Scham: Jugend redet nicht über Sex

Die Jugend hat zwar ein Mitteilungsbedürfnis, wenn es um das Thema Sex geht. Das zeigen die Zahlen der Besucher von Sexualberatungsstellen wie der First-Love-Ambulanz in der Rudolfstiftung. Doch laut Umfrage reden viele aus Scham über das Thema mit niemandem.

„Die Beratungssituation hat sich geändert. Es geht nicht mehr ausschließlich um Verhütung, wir müssen auch über Körperbewusstsein der Jugendlichen reden“, meinte Claudia Linemayr-Wagner, Gynäkologin und Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Familienplanung (ÖGF) bei einer Pressekonferenz.

Zwar hätten die Jugendlichen Peergroups wie Freunde aber auch Familie als Ansprechpartner, doch eine 2012 fertiggestellte Umfrage unter 218 Personen im Alter von 13 bis 20 Jahren zeigte, dass sich viele zum Thema Sex niemandem anvertrauen, besonders die Burschen (15,5 Prozent im Gegensatz zu 8,7 Prozent der Mädchen). „Diese Zahl hat sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt“, sagte Studienautorin Martina Strilic. 2001 wurden Österreichs Jugendliche zuletzt über ihr Sexualverhalten befragt.

Burschen holen sich Wissen aus Sexfilmen

Die Information über geschlechtliche Handlungen würden die Befragten häufig aus dem Fernsehen, dem Internet, Zeitschriften, aber auch aus Pornos beziehen. Besonders die Burschen holen sich ihr Wissen aus Sexfilmen, Internetplattformen wie YouPorn würden einen leichten Zugang für Jugendliche ermöglichen. „Da herrscht eine große Kluft zwischen Burschen und Mädchen“, betonte Strilic. Die Burschen sind auch der Meinung, dass man aus Pornos „viel lernen“ könne.

Bei der Befragung fiel auch auf, dass sich Burschen und Mädchen sehr stark durch ihren Zugang zur Sexualität unterscheiden. Mädchen hätten meist ein negativeres Körperselbstbild und erleben ihren Übergang vom Mädchen- zum Frausein negativer als Burschen zum Mannsein. „Die jungen Frauen glauben auch, dass Männer mehr vom Sex haben“, berichtete Linemayr-Wagner aus ihrem Praxisalltag als Gynäkologin.

Eltern und Schulen haben „enorm wichtige Aufgabe“

Die Umfrage zeigte, dass eine geschlechtssensible Beratungskultur notwendig ist. „Hier haben Eltern und Schulen eine enorm wichtige Aufgabe“, sagte Linemayr-Wagner. Diese müssten durch eine intensive Sexualpädagogik noch mehr für das Thema sensibilisiert werden und dabei auch über Tabu-Themen wie Pornografie und Selbstbefriedigung sprechen, so die Gynäkologin.

Entgegen der allgemeinen Meinung sind Österreichs Jugendliche nicht äußerst früh sexuell aktiv. In den vergangenen zehn Jahren hat sich das Durchschnittsalter von 16 Jahren für das „erste Mal“ nicht verändert, resümierte Strilic. Doch die Umfrage zeigte, dass Jugendliche, deren Eltern getrennt leben, ihren ersten Geschlechtsverkehr früher erleben.

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