restauriert

Derzeit wird der älteste erhaltene jüdische Friedhof in Wien restauriert. Dieser befindet sich im Innenhof eines Pensionistenheims in der Seegasse im neunten Bezirk. 50 Grabsteine wurden bereits instand gesetzt.

Zu tun gibt es noch viel, denn insgesamt gibt es 349 erhaltene Grabdenkmäler, von denen 108, die nur mehr fragmentarisch vorhanden sind, an einer Mauer befestigt sind. Für das heurige Jahr hat der Beirat des Wiener Altstadterhaltungsfonds die Restaurierung von weiteren 24 Grabsteinen beschlossen, berichtete Kulturstadtrat Mailath-Pokorny (SPÖ). Dafür wurden 112.000 Euro budgetiert.

Auch künstlerisch bedeutend

„Seit Beginn der Sanierung sind in etwa 315.000 Euro zur Verfügung gestellt worden“, berichtete der Stadtrat. Die Sanierung der jüdischen Ruhestätte erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt. „Den teils aus Marmor gefertigten Grabsteinen aus dem 16., 17. und 18. Jahrhundert kommt auch eine künstlerische Bedeutung zu“, erklärte der Wiener Landeskonservator Friedrich Dahm.

„Wir haben versucht, eine Balance zu finden zwischen einer nachhaltigen Restaurierung und dem Erhalt der Spuren der Zeit“, berichtete Dahm. 2005 erfolgte eine Bestands- und Schadenserhebung der Ruhestätten. 2008 startete die Instandsetzung der Objekte in den Wandnischen.

Gräber auf dem Jüdischen Friedhof

APA/Georg Hochmuth

Der jüdische Friedhof ist ein Stück Wiener Geschichte

Die ersten 50 sanierten, frei stehenden Grabsteine konnten mittels Digitalisierung und eines alten Lageplans aus dem Jahr 1917 wieder an ihre ursprünglichen Standplätze gesetzt werden. Heinz Stöffler von der ARGE Projektplanung betonte: „Das Grab als solches ist im Judentum als ewig zu betrachten.“ Daher sei es wichtig, die Steine die richtigen Stellen zu setzen, damit die Totenruhe und Totenwürde wiedergestellt werde.

Friedhof wurde 1540 angelegt

Der rund 2.000 Quadratmeter große Friedhof wurde 1540 angelegt und 1582 erstmals urkundlich belegt. Als die Juden 1670 unter der Herrschaft Kaiser Leopold I. aus der Stadt vertrieben wurden, zahlte der Kaufmann Koppel Fränkel 4.000 Gulden für die Zusicherung des Magistrats, dass der Friedhof „auf ewige Zeiten“ erhalten bleibt. Ab 1696 ist der Bankier Samuel Oppenheimer als Eigentümer des Areals bekannt, der es instand setzte. Bis 1784 wurden dort Tote beerdigt, im Zuge der josephinischen Reformen musste der Friedhof stillgelegt werden.

Gräber auf dem Jüdischen Friedhof

APA/Georg Hochmuth

Ein großer Teil der Gräber muss erst restauriert werden

Auch die Naziherrschaft traf den Friedhof in der Seegasse: Die Ratsherrensitzung vom 8. Jänner 1941 beschloss die Auflösung aller jüdischen Friedhöfe Wiens, was zur Schändung der Grabstätten durch Exhumierung und Entwendung von Grabsteinen führte. Dennoch gelang es einigen Juden, einen Teil der Grabsteine und Gebeine auf dem Zentralfriedhof zu verstecken. 1978 erwarb schließlich die Stadt das Areal, auf dem sich der Friedhof befindet. Der aus dem Jahr 1670 stammende noch immer gültige Vertrag über die Unantastbarkeit wurde unter Bürgermeister Leopold Gratz (SPÖ) neu festgeschrieben. Damit wurde auch die Verpflichtung zur Betreuung und Instandsetzung übernommen.

Prominente Vertreter begraben

1982 wurden die versteckten Grabsteine am Zentralfriedhof entdeckt und zur Seegasse überführt. 1983 erfolgte die Eröffnung des Pensionistenheims „Rossau“. Mailath-Pokorny wies nicht zuletzt auch auf die kulturhistorische Bedeutung der Ruhestätte hin. Denn dort liegen prominente Vertreter der jüdischen Gemeinde begraben. Dazu zählen die Rabbiner Menachem Hendel (1611) und Simeon Auerbach (1631) oder der Bankier Samuel Oppenheimer (1703).

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